Gesetzesvorhaben zum Beschäftigtendatenschutz erinnert an Technikgläubigkeit bei der Konstruktion der Titanic
26.04.2011
Politik, Recht & Gesellschaft
Essen, 26. April 2011*****Der Datenschutz ist im Bundesdatenschutzgesetz und anderen arbeitsrechtlichen Gesetzen wie dem Betriebsverfassungsgesetz geregelt. Darüber hinaus hat das Bundesverfassungsgericht das sogenannte Recht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Grundgesetz entwickelt. Der AGAD-Arbeitgeberverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen e.V. ist der Auffassung, dass damit auch der Beschäftigtendatenschutz ausreichend geregelt ist. Der Hauptgeschäftsführer des AGAD, Rechtsanwalt Dr. Oliver Klug, kritisiert das Ansinnen der Parteien, den Beschäftigtendatenschutz durch ein neues Gesetz regeln zu wollen, dass auch für juristische Laien lesbar sein soll und alle Fälle ein für allemal regelt, als Quadratur des Kreises.
"Entweder sind die Vorschläge zu rigoros, dann wird es unpraktikabel, wie auch der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar kritisiert, oder bringen wenig Klarheit. Die Politik sollte akzeptieren, dass ein Beschäftigtendatenschutzgesetz nur "äußere Leitplanken" schaffen kann und sollte. Dazwischen muss sich, wie auch im sonstigen Arbeitsrecht, eine Rechtsprechung entwickeln, die die Interessen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer bei der Datennutzung verfassungsgemäß abwägen muss. Diese Abwägung gehört vor die Gerichte und nicht in die Fraktionen. Insgesamt erinnert mich das Ansinnen der Politik an die Technikgläubigkeit bei der Konstruktion der Titanic. Die galt ja als unsinkbar," ärgert sich Rechtsanwalt Dr. Klug.
Der Hauptgeschäftsführer des AGAD weist darauf hin, dass im Arbeitsverhältnis die "Interessenabwägung" ein zentrales Element ist. Das Arbeitsverhältnis werde charakterisiert durch die arbeitgeberseitige Fürsorge- und die arbeitnehmerseitige Treuepflicht. "Deshalb müssen auch andere Grundsätze gelten als beim Kreditkartenvertrag. Dem Arbeitgeber müssen interessengerechte Kontrollrechte verbleiben. Insoweit hilft der Oppositionsslogan "Arbeitnehmerschutz statt Interessenabwägung" nicht weiter", so Rechtsanwalt Dr. Klug.
Überhaupt nicht mehr nachvollziehbar ist für den Hauptgeschäftsführer des AGAD, dass die schwarz-gelbe Regierungskoalition in ihrem Entwurf jedwede heimliche Videoüberwachung des Arbeitnehmers ausschließen will, der Gegenentwurf von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN diese aber unter engen Voraussetzungen zulässt. "Die GRÜNEN orientieren sich insoweit an der sinnvollen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wonach nur bei schweren Verfehlungen, Erfolglosigkeit anderweitiger Ermittlungsversuche und überwiegenden Interessen des Arbeitgebers, also bei einer Notwehr ähnlichen Lage, auch die heimliche Videoüberwachung möglich sein müsse. Schon erstaunlich, dass den GRÜNEN das BAG-Urteil vom 27. 3. 2003 - 2 AZR 51/ 02 bekannt zu sein scheint, der schwarz-gelben Koalition aber nicht", wundert sich Rechtsanwalt Dr. Klug.
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