Die Magie der zwei Bücher
27.12.2022
Kunst & Kultur

Klaus wollte sich das große Geschenk holen, doch er hielt kurz inne, und dachte, wenn ich mir das große nehme gibt es sicher wieder Streit. Also holte er es und gab es Frieda. Sie schob es ein Stück zu ihm. Dann öffneten sie es gemeinsam. Es war ein Buch darin. Auf dem prächtigen Einband stand in goldener Schrift "Was uns verbindet". Als sie es aufschlugen, saßen sie einen Moment da wie versteinert. In dem Buch stand viel über ihre gemeinsame Zeit. Von dem Tag an als sie sich kennenlernten, mit Bildern und so vielem was sie zusammen erlebt hatten. Es gab niemand, der das alles wissen konnte. Doch darüber dachten die zwei nicht nach. Wie gebannt lasen sie zusammen das Buch. Mittlerweile hatten sie sich aneinander gekuschelt. Irgendwann stand Klaus auf und sagte bitte nicht weiterlesen bis ich zurück bin. Ich will nichts verpassen. Er heizte den Kamin an und brachte eine Flasche Wein und zwei Gläser mit. Sie lasen, mittlerweile eng umschlungen das Buch. Wie schön diese Zeit damals war. Sie erlebten jeden Moment noch einmal in ihren Gedanken. Klaus schmeckte auf einmal wieder den Geschmack von Friedas Küssen. Er spürte ihre zarte Haut und Verlangen stieg in ihm auf. Frieda ging es genauso, auch sie spürte wieder diese magische Kraft, die sie schon immer zu Klaus hingezogen hatte. Sie sah auch wieder seine leuchtenden Augen, durch die sie einst auf ihn aufmerksam wurde. Aller Groll zwischen den beiden war gewichen. Auf einmal waren sie glücklich wie lang nicht mehr. Könnten wir doch diese Zeit zurückholen, sagte Klaus leise. Frieda versuchte ein paar Tränen zurück zu halten. Es gelang ihr nicht. Die Kinder hatten sich längst zurückgezogen, sie wollten jetzt, wo alles so gut lief, nicht stören. Auf einmal, sie waren noch nicht mal bei der Hälfte des Buches angekommen, gab es nur noch leere Seiten. Auf der ersten leeren Seite klebte ein Post-it. Darauf stand: Entscheidet selbst, wie es weitergeht. Das Buch endete etwa da, wo die beiden begannen, nach den hohen Sprossen der Karriereleiter zu greifen. Frieda holte das andere Geschenk. Sie packten es wieder gemeinsam aus. Es war auch ein Buch darin, ein sehr kleines.
Auf dem Goldfarbigen Einband stand mit schwarzer Schrift: "Was uns entzweit". Als sie es aufschlugen, fanden sie darin nur eine einzige Seite. Darauf Stand: Vergessen, was uns verbindet. Kein Wort mehr. Anfangs waren sie verwirrt. Was sollte das bedeuten? Dann schauten beide fast gleichzeitig auf das große Buch. "Was uns verbindet", stand da groß. Jetzt begriffen sie was gemeint war. Frieda sagte vielleicht ist es möglich. Klaus fragte, was ist möglich? Diese Zeit zurückholen, sagte Frieda. Klaus: Aber wie? Darauf antwortete Frieda, wenn wir beide unsere Karriereambitionen begraben, dann haben wir Zeit für uns und die Kinder. Mir ist es jetzt ganz klar geworden, Glück, Harmonie und Zufriedenheit kann kein Geld und auch kein Ansehen in der Firma aufwiegen. 6 Tage die Woche und fast jeden Tag 10 Stunden, das konnte nicht gutgehen. Klaus sagte, du hast Recht, aber das wird nicht einfach. Jetzt sollten wir aber die Kinder holen und uns bedanken. Das kann nur von ihnen kommen, es passt zu gut zu ihrem Wunsch. Und ich will wissen wer ihnen alles geholfen hat, kein Mensch außer uns weiß das alles, es kannst also nur du gewesen sein. Frieda sagte, geht es jetzt schon wieder los mit Schuldzuweisungen? Nein, sagte Klaus, denn wenn es so wäre, bin ich dir nicht böse, im Gegenteil. Doch du warst genau so überrascht wie ich, also denke ich, die Hilfe kam von jemand anderem. Sie holten die Kinder und bedankten sich. Die beiden sagten fast gleichzeitig: "Das ist nicht von uns", das ist vom Weihnachtsmann. Weil heute Heilig Abend ist, will ich es auf dieser Geschichte beruhen lassen, antwortete ihr Vater. Frieda fragte eher aus Spaß, habt ihr einen Wunschzettel zum Weihnachtsmann geschickt? Marie sagte, so ähnlich. Wir hatten Angst, dass ihr euch trennt und wir wollten das ihr euch wieder liebhabt, da haben wir den Weihnachtsmann um Hilfe gebeten. Das war Zuviel. Klaus und Frieda brachen in Lachen aus. Die Kinder lachten einfach mit, es war eine gefühlte Ewigkeit her, dass ihre Eltern gelacht hatten.
Klaus und Frieda steckten im Job zurück. In Anbetracht des bisher geleisteten waren ihre Chefs gnädig und die Gehaltseinbußen vielen kleiner aus, als erwartet. Der Plan ging auf, sie hatten wieder Zeit für sich und die Kinder. Feierabend war auch wieder Feierabend und nicht die Planung und Vorbereitung auf den nächsten Arbeitstag. Sie konnten wieder erleben wie Paul und Marie heranwuchsen. Sie hatten es geschafft, diese Zeit zurück zu holen. Paul und Marie waren glücklich wie lange nicht mehr, endlich waren sie wieder eine richtige Familie. Ihre Eltern schrieben jede Woche etwas in das große Buch. Es waren nur schöne Sachen.
Irgendwann gründeten auch Paul und Marie eine Familie. Paul erzählte seiner Frau und Marie ihrem Mann von den Büchern. Beide Familien begannen, in einem Buch ihre schönen Momente aufzuzeichnen. Wenn es einmal hart würde, hatten sie sich gegenseitig versprochen, würden sie zuerst dieses Buch lesen.
Auch heute noch, hört man um die Weihnachtszeit, aus vielen Teilen der Welt, dass bei Menschen die sich lieben und trotzdem nicht mehr zueinander finden, plötzlich zwei Bücher auftauchen. Ein großes und ein kleines. Über das große hört man nicht viel, aber das kleine, hat immer nur eine Seite.
Eine kleine Weihnachtsgeschichte von:
Peter Ritter
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