Pressemitteilung von Stefan Bell

Inanspruchnahme von Elternzeit: Fax oder E-Mail reichen nicht


Politik, Recht & Gesellschaft

Wer für den Zeitraum bis zum vollendeten dritten Lebensjahr des Kindes Elternzeit beanspruchen will, muss sie nach § 16 Abs. 1 Gesetz zum Elterngeld und zur Elternzeit (BEEG) spätestens sieben Wochen vor Beginn der Elternzeit schriftlich vom Arbeitgeber verlangen und gleichzeitig erklären, für welche Zeiten innerhalb von zwei Jahren Elternzeit genommen werden soll.
Bei dieser Inanspruchnahme handelt es sich um eine rechtsgestaltende empfangsbedürftige Willenserklärung, durch die das Arbeitsverhältnis während der Elternzeit - vorbehaltlich der Vereinbarung einer Teilzeitbeschäftigung - zum Ruhen gebracht wird. Einer Zustimmung des Arbeitgebers bedarf es nicht. Das Elternzeitverlangen erfordert die strenge Schriftform gemäß § 126 Abs. 1 BGB. Es muss deshalb von der Arbeitnehmerin oder dem Arbeitnehmer eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden. Ein Telefax oder eine E-Mail wahrt die von § 16 Abs. 1 Satz 1 BEEG vorgeschriebene Schriftform nicht und führt gemäß § 125 Satz 1 BGB zur Nichtigkeit der Erklärung. Allerdings kann sich ein Arbeitgeber aufgrund der Besonderheiten des konkreten Falls treuwidrig verhalten, indem er sich darauf beruft, das Schriftformerfordernis des § 16 Abs. 1 Satz 1 BEEG sei nicht gewahrt (§ 242 BGB).
Die Klägerin war als Rechtsanwaltsfachangestellte bei dem beklagten Rechtsanwalt beschäftigt. Dieser kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 15. November 2013. Im Kündigungsrechtsstreit machte die Klägerin geltend, sie habe dem Beklagten nach der Geburt ihrer Tochter per Telefax am 10. Juni 2013 mitgeteilt, dass sie Elternzeit für zwei Jahre in Anspruch nehme. Der Beklagte habe deshalb das Arbeitsverhältnis nach § 18 Abs. 1 Satz 1 BEEG nicht kündigen dürfen. Die Vorinstanzen haben der Kündigungsschutzklage stattgegeben.
Die Revision des Beklagten hatte vor dem Neunten Senat des Bundearbeitsgerichts Erfolg. Das Arbeitsverhältnis ist durch die Kündigung des Beklagten vom 15. November 2013 aufgelöst worden. Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts genoss die Klägerin nicht den Sonderkündigungsschutz des § 18 Abs. 1 Satz 1 BEEG. Die Klägerin hatte mit ihrem Telefax vom 10. Juni 2013 nicht wirksam Elternzeit verlangt. Besonderheiten, die es dem Beklagten nach Treu und Glauben verwehrten, sich auf den Formverstoß zu berufen, lagen nicht vor.
Bundesarbeitsgericht
Urteil vom 10. Mai 2016 - 9 AZR 145/15 -
zitiert nach Pressemitteilung Nr. 23/16

Fazit:
Ist ein Anspruch "schriftlich" geltend zu machen, gilt § 126 Abs. 1 BGB

(1) Ist durch Gesetz schriftliche Form vorgeschrieben, so muss die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden.

Auch wenn heutzutage die übliche Kommunikation nahezu ausschließlich elektronisch (Smartphones, Tablets, PC) erfolgt und Faxgeräte fast schon antiquiert erscheinen, so muss doch nachdrücklich darauf hingewiesen werden, dass das Schriftformerfordernis gemäß § 126 BGB zwingend ist. Erstaunlich ist das auch deshalb, weil für die Einreichung fristwahrender Schriftsätze ein Fax ausreicht (§ 130a ZPO). Das Schriftformerfordernis hat jedoch im Arbeitsrecht einen hohen Stellenwert (z.B. bei Kündigungen oder Aufhebungsverträgen) und dient deshalb auch dem Schutz der Arbeitnehmer. Wer also Elternzeit beantragen will, muss zu Papier und Kugelschreiber greifen. Auch auf die Einhaltung einer Frist muss geachtet werden: Schriftstücke müssen den Empfänger rechtzeitig und nachweisbar erreichen. Die Zustellung durch einen Boten (aus der Verwandtschaft oder dem Freundeskreis) ist immer noch die sicherste Methode.

Autor und zuständig für Rückfragen: RA Stefan Bell, Fachanwalt für Arbeitsrecht
in der Kanzlei Bell & Windirsch, Düsseldorf. http://www.fachanwaeltinnen.de , bell@fachanwaeltinnen.de
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