Eine neue Queen auf dem Kontinent
27.04.2015
Kunst & Kultur
Die "Queen an der Werra" wird die größte Orgel der englischen Romantik auf europäischem Festland
Nach Jahren der Vorbereitung hat die evangelische Kirchengemeinde St. Crucis in Bad Sooden-Allendorf der Orgelbaufirma Schulte aus Kürten / Bergisches Land den Auftrag für eine neue Orgel erteilt. Kernstück für das neue Instrument ist die Orgel der Holy Trinity Church in Cambridge, deren Ursprünge bis 1852 reichen. Erbaut wurde die Orgel von der renommierten Firma Joseph William Walker. Nach mehrfachen Veränderungen hat sie heute 45 Register auf drei Manualen. Bis Mitte 2018 soll das Orgelprojekt abgeschlossen sein.
Der auf englische Instrumente spezialisierte Orgelbauer wird die Orgel im Sommer 2015 demontieren und bis zum Baubeginn in seiner Werkstatt einlagern. 15 Monate wird die Restrukturierung dauern bis die bestehende Substanz restauriert und die neuen Komponenten hinzugefügt sind.
"Wir werden das Instrument im Geiste Walkers behutsam ergänzen und zukunftsfähig machen." so Oliver Schulte, Inhaber der Firma Orgelbau Schulte. Die endgültige Größe der Orgel steht noch nicht ganz fest. "Selbst in dieser Phase ist die Entstehung einer solchen Orgel immer noch ein lebendiger Prozess." Die endgültige Größe wird sich jedoch bei rund 60 Registern, was rund 4000 Pfeifen entspricht, auf drei Manualen einpendeln.
Das unter der Marke "Queen an der Werra" laufende Projekt wird somit die größte englisch-romantische Orgel auf europäischem Festland.
Jetzige Orgel spielt seit über 40 Jahren nicht mehr
Seit 2011 und vor allem seit Gründung des Arbeitskreises "Projekt Orgel für St. Crucis" 2012 sammelt die Kirchengemeinde für einen adäquaten Ersatz der 1959 erbauten Euler-Orgel, die bereits seit 1972 verstummt ist.
Rund 100.000 Euro konnte die Gemeinde bereits zusammentragen, die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck EKKW hat eine Förderung von 250.000 Euro in Aussicht gestellt. Somit ist der Großteil des zwischen 400.000 und 500.000 Euro teuren Orgelbaus bereits finanziert. Ein gleichwertiger Neubau hätte das Doppelte gekostet.
"Von allen möglichen Varianten hat sich die Neukonzeption einer Orgel unter Verwendung historischen Materials als die für uns Beste herauskristallisiert." meint Hubertus Spill, seit 2011 Pfarrer der evangelischen Gemeinde.
"Der Weg dorthin war schon ein kleines Abenteuer, doch wir sind sehr glücklich, dass die geschichtsträchtige Grundsubstanz jetzt das Kernstück unserer Orgel werden kann."
Michael Dorfschäfer, selber Geistlicher der Jakobikirche Rotenburg, ist Orgelsachverständiger der EKKW und begleitet das Orgelprojekt.
"In den letzten Jahren ist in Deutschland vermehrt ein Interesse am englischen Orgelklang festzustellen. Häufig werden dabei historische Instrumente aus dem angelsächsischen Raum günstig abgegeben und hier, entweder originalgetreu restauriert oder verändert, wieder aufgebaut." weiß Dorfschäfer.
"Im Bereich der Evangelischen Kirche von Kurhessen- Waldeck ist das geplante Projekt in seiner Größe und in seiner Konzeption sicher als einzigartig zu bewerten. Authentischer englischer Orgelklang an der Werra wird eine Bereicherung der ohnehin schon klangvollen und vielfältigen Orgellandschaft von Nordhessen bilden!"
Unterstützung fand die Gemeinde auch vom Kirchenkreis Witzenhausen, in Person von Dekanin Ulrike Laakmann.
Walker-Orgel in Cambridge weicht Büroräumen
Fünf Orgelfahrten waren nötig, um Eindrücke von Orgeln und Orgelbauern zu gewinnen. Auch nach Cambridge ging die Reise im November 2013. Eine Delegation von Vertretern der Gemeinde, dem musikalischen Berater Christopher Weick, dem Orgelsachverständigen Michael Dorfschäfer und Orgelbauer Oliver Schulte inspizierte mehrere Tage das Instrument der Holy Trinity Church. Diese will sich in Zukunft verstärkt einer jugendlichen Zielgruppe widmen. Das Instrument passt nicht mehr in dieses Konzept. Den frei werden Platz braucht die Gemeinde für dringend benötigte Büroräume.
"Wir sind sehr glücklich, diesem Instrument in Bad Sooden-Allendorf ein neues Zuhause geben zu können." sagt Oliver Schulte. "Es handelt sich nach Abschluss unserer Arbeiten um eine neuwertige Orgel, die wieder viele Jahrzehnte der Gemeinde Freude spenden wird. Das zeigt, dass Tradition und Innovation durchaus zusammenfinden können."
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