Berlin plant Deckelung der Mieten
07.06.2019
Immobilien
Gab es vor wenigen Monaten Demonstrationen in Berlin gegen Wohnungsbaukonzerne wie die Deutsche Wohnen SE, so plant die Berliner Landesregierung die Deckelung der Mieten für bis zu 5 Jahre. So sieht es jedenfalls ein Eckpunktepapier vor, das die Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher von der Partei "die Linke" am 18. Juni im Senat vorlegen wird. Demnach sollen die Mieten in Berlin für "nicht preisgebundene Wohnungen in Mehrfamilienhäusern" ab 2020 für fünf Jahre eingefroren werden. Zwar wird dadurch in Berlin nicht eine einzige Wohnung mehr gebaut, dennoch soll der Gesetzesentwurf, den der Senat im Oktober vorlegen will, soll dann bis Jahresende beschlossen werden. Mieter hätten demnach das Recht, ihre Miete auf "Mietpreisüberhöhung" behördlich prüfen zu lassen. Das neue "Berliner Mietengesetz" soll nicht nicht für Neubauwohnungen gelten, die bisher nicht vermietet wurden und auch nicht für den sozialen Wohnungsbau.
Unterschiede zur Mietpreisbremse
Im Gegensatz zur sogn. Mietpreisbremse soll die in Berlin geplante Mietdeckelung sogar rückwirkend gelten: Hatten sich Mieter und Vermieter zuvor auf eine höhere Miete geeinigt, muss diese gesenkt werden. Im Vergleich dazu gilt bei der aktuellen Fassung der Mietpreisbremse vom 01. Januar 2019 die Obergrenze (Vergleichsmiete plus zehn Prozent) nicht, wenn zuvor schon eine höhere Miete vereinbart worden war.
Interessanterweise kündigte nun Bundesjustizministerin Katarina Barley in einem Interview mit dem ARD-Magazin Panorama weitere Anpassungen an. Ihr Ministerium werde dazu in den nächsten Tagen einen Referentenentwurf vorlegen. Im Kern geht es darum, dass Vermieter zukünftig bei einem Verstoß gegen die Mietpreisbremse zu hohe Mietkosten auch rückwirkend erstatten müssen.
Bislang müssen Vermieter im Falle eines Verstoßes gegen die Regelungen der Mietpreisbremse zu hohe Mietzahlungen erst ab dem Zeitpunkt zurückzahlen, wenn der Mieter den Vermieter rügt. Katarina Barley sagt im Interview, dass der Punkt verbessert werden muss, dass Mieter auch rückwirkend Geld verlangen können. Die Ministerin begründet den jetzigen Zeitpunkt der Novellierung nur fünf Monate nach der letzten Reform damit, dass Ende 2018 die Vereinbarungen aus dem Koalitionsvertrag umgesetzt wurden. Nunmehr würden Nachbesserungen angepackt, die sich aus der Evaluierung der Mietpreisbremse ergäben. In diesem Zusammenhang solle zudem die bislang bis 2020 geltende Mietpreisbremse bis zum Jahr 2025 verlängert werden.
Vom Koalitionspartner CDU/CSU ist zu vernehmen, dass derzeit keine Notwendigkeit für eine Verschärfung der Mietpreisbremse gesehen werde. Der CDU-Abgeordnete Jan-Marco Luczak führt aus, dass mit der jüngsten Reform etliche Verbesserungen für Mieter umgesetzt wurden. So hätten Vermieter seither eine vorvertragliche Auskunftspflicht und Mieter könnten ihre Rechte bereits einfacher durchsetzen. Stattdessen mache die Bundesjustizministerin mit ihrem Vorstoß für eine Reform der Mietpreisbremse Wahlkampf auf dem Rücken der privaten Vermieter, die dem Markt den größten Teil der Wohnungen in Deutschland zur Verfügung stellen. Luczak wirft Barley vor, nur an den Symptomen herumzudoktern. Stattdessen müsse der Wohnungsneubau forciert werden, um den steigenden Mieten erfolgreich zu begegnen. Bei privaten Vermietern führe das Vorgehen der Justizministerin zu großer Verunsicherung. Laut Luczak sei mit der derzeitigen Regelung zur Mietpreisbremse ein fairer Interessenausgleich zwischen Mietern und Vermietern gefunden.
Mietpreisbremse wirkt nur kurzfristig
Das RWI Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung hat jüngst eine Studie veröffentlicht, die zeigt, dass die Mietpreisbremse der steigenden Mietpreisentwicklung nur in geringem Ausmaß entgegenwirkt. So würden die Mieten von Wohnungen, für die die Mietpreisbremse gilt, im Durchschnitt rund 2,5 Prozent niedriger ausfallen, als dies ohne die Einführung der Regelung der Fall wäre. Am stärksten wirke sich die Mietpreisbremse auf Wohnungen im niedrigen Preissegment aus. Die Analysten kommen allerdings zu dem Ergebnis, dass die Bremswirkung nur kurzfristig wirke: Schon ein Jahr bis anderthalb Jahre nach Inkrafttreten habe die Mietpreisbremse keinen dämpfenden Effekt mehr auf die Entwicklung der Mieten.
Wie handhaben andere Bundesländer die Mietpreisbremse?
Viele Bundesländer haben so Ihre Probleme mit der Mietpreisbremse. Allein in den letzten Monaten gab es enorm viel Bewegung bei dem Thema: So kippte das Amtsgericht Stuttgart die Mietpreisbremse in Baden-Württemberg. In Schleswig-Holstein wird die Mietpreisbremse nicht verlängert und Bayern will im Sommer eine neue Mietpreisbremse verabschieden.
Zumindest ist Berlin mit der Problematik nicht allein, nur bleibt fraglich, ob sich dieser Ansatz wird durchsetzen lassen und ob sich allein dadurch am akuten Mangel an bezahlbarem Wohnraum in Berlin etwas verbessern wird. Rechtfertigen könnte die Politik eine solche Maßnahme etwa durch nachvollziehbare Maßnahmen wie eine umgehende Ankurbelung des Wohnungsneubaus. Deshalb könnte sie argumentieren, dass eine Notlage der Bevölkerung nicht ausgenutzt werden soll und deshalb vorübergehend die Mieten deckeln, um Menschen mit kleinem Einkommen zu schützen und die Gentrifizierung des Kiezes zu stoppen. allerdings müsste dann auch der Wohnungsmangel innerhalb dieser fünf Jahre durch ein ehrgeiziges Neubauprogramm beseitigt werden. Das würden die meisten Menschen verstehen. Ansonsten würden sich vermutlich schon bald die überwiegend privaten Vermieter zu Wort melden. Denn laut einer Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) von 2017, sind fast die Hälfte der Vermieter (48 Prozent) private Eigentümer. Genossenschaften folgen mit einem Anteil von 24 Prozent. Die privaten Wohnungsunternehmen besitzen 17 Prozent des Bestandes, Anteil steigend. Und ob das mit geltendem Recht vereinbar wäre, müssten im Zweifelsfall wieder die obersten Richter klären.
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