Deutsches Kinderhilfswerk: Zahl von vermissten Flüchtlingskindern bis 13 Jahren weiterhin alarmierend hoch
04.07.2017
Politik, Recht & Gesellschaft
Das Deutsche Kinderhilfswerk plädiert angesichts der gestiegenen Zahl von vermissten Flüchtlingskindern bis 13 Jahren für ein zentrales europäisches Erfassungssystem zum Schutz von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen. Nach aktuellen Angaben des Bundeskriminalamtes sind derzeit 945 Kinder (bis 13 Jahre) und 5.502 Jugendliche (von 14 bis 17 Jahren) im Informationssystem der Polizei (INPOL) als vermisst eingetragen. "Die Zahl der vermissten Flüchtlingskinder bis 13 Jahre ist weiterhin alarmierend hoch. Während die Zahl der vermissten geflüchteten Jugendlichen weiter zurückgeht, ist die Zahl der vermissten Flüchtlingskinder bis 13 Jahre in den letzten Monaten weiter leicht angewachsen. Gerade nach diesen Kindern muss intensiv gesucht werden. Bei ihnen besteht eine große Gefahr, dass sie Kriminellen in die Hände fallen. Denn sie gehören zu den besonders schutzbedürftigen Kindern. Geflüchtete unbegleitete Kinder haben häufig keine Verwandten vor Ort, sie kennen sich schlechter in Deutschland aus und sprechen noch nicht so gut deutsch. Bei der Aufklärung der Schicksale dieser Kinder dürfen die Polizeibehörden nicht nachlassen", betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.
Bei der Suche nach diesen vermissten Kindern braucht es eine noch bessere Zusammenarbeit von Polizei- und Bundesbehörden auf der einen Seite und Suchdiensten wie dem des Deutschen Roten Kreuzes und den Jugendhilfeträgern vor Ort auf der anderen Seite. An erster Stelle sieht das Deutsche Kinderhilfswerk aber die Polizeibehörden in der Pflicht, die jedem vermissten Kind, egal ob es aus Deutschland oder einem anderen Land kommt, größtmögliche Aufmerksamkeit widmen müssen. Hier darf es keine Abstriche geben, auch wenn das an vielen Stellen mit einem enormen Aufwand verbunden ist. Dabei ist auch die Zusammenarbeit zwischen den Polizeibehörden auf europäischer Ebene zu forcieren.
Grenzübergreifende und nationale Kinderschutzsysteme müssen verbessert werden, um Kinder, die nach Europa flüchten, von Anfang an besser zu unterstützen. Bisher wissen wir jedoch zu wenig über die Situation der vermissten Kinder. Es gilt verstärkt die Erforschung der Gründe dafür zu fördern, warum die Kinder vermisst werden und in welchen Lebenssituationen sie sich befinden. Nur wenn die Ursachen für das Verschwinden klar sind, kann an der entscheidenden Stelle in Präventionsmaßnahmen investiert werden. Forschung aus dem europäischen Ausland zeigt: Je unsicherer die Lage der betroffenen Kinder, je größer das Risiko, dass sie verschwinden.
Die UN-Kinderrechtskonvention verpflichtet Staaten nicht nur zum Schutz aller Kinder unabhängig von ihrer Herkunft und ihrem Aufenthaltsstatus, sondern auch zur Kooperation mit anderen Staaten zur Umsetzung der Kinderrechte. Das mit dem bundesdeutschen Datenaustauschverbesserungsgesetz im Februar letzten Jahres geschaffene einheitliche Registrierungssystem im Ausländerzentralregister, mit dem auch Informationen zu den zuständigen Jugendbehörden für alle unbegleiteten Flüchtlingskinder erfasst werden, sollte hier als Vorbild für ein zentrales europäisches Erfassungssystem zum Schutz von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen dienen. Dieses könnte bei der europäischen Polizeibehörde Europol in Den Haag angesiedelt sein und eng mit der EU-Beauftragten für Kinderrechte zusammenarbeiten. Denkbar wäre aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes auch ein EU-Sonderbeauftragter für vermisste Flüchtlingskinder, der als Anlaufstelle für die nationalen Behörden dient und europaweite Aktivitäten koordiniert.
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