Pressemitteilung von Ulrich Eggert

Künftige Erfolge im Handel


Handel & Dienstleistungen

Der klassische Ladenhandel wird immer stärker durch Internet, E-Commerce & Co. bedrängt. Außerdem übernimmt nicht nur die Industrie immer stärker Funktionen des Handels durch forcierte Vertikalisierung, sondern auch immer mehr Branchenfremde steigen in das Handelsgeschäft ein, weil sie hier Erfolge für sich in der Zukunft vermuten.<br />Für 2014 steht zu erwarten, dass der Handel von Neuprodukten bereits zu über 12 Prozent im Internet abgewickelt wird, im Non-Food-Segment gar zu über 17 Prozent. Diese Werte werden in den nächsten fünf Jahren noch drastisch steigen und gegen 2020 dürften etwa 20 Prozent des gesamten Handels über das Internet laufen.<br /><br />Eine der Antworten des Handels auf diese Entwicklung war und ist bei den Großbetrieben auf der einen Seite Filialisierung und Flächenerweiterung sowie auf der anderen Seite ebenso der Einstieg in das Internet. Mittelständische Unternehmen hingegen suchen ihr Heil in der Regel in der Zuflucht bei den Einkaufsvereinigungen, immer mehr auch in einer verstärkten Systembildung und Integration vertikaler Komponenten, wie sie die Industrie oder auch die Einkaufsvereinigungen anbiete. In diesem Rahmen sind die Schritte in das Internet in der Regel nur sehr langsam, um nicht zusagen: halbherzig. So kommt den Verbundgruppen, den ehemaligen Einkaufsvereinigungen, heute eine immer stärkere Rolle zu, den Handel zu-kunftsfähig zu machen – und zwar auf der einen Seite durch günstige Einkaufskonditionen und auf der anderen Seite aber der Entwicklung forcierter Verkaufs- und Vertriebsmetho-den. Der Einkauf wird immer mehr zum Basic-Faktor, der Verkauf zu dem entscheidenden Element, der die Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens und seiner dahinter stehenden Gruppe ermöglicht bzw. garantiert.<br /><br />So hat man dann manchmal den Eindruck, dass der klassische Ladenhandel mehr oder weni-ger vor der Selbstauflösung steht, weil er mehr oder weniger vom Wettbewerb getrieben wird und seine Eigenaktivitäten leider immer häufiger nur auf Reaktionen beschränkt. <br /><br />Aber in Zukunft sind vielfältige andere unternehmerische Erfolgsfaktoren im Handel ange-sagt. Eine professionelle Führung durch Vision und Strategie mit durchaus autoritärer Effek-tivität steht immer mehr im Vordergrund. Das Sortiment muss dazu in aller Schärfe profitabilisiert werden – und dazu gehört auch, dass die Unternehmen eine größere Marktnähe erreichen müssen. Diese Marktnähe wird weniger durch lokale Nähe gefragt als vielmehr durch verstärkte Anpassung an die Kundenwünsche, also Kundenorientierung. Denn der Preiskampf ist die falsche Arena für den Mittelstand, vertikale Stabilität und Outsourcing helfen, die Kosten im Wettbewerb zu drücken. Die eigene Innovationsfähigkeit muss bewahrt und gefördert werden, das Unternehmen muss sich selbst zur Marke machen.<br /><br />Im Rahmen der Kundenorientierung stellt sich immer mehr heraus, dass auf der einen Seite eine wesentlich stärkere Emotionalisierung nicht nur des Kontaktes, sondern des gesamten Unternehmens gefragt ist, und auf der anderen Seite drängt sich sehr häufig die Frage auf, ob noch die richtigen Geschäftsmodelle und Sortimente gefahren werden, oder nicht eher die Unternehmen häufiger – zumindest in Randbereich – diversifizieren sollten.<br />Der Mensch ist vor allem ein emotionales Wesen und als solcher ist er der Kunde des Han-dels. So spielt die Emotionalisierung eben eine immer größere Rolle. Ein wesentlicher Aspekt hierbei ist auf der einen Seite die Führung geeigneter Marken und auf der anderen Seite die Entwicklung des Unternehmens selbst zur Marke – zur Retail Brand. Emotionen basieren auf Faszination und Faszination auf Provokation, natürlich: positive Provokation. Richtig ver-standene Emotion und die entsprechende Darstellung des Unternehmens führen zu einem Erlebnisgefühl und letztlich zum Erlebnishandel. Atypische Reize spielen dabei eine große Rolle und das Wechselspiel von Entspannungs- und Reizbereichen. Die ständige Bewegung und die Gesamtvernetzung aller Aktivitäten stehen immer mehr im Vordergrund. Zur Erzie-lung einer nachhaltigen Wirkung müssen Themen und Geschichten entwickelt werden, aber trotzdem hat der klassische Erlebnishandel nur einen sehr kurzen Lebenszyklus: Er braucht ständig Neues, neue Anstöße und Geschichten – es gibt kein Ausruhen! Ein wesentlicher Aspekt kommt hinzu: Für die Zugabe erhält der Künstler den meisten Applaus und der Er-lebnishandel ist eine Zugabe. Das bedeutet: Niemand ist bereit, dafür auch nur einen Cent auszugeben! Aber Lifestyle-Demonstrationen bei Hennes & Mauritz, IKEA und anderen Un-ternehmen zeigen, wie Erlebnishandel auf lange Frist durchgeführt werden kann. Auch Con-cept-Stores wie das APROPOS in Köln bringen Faszination, Emotion und Erlebnisse. <br />Das Thema Diversifikation wurde eingangs als ein weiterer Aspekt der Überlebensstrategien im Handel dargelegt. Jedes Handelsunternehmen wie auch