Pressemitteilung von Lutz Deckwerth

Kann sich der Kapitalismus selbst erneuern?


Politik, Recht & Gesellschaft

"Zitronen falten" wäre heutzutage wohl die angenehmere Beschäftigung, als ein Geschäft zu führen. Der globale Wandel stellt die Führungskräfte in der Wirtschaft vor immer neue Herausforderungen. Strukturen verändern sich rasant. Die dahinterliegenden Prozesse verkomplizieren sich. Wer in diesen Zeiten sein Geschäft führen will, braucht einen klaren Kompass und ist auf die richtigen Informationen angewiesen. Doch was sind die richtigen Informationen?

"Die Krisen sind die Geburtswehen der Neuen Welt. Im Zuge dieser Transformation wird sich weltweit fast alles ändern, was Menschen tun, wie sie es tun und warum sie es tun, und auch ihr Verständnis wer sie sind" schreibt Fredmund Malik, einer der erfolgreichsten Management-Berater und Bestseller-Autor, am 19. Januar 2011 im Handelsblatt.
Der Spiegel Autor Henrik Müller beruft sich nur vier Tage später auf eine Studie des McKinsey Global Institute, wonach das genaue Gegenteil bevorstehen dürfte: "Kapital wird weltweit immer knapper, begehrter, teurer und umworbener. Der Kapitalismus dürfte deshalb keineswegs am Ende sein, sondern lediglich eine neue Stufe erreichen. Unabhängig von moralischen Kategorien kann es sein, dass in der heraufziehenden Ära der Kapitalknappheit die Wirtschaft sich erst recht an den Interessen der Kapitaleigner orientieren wird."
Und der Philosoph Peter Sloterdijk schreibt fast zur gleichen Zeit im Handelsblatt: "Alle Politik ist Zeitpolitik: Sie ist nun in erster Linie der Vollzug der Unterscheidung zwischen »rechtzeitig« und »zu spät«. Wer zu spät siegt, hat auch verloren. Wer das Richtige zu spät tut, tut doch das Falsche. Es ist die grausame Ironie dieser Übergangszeit, dass es lange weniger schlimm kommt als angekündigt, bis es schlimmer kommt als befürchtet."
Drei Autoren, der gleichen Sprache mächtig, aus ein und demselben Kulturkreis stammend, kommen nach der weltweiten Finanzkrise zu völlig unterschiedlichen Erkenntnissen. Welche Information ist richtig und welche falsch? Welche muss ich berücksichtigen beim Führen meines Geschäfts? Oder brauche ich gar keine Informationen und muss nur meinen eigenen Werten folgen?

Als der Begründer der phänomenologischen Wertethik Max Scheler auf die Widersprüche zwischen den in seinen Werken verkündeten ethischen Maßstäben und seiner nicht immer vorbildlichen Lebensführung angesprochen wurde, soll er geantwortet haben: "Von einem Wegweiser erwartet man schließlich auch nicht, dass er den angezeigten Weg geht." Vielleicht ist aber gerade das das Problem unserer Zeit: die Diskrepanz zwischen Wort und Tat, zwischen den formulierten Werten und dem gelebten Leben.

Folgende aktuelle Umfrageergebnisse können verdeutlichen, was gemeint ist. Bereits im März vergangenen Jahres kam eine Emnid-Studie zu dem Ergebnis, nach der weltweiten Finanzkrise könne eine große Mehrheit der Deutschen sich vorstellen, in einem sozialistischen Staat zu leben, solange für Arbeitsplätze, Solidarität und Sicherheit gesorgt wäre. Damals berichtete die "Bild"- Zeitung, in Ostdeutschland hätten sich 80 Prozent der Befragten, in Westdeutschland 72 Prozent dahin gehend geäußert. Laut der Umfrage gaben 88 Prozent der Befragten an, das derzeitige Wirtschaftssystem berücksichtige weder den Schutz der Umwelt, noch den sorgsamen Umgang mit den Ressourcen oder den sozialen Ausgleich in der Gesellschaft. Was in der Emnid-Studie nicht gefragt wurde: Was wären wir denn bereit dafür zu geben, dass sich die Welt, in der wir leben, verändert?

Die aktuelle Nestle-Studie 2011 in Zusammenhang mit Nahrungsmittelproduktion und Ernährung bietet Antworten: Etwa 66 Prozent (gut zwei Drittel) der Bevölkerung halten es für wichtig, dass bei der Erzeugung von Lebensmitteln Kinderarbeit vermieden wird, aber nur 31 Prozent (knapp ein Drittel) würden für entsprechende Produkte einen nennenswerten Aufpreis akzeptieren. Artgerechte Haltung von Tieren ist für 60 Prozent besonders wichtig, dafür zahlen würden jedoch nur 33 Prozent, beim Verzicht auf Gentechnik ist das Verhältnis 62 Prozent zu 27 Prozent. Im Kontext sozialer Verantwortung klaffen Anspruch und Zahlungsbereitschaft teils weit auseinander.

Wenn man die Zahlen beider Umfragen abstrahiert, könnte man zu folgenden Schlüssen kommen: Mehr als drei Viertel der Befragten bemängelt Missstände im derzeitigen Wirtschaftssystem, aber nur ein Drittel ist bereit, für notwendige Veränderungen auch seinen Beitrag zu leisten. Ein weiteres Drittel wünscht sich nur Veränderung, will dafür aber nichts leisten. Und das letzte Drittel will gar keine Veränderung.
Diese Tatsache muss man nicht kommentieren oder bewerten, denn sie ist so, wie sie ist. Jedes Drittel verkörpert einen Teil des Ganzen und ist Ausdruck einer bestimmten Bewusstseinsstufe unserer Gesellschaft.

