Pressemitteilung von Dr. Klaudia Nebelin

"Projektionsfläche Haut"


Kunst & Kultur

Marlen Seubert gilt in der Kunstszene als eine außerordentlich originelle und einzigartige Künstlerin. Allein das verwendete Material löst beim Publikum Irritationen aus: Goldschlägerhäutchen, Euter und Därme von Tieren werden von ihr seit mehr als zwei Jahrzehnten zu feinen und filigranen Objekten transformiert. "Die Idee der Verwendung von Wegwerfmaterial", so sagt Seubert, "entstand in meiner Studienzeit aus der Not heraus. Auf die Därme kam ich durch eine Zufallsgeschichte - eine alte Lampenschirmfabrik wurde aufgelöst und dort kam ich erstmalig mit Tierhäuten in Berührung. Früher wurden aus den Därmen der Lämmer Papiere gemacht. Ich verwende die Grundlagen dieser alten Techniken bei der Materialvorbereitung noch heute." So entstehen ihre Arbeiten: Hauchdünn, leicht zerreißbar und fein.
Marlen Seubert ist eine Kämpfernatur, eine politische Künstlerin. Sie setzt sich in ihren Installationen, Objekten und Zeichnungen immer wieder mit den Themen Gewalt, Missbrauch und Frauen im Exil auseinander. Bereits als 14jährige hatte sie unter der Obhut der Englischen Fräulein im Nymphenburger Mädcheninternat ihre erste Ausstellung. Gegen den Willen der Eltern studierte sie später an der Werkkunstschule Würzburg und an der FH-Gestaltung. Heute lebt und arbeitet sie im Westerwald und in Spanien. Ihre Arbeiten sind in verschiedenen deutschen und spanischen Museen zu sehen.

Das Bonner Frauenmuseum (http://www.frauenmuseum.de) richtet Marlen Seubert nun eine Einzelausstellung aus. Die Werkschau beginnt bereits im Treppenaufgang: "Im goldenen Käfig" zeigt einen menschlichen Kopf in einem Käfig - doch der Käfig ist nicht verschlossen. Der Mensch könnte also noch herauskommen. Und damit wird bereits hier eine Grundüberzeugung der Künstlerin deutlich: Der Mensch und sein Leben sind wandelbar. Die Türen sind geöffnet, man muss nur hindurchgehen wollen.

Die Ausstellung wird in vier Themenräumen präsentiert:
Im ersten Raum "Tanz und Tod" empfängt den Besucher das Relief "Tanzender Christus" (1989) und eine Installation mit zehn bewegten Objekten: mit Goldschlägerhäutchen und Lammdarm auf Drähte gespannte Kleider tanzen wie weiße Figurinnen durch den Raum.
Im zweiten Raum "Gib uns unser täglich Brot" zeigt Seubert die Wandinstallation "Wandlungen" - eine Euterarbeit in Form von kleinen Broten auf Stahlrahmen. In einer Bodeninstallation auf schwarzem Teppich werden 2000 Oblaten dargeboten.
Der dritte Raum "Straßenstrich Spanien" führt das Publikum in die Gegenwart. Seubert bearbeitet in dieser Installation ein politisch hochbrisantes Thema: Seit der Wirtschaftskrise in Spanien prostituieren sich viele junge Mädchen - auch hochqualifizierte Studentinnen -, um ihre Familien zu ernähren. 30 Fotos dokumentieren diese Situation. Den Raum dominiert jedoch ein schwarzes Holzbett und die davor am Boden liegenden Körper aus Hautfetzen. Diese wirken papierartig - auch hier wieder Goldschlägerhäutchen und gemahlener Darm. Entsetzen lösen aber vor allem die Stahlobjekte mit Hautköpfen aus, die lüstern auf das Bett blicken.

Im vierten Raum "Religionen" befindet sich ein riesiger Stahlkäfig, in dem eine Burka gefangen ist, wiederum geknüpft aus Därmen und ein kleines, hauchdünnes Kreuz mit einer kleinen Mitra. Hier finden sich auch Seuberts neueste Arbeiten: 12 Wandobjekte "Seelen" wirken wie ein Fries. Davor, am Boden, zwei bewegliche Objekte "Himmel und Hölle - Gut und Böse". Die Raum ist eine Art Widerspiegelung der vorausgegangenen Stationen. Hier finden sich komprimiert die Kernaussagen von Seuberts Werk: "Bewegung ist Wandlung, Befreiung aus der (selbst-)verschuldeten Unmündigkeit unserer Existenz".

Vernissage: 23.8.2015 um 15 Uhr

Begrüßung Marianne Pitzen
Einführung Dr. Ulrike Fuchs, Kunsthistorikerin
Lesung: Dr. Ulrike Fuchs liest aus ihrem neuen Buch: "Die Kunstvermittlerin Hanna Bekker vom Rath"

Öffentliche Führungen:
Sonntags um 13 Uhr sowie nach Vereinbarung

Pressekonferenz: 21.8.2015 um 11 Uhr

Die Ausstellung wird unterstützt von der Stadt Bonn (http://www.bonn.de) und dem Landschaftsverband Rheinland (http://www.lvr.de)
Kunst Frauen Museum Goldschlägerhäutchen

http://www.frauenmuseum.de
Frauenmuseum
Im Krausfeld 10 53111 Bonn

Pressekontakt
http://www.frauenmuseum.de
Frauenmuseum
Im Krausfeld 53111 Bonn


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