Pressemitteilung von Atelier Coaching & Training AG

Whataboutism


Medien & Kommunikation

WhataboutismWir erleben es gefühlt intensiver als auch schon. Egal, ob es um Sexismus, Rassismus, Klimawandel, eine politische Haltung oder deren Handlungen geht, eines haben diese grossen Debatten unserer Zeit gemeinsam: den Whataboutism. Immer wieder wenden Menschen diese Argumentationstechnik an (what about...? = was ist mit...?), die gemäss Oxford Living Dictionary als Technik oder Praxis bezeichnet wird, auf eine Anschuldigung oder eine schwierige Frage mit einer Gegenfrage zu antworten.
Oft hat der Whataboutismer das Ziel, vom eigentlichen Kern des Diskurses abzulenken. Zum Beispiel: Leute machen sich stark gegen die Benachteiligung der Frau und von der Seite kommt dann ein Kommentar à la: Naja, aber es gibt auch Männer, die von Frauen diskriminiert werden. Bei Kindern kennen wir es ja auch: Du hast genascht, Nein, hab ich nicht, aber der andere hat auch.
Es ist wohl beim Kinde, wie auch beim #metoo-aber-auch-Männer-sind-Opfer-Typ so, dass man im Innersten sich ertappt fühlt bzw. den Argumenten des Gegenübers irgendwie recht geben müsste, da sie ja oft als ziemlich klar daherkommen. Das können Fakten, Statistiken oder eben genaue Beobachtungen sein. Doch recht geben - das kommt natürlich nicht in Frage. Also los, schnell den Kontext verändern und schon hat man die Aussage irgendwie zurechtgebogen. Obwohl diese Art der Gegenargumentation so durchsichtig wie auch dünn daherkommt, ist es oft schwierig, im Gespräch eine tragfähige Replik zu setzen.
In seinem Vortrag über manipulative Rhetorik und Konfliktgesprächen hat Stefan Häseli kürzlich betont, wie wichtig es sei, solche Ablenkungsmanöver als das zu benennen, was sie sind - eine Gesprächsvermeidung. Gerade im persönlichen Gespräch ist es zentral, auf die Wahrnehmung beider Seiten zu achten und das Gesprächsklima nicht eskalieren zu lassen. Eine gezielte Deeskalation ist oft hilfreicher als die beste Logik.
Und als Notprogramm, wenn auch die schwächste Argumentation nichts mehr bringt, hat sich in den letzten Jahren das Gesprächskillerwort Fake News oder ist eh alles manipuliert ziemlich etabliert. Hier versagt nicht nur die Argumentation, sondern auch jede Form von Dialog. Um dem zu begegnen, ist es hilfreich, sich auf beobachtbare Elemente wie die Körperhaltung und Mimik des Gegenübers zu konzentrieren. Sie geben oft Aufschluss über die innere Haltung - noch bevor ein Wort fällt.
Dieser Tatbestand ist auch die grösste Problematik: Fakten werden nicht mit Gegenfakten belegt, sondern mit Glaubenssätzen. Das kann nicht funktionieren. Ich leg eine Statistik einer demokratisch legitimierten Regierung vor, und wenn das Gegenüber zutiefst der Überzeugung ist, dass alle Regierungen eh lügen, kommt man im Gespräch schlicht nicht weiter. Um aus dieser Sackgasse herauszukommen, braucht es manchmal den bewussten Schritt zurück - ein Gespräch über das Gespräch, eine Meta-Ebene, auf der Deeskalation möglich wird.
Wer einen solchen Gesprächspartner gegenüber hat, kennt das: Jetzt wird"s mühsam und man beginnt sich zu nerven. In solchen Momenten lohnt es sich, innezuhalten und die eigene Körperhaltung zu überprüfen. Ist sie offen oder abwehrend? Vermittelt sie Gesprächsbereitschaft oder Rückzug? Auch die eigene Mimik sollte man nicht unterschätzen - sie sendet Signale, oft lauter als Worte. Ein verspanntes Gesicht kann ungewollt eine ablehnende Haltung kommunizieren, während ein neutraler oder zugewandter Ausdruck die Chance auf Deeskalation erhöht.
Im Eltern-Kind-Dialog kommt dann logischer- und meist auch sinnvollerweise das Schwert der Hierarchie zur Anwendung. Ich habe nicht genascht, aber der andere hat auch muss ja nicht gegenargumentiert werden. Mit einem Ich hab dich erwischt, du machst das nicht mehr - basta ist die Schlaufe unterbrochen, die gute Stimmung vielleicht auch. Aber das gehört wohl dazu - auch das ist eine Form der Deeskalation, wenngleich eine autoritäre.
In politischen und gesellschaftlichen Diskussionen enden solche Dialoge dann meist im Patt oder eine Seite gibt auf, oder man verlässt einander genervt. Was jetzt noch funktioniert - und vielleicht tatsächlich eine Möglichkeit ist, auch in Familien, die unterschiedlich damals z.B. über Corona-Massnahmen und Impfpflicht denken, den Keil nicht weiter hineinzutreiben - ist, es anzusprechen und das Thema auszuklammern. Das gelingt aber nur, wenn die Wahrnehmung des Gegenübers nicht herabgewürdigt, sondern als real akzeptiert wird. Gerade das Ansprechen dieser Unterschiede im Gespräch eröffnet manchmal neue Türen.
Ein möglicher Satz: Ich stelle fest, dass wir uns hier nicht annähern. Lass uns doch dieses Thema auf der Seite lassen und über xxx reden - wäre das ein Vorschlag?
Kann funktionieren, tut es auch oft, muss aber nicht. Denn auch zu diesem Themaausklammern gehört die Bereitschaft beider Seiten - wie es eigentlich immer ist, wenn in der Kommunikation ein echter Dialog stattfinden soll. Wichtig ist, dass danach Feedback möglich bleibt: Wie ging es dir damit, dass wir das Thema ausgeklammert haben? Solche Rückfragen stärken die Beziehung und fördern die Reflexion über die gemeinsame Gesprächskultur.
Ob in einem persönlichen Gespräch, einem öffentlichen Vortrag oder einem Online-Kommentar: Der Umgang mit Whataboutism verlangt Feingefühl, Klarheit und auch Selbstreflexion. Wie wir auf Provokationen reagieren, wie wir mit unserer Mimik, Körperhaltung und Sprache auf das Gegenüber wirken, entscheidet oft mehr über den Gesprächsverlauf als der Inhalt selbst.
Am Ende geht es immer um Wahrnehmung - die eigene, die des Anderen - und darum, ob wir bereit sind, diesen Spiegel auszuhalten. Vielleicht beginnt gute Deeskalation genau da: im aufrichtigen Interesse am anderen und in der Fähigkeit, auch im Streit ein Gespräch offen zu halten.

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