Flüchtlingsunterkünfte aus Holz errichten und Standorte integrationsförderlich wählen
18.04.2016
Garten, Bauen & Wohnen

Redaktion:
Herr Hörrmann, Sie begleiten für proHolzBW den Bau von Flüchtlingsunterkünften in ganz Baden-Württemberg. Was sollten Vertreter einer Gemeinde bei der Standortwahl beachten?
Joachim Hörrmann:
Ich habe mit vielen Ortsbürgermeistern gesprochen, die unsicher waren, wo auf der Gemeindegemarkung die temporären Unterkünfte am besten aufgestellt werden sollten. In dieser Frage kann ich nur dringend raten, den Neubürgern eine Chance auf echte Integration ins Gemeindeleben zu geben. Irgendwo weit draußen auf dem Feld, am Rande einer lauten Schnellstraße oder in einem unwirtlichen Industrie- oder Gewerbemischgebiet haben Wohnungen für Menschen nichts zu suchen - egal, woher sie stammen. Der Standort sollte so gewählt werden, dass die Lebensgewohnheiten der hiesigen Bevölkerung den neuen Mitbürgern tagtäglich deutlich werden und sie sich aus eigener Anschauung daran orientieren können. Vorbild zu geben und zeigen, wie man sich in Baden-Württemberg verhält, was üblich ist und was nicht, schafft die Voraussetzungen dafür, in friedlicher Nachbarschaft zu leben. Dann werden auch die kulturellen Unterschiede zu einer Bereicherung des Wissens- und Erfahrungshorizonts aller Gemeindemitglieder. Das sollten Bürgermeister und Ratsherren ihren Bürgern vor Augen führen, bevor sie über die Standortfrage für den Bau von Flüchtlingsunterkünften entscheiden.
Redaktion:
Welchen Beitrag kann die Architektur zur gesellschaftlichen Integration von Flüchtlingen leisten?
Joachim Hörrmann:
Da sprechen Sie einen immens wichtigen Punkt an! Für uniforme Blechbaracken mit ihrem oft abweisenden Aussehen fehlt mir jedes Verständnis. Es gibt in Deutschland rund 107.000 Hochbauarchitekten, von denen, da gehe ich jede Wette ein, jeder einzelne etwas Anmutigeres und Ansehnlicheres zustande bringt als diese einfallslosen Schuppen. Ich plädiere aus innerster Überzeugung dafür, auch Flüchtlingsunterkünfte von Anfang an so zu bauen, dass sie a) wohnlichen Charakter haben, b) keinen stereotypen Einheitslook aufweisen, der nur der Ghettobildung Vorschub leistet, c) in Einklang mit der Energieeinsparverordnung gedämmt sind und d) aus nachhaltigen und robusten Baumaterialien - vor allem aus heimischem Holz - bestehen.
Redaktion:
Warum gerade aus Holz?
Joachim Hörrmann:
Weil Bauholz in Deutschland im Überfluss zur Verfügung steht: Aus nur einem Drittel der Holzernte eines Jahres lassen sich alle Neubauten errichten, die wir in Deutschland brauchen! Zudem sind Holzunterkünfte unterm Strich viel preiswerter als die extrem energieaufwändig produzierten Metallcontainer. Ein weiteres wichtiges Argument dafür ist die Möglichkeit zur modularen und zugleich äußerst formflexiblen Vorfertigung passgenauer Wand- und Deckenelemente aus Holz. Man braucht sie auf der Baustelle nur noch mit ein paar Handgriffen zu einem vollwertigen Wohngebäude zu verbinden. Der Holzbau ist heute zig-fach schneller und genauer, als sich die meisten Bundesbürger vorstellen können: Die "typische deutsche Zimmerei" ist längst ein kleines High-Tech-Unternehmen, das Holzelemente auf computergesteuerten Abbundanlagen zehntelmillimetergenau bearbeitet. Das macht eine abwechslungsreiche Formensprache möglich, die eine gestalterische Anpassung der Flüchtlingsunterkünfte an die umgebende Ortsbebauung ohne großen Zusatzaufwand erlaubt. Es kommt nur auf den Willen an, die Mittel stehen im Holzbau zur Verfügung.
Redaktion:
Sie empfehlen für den Bau von Flüchtlingsunterkünften die Einhaltung der energetischen Standards, die die Energieeinspar-Verordnung (EnEV) für alle Wohngebäude vorschreibt. Führt das nicht automatisch auch zu einer Verlängerung der Bauzeit und zu deutlich höheren Kosten, die am Ende vom Steuerzahler aufzubringen sind?
Joachim Hörrmann:
Ich kann nur jedermann raten, sich in einem modernen Zimmerei- oder Holzbaubetrieb ein eigenes Bild von den Fertigungsabläufen zu machen. Da kann man mit eigenen Augen sehen, wie schnell eine Wand oder eine Geschossdecke gezimmert und gedämmt ist. Das Ausdämmen der Gefache und das Aufbringen von Fassadendämmplatten sind bei versierten Holzbauunternehmen täglich geübte Praxis. Auch sind die Mehrkosten für eine EnEV-gerechte Dämmung der Gebäudehülle relativ zu sehen und vor dem Hintergrund der dauerhaften Nachnutzung zu betrachten.
Redaktion:
Wie kann eine solche Nachnutzung aussehen?