jede Betriebsform und jeder Be-triebstyp des Handels unterliegt einem natürlichen Ladenverschleiß und damit einem Le-benszyklusmodell: Sie kommen, erreichen ihren Höhepunkt, verlieren im Markt, degenerie-ren und einige verschwinden auch, wie in den letzten Jahren vielfach zu erleben war. Dieser Ladenverschleiß auf der einen Seite und die Kundenwünsche auf der anderen Seite machen es immer wieder erforderlich, dass der Handel neue Strategien entwickelt – sich neu erfin-det. Vielfach wird in diesem Sinne seitens Unternehmensberatern und der akademischen Literatur die Kernkompetenz empfohlen, die letztlich auf Spezialisierung hinausläuft. Das bedeutet die Konzentration auf das, was man besonders gut kann unter Vernachlässigung von Randaspekten. <br /><br />Die Spezialisierung ist durchaus sehr sinnvoll, schränkt jedoch zugleich auf natürlichem Wege die Wachstumsmöglichkeiten ein. Zum anderen heißt auch die Frage: Spezialisierung auf was? Auf Sortimente? Auf Warengruppen? Auf Standorte? Auf Kundenwünsche? Ja, auf was denn? Viele Menschen, die heute Kleidung einkaufen, wollen nicht nur einfach einen neuen Anzug, einen neuen Rock – sie wollen ein komplettes neues Outfit. Dazu gehören durchaus immer häufiger neue Schuhe, vor allen Dingen jedoch Hemden und Blusen, unter Umständen eine neue Frisur, neue Handtaschen, ja vielleicht sogar eine neue Brille – und im Extremfall das Richten der schiefen Zähne. Alles in allem bedeutet das, dass derjenige, der nur Anzüge, Kostüme oder Oberbekleidung verkaufen will, mit einem zu schmalen Sortiment antritt. Das Entscheidende ist, der Mensch möchte nicht Ware, er möchte eine Problemlö-sung – und Problemlösung ist wesentlich mehr als ein Kernsortiment, ja, in vielen Fällen geht es weit über Ware hinaus, es geht auch um Beratung, Services und immer mehr um klassische Dienstleistungen, die auch entsprechend zu zahlen sind, wie im geschilderten Beispiel zuvor etwa der Besuch eines Kosmetikstudios mit entsprechender Beratung und Pflege. <br /><br />Allein dieses Denken zeigt schon, dass Spezialisierung auf Kernsortimente alleine nur im Ext-remfall die Zukunft des Handels sein kann, denn die neue Kernkompetenz heißt Problemlö-sung und nur selten Einengung der Sortimente. Es geht um mehr, es geht um die passende Arrondierung der Sortimente, um Sortimentskopplungen um einen Kern, in vielen Fällen aber auch um eine wesentlich größere Sortimentserweiterung oder gar Sortimentsverschie-bung – nämlich dann, wenn das Kernsortimente etwa durch Internet & Co. in andere Hände gerät. Ein drastisches Beispiel dafür: Die Zahl der Buchhändler dürfte in den nächsten Jahren erheblich reduziert werden, wenn es dem Buchhandel nicht gelingt, in das Internet wegbre-chende Sortimente durch andere zu ersetzen.<br /><br />Dabei sollte das Thema Diversifikation immer mehr und vor allem unverkrampft in das Den-ken des Handels einbezogen werden. Nicht als selig machende Strategie, wie es bisher bei der Spezialisierung und Kernkompetenz für den Mittelstand zumeist gesehen wurde, sondern als eine von mehreren Möglichkeiten. Man denke nur zurück an die 1960er, 1970er und 1980er Jahre: Damals beherrschten Unternehmensgrößen wie Veba, ITT, General Electric, LTV und ähnliche die Märkte – das waren voll diversifizierte Unternehmen, die mit ihren Unternehmen grundsätzlich auf vielen Hochzeiten tanzten. Sie galten als der letzte Schrei und hatten große Erfolge. Dann jedoch kamen die Banker und Börsianer und stellten fest, dass sie nicht in der Lage waren, die Zukunftskonzepte dieser Unternehmen so zu beurteilen, dass man eine klare Empfehlung für Investments aussprechen konnte. Sie und niemand an-ders verlangten dann die Aufspaltung der Konzerne und die Beschränkung auf klar ersichtli-che, getrennte Bereiche, da sie diese besser zu beurteilen in der Lage waren und entspre-chende Empfehlungen nebst Rating ausgeben konnten.<br /><br />Spätestens jedoch die letzte Finanzkrise hat gezeigt, dass Banker keineswegs die Ultima Ra-tio geschluckt haben und dass es durchaus sinnvoll sein kann, den eigenen Menschenver-stand sprechen zu lassen und klar zu überlegen, was der Stand des Unternehmens ist, welche Visionen für die Zukunft aufgestellt werden können und mit welchen Strategien diese Visionen erfüllt werden können.<br /><br />Alle in diesem Artikel diskutierten Aspekte zeigen, dass es keinen Automatismus gibt, geeig-nete Handels- und Vertriebsstrategien zu entwickeln. Die regionalen Marktgegebenheiten, die Kundenwünsche und der übergreifende Wettbewerb durch Internet & Co. bestimmen die eventuell noch vorhandenen Lösungswege und lassen es immer mehr sinnvoll erscheinen, den Verstand sprechen zu lassen und nicht überkommene, ach so goldrichtige Markt- oder Managementregeln!<br /><br />Zu den hier angesprochenen Themen finden Sie einzelne Kurz-Studien im kostenlosen Down-load auf http://www.ulricheggert.de/kostenlose-studien <br /><br />---<br />Bildinformation: Künftige Erfolge im Handel
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