Italienische Nudeln in der deutschen Fremde
13.06.2016
Essen & Trinken
Mit einer großen Ausstellung feiert der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) in diesem Jahr das 25-jährige Bestehen des Westfälischen Industriemuseums. Mehr als 250.000 Objekte hat das Museum in dieser Zeit zusammengetragen - ein Gedächtnis der Region: Die Objekte liefern einmalige Einblicke in die Arbeits- und Alltagsgeschichte der Industrialisierung. Das Spektrum reicht vom Abortkübel bis zur Dampflok, von der Glasmacherpfeife bis zum Henkelmann.
Nur ein Bruchteil der Stücke ist normalerweise in den Dauerausstellungen an den acht Standorten des Museums in Bocholt (Kreis Borken), Bochum, Dortmund, Hattingen (Ennepe-Ruhr-Kreis), Lage (Kreis Lippe), Petershagen (Kreis Minden-Lübbecke), Waltrop (Kreis Recklinghausen) und Witten (Ennepe-Ruhr-Kreis) für die Öffentlichkeit zugänglich. Zum Jubiläum packt das WIM sein Lager aus und zeigt ab dem 20. Juni in der Zentrale auf der Zeche Zollern II/IV in Dortmund rund 500 "Schätze der Arbeit". In einer Serie stellt der LWL die originellsten, ältesten und bedeutsamsten Exponate der Ausstellung vor.
Chitarra pergli Spaghetti: Die Spaghettimaschine
Die Spaghettimaschine war ein Gruß aus der Heimat. Pater Don Cataldo brachte sie mit über die Alpen, als er nach Deutschland kam, um sich um seine Landsleute zu kümmern. Weil im Nachkriegsdeutschland zunächst vor allem im Bergbau Arbeitskräfte fehlten, im strukturschwachen Süden Italiens dagegen junge Menschen kaum eine berufliche Perspektive hatten, schlossen die beiden Regierungen 1955 das "Abkommen über Anwerbung und Vermittlung von Arbeitskräften". Danach reisten rund zwei Millionen Italiener nach Deutschland.
Was in den Werbeprospekten so
verheißungsvoll nach "vita nuova" - einem neuen Leben - klang, war für die meisten Gastarbeiter zunächst ein Schock: Die fremde Kultur, Sprachprobleme, eine neue Umgebung und die zum Teil ungewohnte Arbeit auf dem Bau, bei der Bahn und in den Bergwerken war die Wirklichkeit, die in Deutschland auf die Italiener wartete. Mit Lehrfilmen versuchte man, den Gastarbeitern die deutschen Lebensgewohnheiten nahe zu bringen - gut gemeinte, aber unbeholfene Versuche. Das Heimweh blieb. Dank Don Cataldos Spaghettimaschine gab es in der deutschen Fremde wenigstens italienische Nudeln (http://www.malaga-kochen.de).
Denn natürlich war auch die deutsche Esskultur für die italienischen Gastarbeiter neu und ungewohnt, zumal sich die deutsche und die italienische Küche damals sehr unterschieden. Nudeln waren zu dieser Zeit in Deutschland noch nicht sehr verbreitet. Die langen Teigfäden waren den Deutschen eher suspekt. Wie sollte man die Spaghetti auf die Gabel bekommen? Umso wichtiger war es deshalb für die Italiener, sich mit bekannten Lebensmitteln zu versorgen. Mit der Spaghettimaschine konnten sie nun in ihrem Gastland die Nudeln selbst herstellen. Dazu wurde der frische Nudelteig ausgerollt, auf die Drähte gelegt und mit einem Nudelholz durchgedrückt, so dass er in schmale Streifen geschnitten wurde.
Die Nudelmaschine gehört zu einer Reihe von Museumsstücken, die an die Zeit der italienischen Gastarbeiter im Revier erinnern. In der Ausstellung "Schätze der Arbeit" ist auch der über 100 Jahre alte Koffer zu sehen, mit dem Mauro Buonadonna in den 60er Jahren nach Hagen kam.
"Der Alltag sah oft anders aus als auf den Bildern der Werbebroschüren, die in Italien verteilt wurden", erklärt Dietmar Osses, Leiter des Westfälischen Industriemuseums Zeche Hannover in Bochum. Untergebracht waren die Italiener meistens in Barackenlagern aus der Kriegs- und Nachkriegszeit. In den Zimmern mit Etagenbetten, Spinden, Tisch und Stuhl lebten bis zu zwölf Personen. Immer wieder prangerten Sozialbetreuer die schlechten Zustände in den Wohnheimen an. Osses: "Mit dem anhaltenden wirtschaftlichen Boom besserte sich die Lage, viele Italiener holten ihre Familien nach und zogen in größere Mietwohnungen."
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