Diese unterschiedlichen Bewusstseinstufen lassen sich nur verstehen, wenn man sie von einem ganzheitlichen Weltbild und der integralen Philosophie aus betrachtet. Anfänge dieser Betrachtungsweise finden sich schon in den letzten 200 Jahren sowohl in Goethes "Faust", in den Schriften von Friedrich Hegel und Jürgen Habermas sowie in den Theorien von Ken Wilber. Ihre vermutlich grundlegendste und revolutionärste Erkenntnis ist, dass sich das Bewusstsein und die Kultur des Menschen im Laufe der Zeit durch eine Reihe aufsteigender Stufen oder Ebenen des Bewusstseins entwickelt haben. Der Amerikaner Steve McIntosh, Unternehmer, Politikwissenschaftler und Philosoph schreibt dazu: "Damit meine ich, dass die Stufen der psychologischen Entwicklung, die Individuen in ihrem Reifungsprozess durchlaufen, den Stufen der Geschichte ähnlich sind, welche die Menschen in den letzten 50 000 Jahren durchlaufen haben und immer noch durchlaufen."

Und da der Mensch ein sich von anderen unterscheidendes, einzelnes Individuum ist, existieren verschiedene Bewusstseinstufen nebeneinander. Ein Teil der Bevölkerung hat eine stark religiöse Orientierung und vertritt konservative Werte. Ein anderer Teil orientiert sich eher am Weltlichen und deren Werten wie Wissenschaft, Rationalität, Individualismus, Pragmatismus und Erfolg. Und dann gibt es einen dritten Teil der Bevölkerung, den die Werbeindustrie und die Politikwissenschaft häufig kulturell-kreativ nennt und deren Werte eher zu liberaler Politik, Umweltbewusstsein, Bewegungen für soziale Veränderungen und neue Formen der Spiritualität neigen. Zwischen den Gruppen gibt es keine klaren Grenzen und sie ergeben nur zusammen ein Ganzes.

Der Gründer des Weltwirtschaftsforums, Klaus Schwab, schreibt am 26. Januar 2011 im Handelsblatt: "Am Start des zweiten Jahrzehnts des 21. Jahrhunderts steht die Weltgemeinschaft vor einer wichtigen Entscheidung. Wir können entweder weiterhin kurzfristige Eigeninteressen vertreten und an den altgedienten Mustern festhalten, die uns in die Krise geführt haben. Oder wir können als Weltbürger zusammen im Sinne eines langfristigen globalen Allgemeinwohls agieren." Jeder Einzelne muss sich auf den Weg machen: vom Ich zum Du zum Wir. Es geht nicht darum, wie sich Deutschland abschafft, sondern wie sich Deutschland entwickelt. Die Knappheit der drei wichtigsten Ressourcen Arbeitskräfte, Kapital und Bodenschätze wird uns zu einem drastischen Umdenken zwingen. Deutschland wird seinen industriellen Kern verlieren und sich zu einem wissensbasierten Dienstleistungsstandort entwickeln. Die Grenzen zwischen Arbeitnehmer und Unternehmer werden immer mehr verschwimmen, selbständige Tätigkeiten nehmen zu. Es werden völlig neue, integrale Arbeitsformen und -strukturen entstehen. Sie werden Beruf und Familie sowie Beruf und Alter miteinander vereinbaren müssen, um den Arbeitskräftemangel auszugleichen. Nicht mehr Fabriken und Büros, nicht mehr feste Arbeitszeiten und Hierarchien bestimmen die Arbeit der Zukunft, sondern Information und Wissen, vernetztes und teamorientiertes Arbeiten.

Diese Herausforderungen verlangen von der Politik neue Konzepte und von den Unternehmen neue Strukturen und Prozesse. Will der Geschäftsführer also auch weiterhin sein Geschäft führen, muss er den kulturellen Werte-Wandel jetzt einleiten sowie zukunftsichernde und nachhaltige Formen des Wirtschaftens organisieren. Denn wenn sie wissen, was sie wissen, dann tun sie es. Wer darauf wartet, dass dieser Wandel von Regierungen oder politischen Parteien eingeleitet wird, dem sei das Buch "Die Politiker" von dem 2010 verstorbene SPD-Politiker Hermann Scheer, Träger des Alternativen Nobelpreises, empfohlen: "Wie hältst du das aus? - diese Frage wurde und wird Politikern gestellt, seit es Politik gibt. Die viel wichtigere Frage an alle, die um ihre gesellschaftliche Verantwortung wissen, ist: Wie haltet ihr das aus, untätig zu bleiben und die Politik für die Gesellschaft anderen zu überlassen, von denen ihr den Eindruck habt, dass sie nicht das Notwendige und Richtige tun?" Wenn das Bewusstsein der Politiker noch nicht erkennt, dass der Wandel notwendig ist, dann ist es für jeden von uns die höchste Zeit, die volle Verantwortung für uns selbst und das gesellschaftliche Leben zu übernehmen.

Der Volksmund hat den Eingangs erwähnten Zitronenfalter-Spruch längst abgeändert: "Wer glaubt ein Volksvertreter vertritt das Volk, der glaubt auch ein Zitronenfalter, faltet Zitronen."

Theresia Maria Wuttke
Lutz Deckwerth
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