Pressemitteilung von Andreas Schultheis

Wo ist die Willkommenskultur?


Politik, Recht & Gesellschaft

Bonn/Sindelfingen, August 2011 - Ein gutes Vierteljahr nach der Öffnung des deutschen Arbeitsmarktes für Arbeitnehmer aus acht osteuropäischen EU-Staaten ist die erste Bilanz ernüchternd. Klaus F. Zimmermann, Direktor des Bonner Forschungsinstitutes zur Zukunft der Arbeit (IZA) http://www.iza.org , macht vor allem die fehlende Positionierung der Republik als neue Heimat für Arbeitnehmer aus dem Ausland dafür verantwortlich. "Erwartungsgemäß haben nur wenige Bürger aus Polen, Ungarn, Tschechien, der Slowakei, Slowenien, Estland, Lettland und Litauen von den neuen Möglichkeiten Gebrauch gemacht. Denn Deutschland hat es versäumt, sich parallel zur Marktöffnung auch als attraktives Zielland zu profilieren. Sollen die händeringend gesuchten Fachkräfte und Hochqualifizierten künftig verstärkt zu uns kommen, brauchen wir eine aktive Anwerbestrategie. Denn diese Personen haben in anderen Ländern noch interessantere Perspektiven; außerdem wird ihre Arbeitskraft auch in ihrer Heimat mehr denn je - bei dort steigenden Löhnen - nachgefragt", so Zimmermann. Statt des von vermeintlichen Arbeitsmarktexperten vorhergesagten Massenansturms nach Inkrafttreten der Arbeitnehmerfreizügigkeit Anfang Mai ist das tatsächliche Bild ein anderes: So ist die Zahl der Zuwanderer nach einem Bericht der Berliner Morgenpost http://www.morgenpost.de "aus den acht osteuropäischen EU-Beitrittsstaaten im Mai um lediglich 24.000 auf 259.000 gestiegen. 73.000 arbeiteten als Minijobber, vor allem in der Landwirtschaft." Eine desillusionierende Entwicklung für all jene, die eine Linderung des Fachkräftemangels erhofft hatten.

Das IZA fordert nun eine offensive Strategie von Politik und Wirtschaft, um die Chancen der neuen Freiheit auf dem Arbeitsmarkt angesichts der wachsenden personellen Knappheit in vielen Wirtschaftssektoren besser zu nutzen. Dann werde die Öffnung für Deutschland langfristig deutlich positive Effekte mit sich bringen. Die Produktivitätsgewinne würden vor allem zu höheren Einkommen und Vermögen beitragen. "Wichtig ist zum Beispiel, Wanderungswillige frühzeitig zu beraten und bei der beruflichen Neuorientierung zu begleiten etwa durch Informations- und Servicestellen vor Ort in Kooperation mit dortigen lokalen Partnern", fordert der IZA-Direktor.

Personalexperte Michael Zondler vom Sindelfinger Beratungshaus Centomo http://www.centomo.de sieht die Entwicklung nach drei Monaten uneingeschränkter Arbeitnehmerfreizügigkeit ähnlich: Er verlangt gar eine Charme-Offensive von den Verantwortlichen, um Fachkräfte anzulocken. "Ansonsten machen die guten Leute einen Bogen um Deutschland, denn ihr Knowhow wird auch andernorts gefragt. Wir sollten uns nicht drauf verlassen, dass die wirklich Qualifizierten in ein überbürokratisiertes Land wie Deutschland streben, egal ob sie aus dem EU-Ausland oder anderen Ländern stammen. Um sie zu gewinnen, müssen wir etwas tun: aktiv werben, den Eingliederungsprozess verschlanken, Qualifikationen anerkennen, die arbeitsrechtlichen Bedingungen für Angehörige verbessern und keine Phantom-Diskussion führen über Mindest- und Einstiegsgehalt, an das die Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis gekoppelt ist", mahnt Zondler, der schon wiederholt eine Willkommenskultur für Arbeitskräfte aus dem Ausland gefordert hatte.

Der Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR)
http://www.svr-migration.de hat eine Fallstudie vorgelegt, die analysiert, inwieweit sich Ausländerbehörden als Serviceeinrichtung für hoch qualifizierte Zuwanderer verstehen und entsprechende Angebote machen, die auf ihre Handlungsspielräume zugeschnitten sind. In der Fallstudie "Die Visitenkarte einer Stadt? Ausländerbehörden und ihr Angebot für hoch qualifizierte Migranten" wurden die Ausländerbehörden in Berlin, Hamburg und Frankfurt am Main untersucht. Demnach wurde in den drei Metropolen der Dienstleistungscharakter vor allem gegenüber der Gruppe der Hochqualifizierten gestärkt. Gleichwohl bleibe viel zu tun: So gelte es, die Serviceorientierung zu verbessern, das Genehmigungsprocedere zu beschleunigen und die Transparenz der Entscheidungsfindung zu erhöhen. Langwierige Prozeduren, so der SVR, wirkten auf potentielle Zuwanderer ebenso abschreckend wie auf mögliche Arbeitgeber. Zudem könnten die Ausländerbehörden für Zuwanderer auch Lotsenfunktionen übernehmen. "Ob es gelingt, zureichend Hochqualifizierte für Deutschland zu gewinnen, hat viel mit der Attraktivität des Standorts zu tun", erklärt SVR-Vorsitzender Professor Klaus J. Bade. "Und die hängt auch davon ab, ob Neuzuwanderer von Bürokratie abgeschreckt oder ob sie serviceorientiert begleitet werden." Auch die Regierungskoalition hatte in ihrem Koalitionsvertrag die Absicht bekundet, den Dienstleistungscharakter der bisherigen Ausländerbehörden zu stärken. (Andreas Schultheis)
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