Mauerziegel im Geschossbau
21.05.2019
Garten, Bauen & Wohnen
Durchschnittlich wohnen Deutsche heute auf 49 Quadratmetern pro Person. Das ist mehr als doppelt so viel wie noch vor fünfzig Jahren und im europäischen Vergleich ein Spitzenwert. Doch an vielen gefragten Standorten trifft dieser Bedarf auf ein Platzproblem sowie auf hohe Baulandpreise. Eine Lösung ist dann - wie in Städten schon gängige Praxis - in die Höhe zu bauen. Der natürliche Baustoff Mauerziegel bringt für den Mehrgeschossbau entscheidende Vorteile mit: Dank gutem Schallschutz sorgt er trotz angrenzender Wohnungen und Verkehrslärm für Ruhe in den eigenen vier Wänden. Die Voraussetzung für Mehrgeschossbau mit Mauerziegeln ist ein statisches Konzept, in welchem Lasten so gleichmäßig auf die Außenwände verteilt werden, dass sie sicher abgeleitet werden können. Wie dies in der Praxis aussehen kann, zeigt ein modernes Gebäudekonzept mit drei beispielhaften Mehrgeschossbauten aus Landshut (Bayern).
Beim Hausbau gilt es, zahlreichen Anforderungen gerecht zu werden - etwa an Energieeffizienz oder Schall- und Brandschutz. Zudem zwingen Auflagen Planer dazu, bestimmte Abmessungen einzuhalten: Der Abstand zu Grundstücksgrenzen und die Größen bebauter Fläche sind gesetzlich geregelt. Gleichzeitig ist Wohnraum besonders in Städten gefragt und wertvoll. Bauherren stehen damit vor der Herausforderung, diesen unter Einhaltung aller Vorgaben zu maximieren. Ein Wandbaustoff, der den unterschiedlichen Ansprüchen gerecht wird, ist der massive Mauerziegel. Dieser erfreut sich seit Generationen großer Beliebtheit bei künftigen Hausbewohnern, schafft er doch als reines "Naturprodukt" ein nachhaltiges und gesundes Wohnumfeld. Sind bei Ziegelbauten jedoch mehr als fünf bis sechs Etagen geplant, bedarf es zusätzlich eines geschickten Lastabtrages.
Im Hochbau geschätzte Eigenschaften
Ein Praxisbeispiel für ein Gebäudekonzept, das die Bedürfnisse von Bewohnern in den Fokus rückt, findet sich im bayerischen Landshut. Auf einer Brachfläche mitten im Stadtgebiet galt es für die Planer einen Weg zu finden, um möglichst viel Wohnraum auf kleiner Grundfläche zu schaffen. Die Entscheidung fiel auf Geschossbauten aus Ziegelmauerwerk, die ein Außenmaß von 17,49 x 21,99 Metern haben. So bieten nun drei Mehrfamilienhäuser mit bis zu sechs Stockwerken attraktiven Wohnraum in Innenstadtnähe. Zum Einsatz kam der Geschossbauziegel "Unipor WS10 Coriso": Mit einem Wärmeleitwert von 0,10 W/(mK) entsprechen die Gebäudewände nun den Energiehausstandards KfW 55 und KfW 70. Auch schätzen Bewohner das gute Schalldämmmaß, welches ein effektives Abschirmen der Geräusche aus angrenzenden Wohnungen garantiert. Für die nötigen statischen Qualitäten sorgen die Druckfestigkeitsklasse 12 des Coriso-Ziegels und seine zulässige Druckspannung von 1,9 MN/m². Speziell ausgeprägte Stege unterstützen die Stabilität des Wandbaustoffes zusätzlich und machen ihn förmlich zum Geschosskünstler.
Für den mehrgeschossigen Wohnungsbau eignen sich besonders solche Mauerziegel, die Wärmeschutz mit dem dabei unabdingbaren Schallschutz vereinen. Der Unipor WS10 Coriso wurde speziell dafür entwickelt: Schon in einer Wandbreite von 36,5 Zentimetern erbringt er ein Schalldämmmaß Rw,Bau,ref von 52,2 Dezibel. Seine gute Schall- und Wärmedämmung verdankt der Mauerziegel seiner hohen Rohdichte und porosierten Beschaffenheit. Als hochentwickelter Wandbaustoff verfügt er zudem über eine besonders leistungsfähige Dämmstoff-Füllung.
Geschickte Lastenverteilung
Mauerziegel leisten den im Geschossbau so wichtigen Schall- und Wärmeschutz auch aufgrund ihrer Masse. Im Hinblick auf das Vorhaben "mehrgeschossiger Wohnungsbau" kann diese aber gleichzeitig auch eine Hürde sein: Um Tragfähigkeit zu gewährleisten, sind bestimmte Mauerdicken erforderlich, die bei Ziegelmauerwerk für zunehmende Eigenlasten sorgen. Wandbreiten werden oft mit 36,5 oder 42,5 Zentimetern ausgeführt. Besondere Ansprüche werden daher an die Druckfestigkeit von Mauerziegeln gestellt.
Im Normalfall werden die Lasten oberer Stockwerke über Außenwände, Pfeiler sowie Innen- und Treppenhauswände oder andere Gebäudekomponenten abgetragen. Ein statischer Nachweis stellt sicher, dass dies über die gewählten Bauteile sicher bis in die Fundamente erfolgt. Zusätzlich zu ihrem Eigengewicht und den vertikalen Lasten aus darüber liegenden Stockwerken müssen die Wände auch horizontale Lasten aufnehmen, welche durch Wind auf ein Gebäude entstehen. "Üblicherweise können bei geschickter Planung, die Innen- und Außenwände zum Lastabtrag berücksichtigt, auch mit modernem Planziegelmauerwerk Gebäude mit bis zu sechs oder mehr Geschossen erstellt werden", erläutert Professor Schermer von der Ostbayerischen Technischen Hochschule (OTH) in Regensburg. "Zentral ist dabei, die Deckenspannrichtung und die Anordnung der Tragwände so zu wählen, dass auch die Außenwände für den Lastabtrag aktiviert werden und es zu einer Vergleichmäßigung der Lasten in der Struktur kommt", führt Schermer aus.
Die Kür beim Geschossbau mit Mauerziegeln liegt also darin, abweichend zur klassischen Schottenbauweise auch einen Großteil der Lasten über das Außenmauerwerk abzutragen. Wenige innenliegende tragende Wände ermöglichen eine offenere Grundrissgestaltung, gleichzeitig sollten die Innen- und Wohnungstrennwände zur Aussteifung herangezogen werden.
Eine Frage der Umsetzung
Sollen Gebäudehöhen wie in Landshut erreicht werden, ist die Planungsphase wichtig: "Für den Einsatz von Mauerziegeln ist es hilfreich, von Anfang an eine Grundrissgestaltung und Fassadenaufteilung zu wählen, die den gleichmäßigen Lastabtrag durch Innen- und Außenwände ermöglicht", betont Schermer. Mit fachmännischer Verarbeitung konnte die Belastbarkeit des Mauerwerkes der Landshuter Mehrgeschossbauten zusätzlich optimiert werden. Dafür wurden die werksseitig plangeschliffenen Mauerziegel in Dünnbettmörtel mit gedeckelter Lagerfuge verlegt. Die Stirnseiten im Stoßbereich sind knirsch verlegt. Schlussendlich kann der Mauerziegel so eine Last von maximal 69,4 Tonnen pro Laufmeter abtragen und setzt damit neue Standards in Sachen Tragfähigkeit.
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