Joachim Hörrmann:
Eine von Anfang an konsequent ausgeführte Gebäudedämmung ermöglicht die Nachnutzung von Wand- und Deckenelementen ehemaliger Flüchtlingsunterkünfte zum Beispiel im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus. Der Aufwand, den das Demontieren und nachträgliche Dämmen ursprünglich ungedämmter Wand- und Deckenmodule verursachen würde, käme den Steuerzahler erheblich teurer zu stehen. Deshalb rate ich, gleich das Richtige zu tun und die EnEV auch auf Flüchtlingsunterkünfte ohne Wenn und Aber anzuwenden. Der Holzbau bietet dafür allerbeste Voraussetzungen und eine echte Langzeitperspektive.
Redaktion:
Sie setzen sich mit bewundernswertem Engagement für den Bau qualitativ hochwertiger Flüchtlingsunterkünfte aus Holz ein. Was motiviert Sie persönlich?
Joachim Hörrmann:
Flucht und Vertreibung haben unsere Großeltern, unsere Eltern, teilweise auch unsere Geschwister oder wir selbst am eigenen Leib erfahren. Vergessen wir nie, wie es Millionen Landsleuten ergangen ist, die nach dem viel zu späten Untergang des zwölfjährigen Reichs aus den widerrechtlich besetzten Ostgebieten vertrieben wurden und oft über Jahre heimatlos umherirrten. Ihr Schicksal sollte uns eine bleibende Mahnung sein und uns befähigen nachzuempfinden, was es heißt, seinen Lebensmittelpunkt zu verlieren. Deshalb sage ich es hier noch einmal ganz deutlich und unmissverständlich: Wer Schutzsuchenden aus fremden Ländern mit Misstrauen begegnet und sie aufgrund von Vorurteilen ins Abseits drängt, darf sich nicht wundern, wenn die von jedem Neubürger zu fordernde kulturelle und sprachliche Integration misslingt. Es liegt an jedem einzelnen von uns, ob in den Geschichtsbüchern der Zukunft von einem weltoffenen und warmherzigen oder einem kleinmütigen und feindseligen Deutschland die Rede sein wird.
Redaktion:
Herr Hörrmann, wir sind Ihnen für Ihre wertvollen Auskünfte und Ihre Offenheit sehr zu Dank verpflichtet!
Wissenswertes über die proHolzBW GmbH,
ihre Aufgaben und Ziele finden sich im Internet auf http://www.proholzbw.de Dort ist auch eine ständig wachsende Anzahl an Konzepten und Plänen hinterlegt, die interessierte Zimmereibetriebe mit verwenden können. Bei der proHolzBW-Geschäftsstelle liegt außerdem eine ausführliche Beratungsmappe bereit, die Auskunft über bauliche Merkmale temporärer Unterkünfte, einen Leitfaden zur Vergabe öffentlicher Aufträge sowie Referenzbauten enthält.
Kontakt:
proHolzBW GmbH
im FORUM HOLZBAU - Hellmuth-Hirth-Straße 7, 73760 Ostfildern
Telefon: 0711 239 96 68 (Sekretariat, Sybille Thaler)
Telefon: 0172 311 03 43 (Koordinator Holzwohnbau für Flüchtlinge, Joachim Hörrmann)
Telefax: 0711 239 96 60
E-Mail: info@proholzbw.de
Web: http://www.proholzbw.de
Holz Flüchtlingsunterkünfte Integration proHolzBW Wohnbauten Holzbauweise Baden-Württemberg Energieeinsparverordnung Bauholz Zimmerei Holzbaubetrieb
proHolzBW GmbH im FORUM HOLZBAU
Herr Joachim Hörrmann
Hellmuth-Hirth-Straße 7
73760 Ostfildern
Deutschland
fon ..: 0172 311 03 43
fax ..: 0711 239 96 60
web ..: http://www.proholzbw.de
email : hoerrmann@proholzbw.de
Pressekontakt
proHolzBW GmbH im FORUM HOLZBAU
Frau Sylvie Wiest
Hellmuth-Hirth-Straße 7
73760 Ostfildern
fon ..: 0711 239 96 73
web ..: http://www.proholzbw.de
email : wiest@proholzbw.de
Diese Pressemitteilung wurde über Connektar veröffentlicht.
Für den Inhalt der Pressemeldung/News ist allein der Verfasser verantwortlich. Newsfenster.de distanziert sich ausdrücklich von den Inhalten Dritter und macht sich diese nicht zu eigen.
Weitere Artikel von Frau Sylvie Wiest
11.08.2016 | Frau Sylvie Wiest
Holzwohnbau bei Rundfahrten von proHolzBW erleben
Holzwohnbau bei Rundfahrten von proHolzBW erleben
07.04.2016 | Frau Sylvie Wiest
Flüchtlingsunterkünfte aus Holz errichten - Wege zur Beauftragung durch die Kommune
Flüchtlingsunterkünfte aus Holz errichten - Wege zur Beauftragung durch die Kommune
Weitere Artikel in dieser Kategorie
30.04.2025 | ELA Container GmbH
Welt-Leitmesse bauma für ELA Container ein voller Erfolg
Welt-Leitmesse bauma für ELA Container ein voller Erfolg
30.04.2025 | Freese Fußbodentechnik GmbH
Nachhaltig bauen - upcycling Terrazzo aus Betonbruch
Nachhaltig bauen - upcycling Terrazzo aus Betonbruch
30.04.2025 | Herberge Alte Meisterey / PR-Public
Herberge "Alte Meisterey" in Mühlberg an der Elbe
Herberge "Alte Meisterey" in Mühlberg an der Elbe
30.04.2025 | Leon Wilkens
PVC-Plane im Garten: Praktischer Schutz für jede Jahreszeit
PVC-Plane im Garten: Praktischer Schutz für jede Jahreszeit
30.04.2025 | RUDERER Klebetechnik GmbH
Ruderer klebt in der Klima- und Lüftungstechnik
Ruderer klebt in der Klima- und Lüftungstechnik
