Pressemitteilung von Maike Koll

Kündigungsschutz im Kleinbetrieb


Politik, Recht & Gesellschaft

1. Beantwortet der Arbeitgeber eines Kleinstbetriebes den Wunsch eines seit rund sechs Jahren bei 5,19 Euro (brutto) pro Stunde und wöchentlich 14 Arbeitsstunden beschäftigten Hauswartes nach Bezahlung des "Mindestlohns" mit einer Kündigung, so ist durch das objektive Geschehen ein Verstoß gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB indiziert.

2. Den Konsequenzen ist regelmäßig nicht mit dem nicht näher erläuterten Einwand des Arbeitgebers abgeholfen, er habe unlängst festgestellt, dass der Hauswart für seinen Aufgabenbereich anstelle der vertraglich abbedungenen 14 Arbeitsstunden pro Woche auch mit 32 Stunden pro Woche auskomme, und sich deshalb die Kündigung selber zuzuschreiben habe, weil er sich weigere, einen entsprechend geänderten Arbeitsvertrag (mit praktisch gleicher Endvergütung: 325,- Euro statt bisher 315,- Euro) abzuschließen.

(ArbG Berlin, Urteil vom 17.04.2015, Az. 28 Ca 2405/15)

Der fehlende Kündigungsschutz in Kleinbetrieben stellt ein altes arbeitsrechtliches Ärgernis dar, das vor allem aufgrund der Mindestbeschäftigtenzahlen immer wieder für rechtliche Diskussionen sorgt. Nach aktueller Fassung des § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG muss ein Betrieb mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigen, damit diese Kündigungsschutz im Sinne des § 1 KSchG haben. Ausnahmsweise reichen bei Belegschaften mit langen Betriebszugehörigkeiten, die bereits vor dem 01.01.2004 erworben wurden, mindestens 6 Beschäftigte aus. Nur bei Anwendbarkeit des KSchG bedarf die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung eines gesetzlichen Kündigungsgrundes. Anderenfalls kann der Arbeitgeber unter Einhaltung der Kündigungsfrist ohne Begründung kündigen. Eine Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers hat dann regelmäßig wenig Aussicht auf Erfolg.

Aber auch in den genannten Kleinbetrieben ist zumindest anerkannt, dass das Kündigungsrecht des Arbeitgebers nicht völlig schrankenlos ist.

So kann eine ordentliche Kündigung auch in Kleinbetrieben wegen Sittenwidrigkeit gem. § 138 BGB, wegen Verstoßes gegen das Maßregelungsverbot gem. § 612a BGB oder das AGG (vgl. unser Mandanteninfo September 2014) unwirksam sein. Mit der zweiten Alternative musste sich das ArbG Berlin in der zitierten Entscheidung auseinandersetzen. Der dortige Kläger war bei einer Hauseigentümergemeinschaft in Berlin als Hauswart beschäftigt. Er war der einzige Arbeitnehmer, sodass das KSchG keine Anwendung fand. Ausweislich der Vertragsbedingungen wurde er in Teilzeit mit 14 Wochenstunden zu einem Monatslohn von 315 EUR brutto beschäftigt. In Umrechnung ergab dies einen Stundenlohn in Höhe von 5,19 EUR brutto. Aufgrund der Einführung des MiLoG kam es zu Erörterungen zwischen den Parteien und die Beklagte legte dem Kläger dann im weiteren Verlauf einen Änderungsvertrag vor, der eine Beschäftigung zu 325,00 EUR brutto im Monat, aber nur noch mit 32 Monatsstunden vorsah. Als der Kläger den Änderungsvertrag nicht unterzeichnen wollte, erhielt er die ordentliche Kündigung. Im Prozess berief sich die Beklagte darauf, dass sie festgestellt habe, dass eine Monatsstundenzahl von 32 für die Tätigkeiten des Klägers ausreiche und man daher zulässigerweise eine Änderung der Vertragsbedingungen angestrebt habe. Erst als der Kläger diese abgelehnt habe, habe sie den Kündigungsentschluss gefasst. Das Arbeitsgericht Berlin hat der Klage des Klägers stattgegeben.

In seiner Begründung verweist das Arbeitsgericht Berlin insbesondere darauf, dass die Kündigung das Maßregelungsverbot des § 612a BGB verletze.

Der Kläger habe seine Rechte nach dem MiLoG zulässigerweise geltend gemacht, dies habe die Beklagte zum Anlass für eine Kündigung genommen.

Den Schutzbehauptungen der Beklagten, wonach ein Änderungsinteresse bei der Wochenarbeitszeit ausschlaggebend gewesen sei, folgte das Gericht nicht. So wäre bereits nicht nachvollziehbar, warum das angebliche zu hohe Zeitkontingent erst sechs Jahre nach der Beschäftigungsaufnahme und just im Zeitpunkt der Geltendmachung des Mindestlohns aufgefallen wäre. Auch dem Argument, der Kläger habe seine Aufzeichnungspflichten nach dem MiLoG nicht erfüllt und sei deshalb gekündigt worden, erteilte das Gericht eine Absage. So habe insbesondere der Entwurf des Änderungsvertrags keinen Hinweis auf diese Pflichten enthalten.

Fazit:
Die Entscheidung des Arbeitsgerichts Berlin stärkt die Rechte von Arbeitnehmern in Kleinbetrieben. Gerade dort ist häufig damit zu rechnen, dass arbeitsrechtliche Standards nicht eingehalten werden, weil der sich wehrende Arbeitnehmer umgehend mit einer Kündigung rechnen muss, gegen die er dann nur mit geringen Erfolgsaussichten vorgehen kann. Insofern stellt die Entscheidung klar, dass im Falle eines Zusammenhangs zwischen Geltendmachung von Arbeitnehmerrechten und dem Ausspruch einer Kündigung letztere wegen des Verstoßes gegen das Maßregelungsverbot unwirksam ist. Im Zusammenhang mit der Einführung des Mindestlohns ist damit zu rechnen, dass es zu einer Vielzahl derartiger Fälle kommen wird. Allerdings kann auch das hiesige Urteil nicht das prozessuale Problem beseitigen, dass der betroffene Arbeitnehmer vor Gericht im Streitfall die Tatsachen auch beweisen muss, die für den Verstoß gegen das Maßregelungsverbot sprechen. Daher sollte die Geltendmachung von Rechten - wie hier die Zahlung des Mindestlohns - grundsätzlich auch immer schriftlich erfolgen.

Autorin und zuständig für Rückfragen: Rechtsanwältin Maike Koll, Fachanwältin für Arbeitsrecht, maike.koll@fachanwaeltinnen.de in der Kanzlei Bell & Windirsch, Düsseldorf. <a href="http://www.fachanwaeltinnen.de">www.fachanwaeltinnen.de
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