Parteien zeigen zu wenig Einsatz für den Erhalt von Spielflächen für Kinder
18.09.2017
Politik, Recht & Gesellschaft
Das Deutsche Kinderhilfswerk ist besorgt über den rasant fortschreitenden Abbau von Spielflächen für Kinder und Jugendliche in Deutschland, insbesondere weil das Thema nach wie vor kaum Aufmerksamkeit auf bundespolitischer Ebene genießt. Eine Auswertung der vom Deutschen Kinderhilfswerk und dem "Bündnis Recht auf Spiel" vorgelegten Wahlprüfsteine zeigt deutlich, dass sowohl der Abbau von Spielflächen als auch die weit verbreitete Vernachlässigung von Qualitäten auf Spielflächen von den aktuell im Bundestag vertretenen Fraktionen nicht hinreichend in den Fokus der Aufmerksamkeit gerückt werden. So gibt es zwar vereinzelte Zustimmung zu den Vorschlägen, gesetzliche Vorgaben für ein Mindestmaß von Spielflächen in den Kommunen einzuführen oder für den Ausbau der Spielleitplanung als wichtigem Steuerungsinstrument der Stadtplanung. In der Gesamtschau sind aber alle Parteien von einer konsequent am Kindeswohl ausgerichteten Stadtentwicklung und Stadtplanung noch meilenweit entfernt und setzen weiterhin vor allem auf das freiwillige Engagement von Kommunen und Ländern.
"Für Kinder sind ausreichende Spielmöglichkeiten im öffentlichen Raum wichtig. Hierfür benötigen Kinder überall und jederzeit zugängliche, sichere und möglichst anregende Spielräume. Die räumliche Lebenswelt von Kindern hat sich in den letzten Jahrzehnten jedoch erheblich und nachteilig verändert. Dies gilt vor allem für städtische Räume. Das selbstständige Erkunden der häuslichen Umgebung oder ein gefahrloses Spielen auf Straßen, Gehwegen und Plätzen wird in unseren Städten zunehmend schwieriger. Diese Veränderungen haben gravierende Auswirkungen auf das Spielverhalten von Kindern. Für viele Kinder ist das Spielen im Kinderzimmer oder der Zeitvertreib vor Fernseher und PC oftmals an die Stelle der bewegungsreichen Aktivitäten im Wohnumfeld getreten. Es ist der Mangel an Brach- und Freiflächen sowie die fortschreitende Dominanz des Straßenverkehrs, die öffentliche Räume für Kinder unattraktiv machen. Die ehemals bespielbare Straße ist mittlerweile fast ausschließlich den Autofahrerinnen und Autofahrer vorbehalten. Statistisch gesehen stehen in vielen deutschen Städten und Gemeinden mittlerweile einem Kind fünf Autos gegenüber. Das bedeutet nicht nur eine Verarmung von Erlebnisqualitäten, von Erfahrungsreichtum, also dem, was Kindheit ausmacht. Unter dem Verschwinden von Kindern aus dem öffentlichen Raum leidet die Stadtqualität insgesamt - Städte ohne sichtbar spielende Kinder veröden zunehmend", betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.
Um dem Abbau von Spielflächen zu begegnen, fordert lediglich DIE LINKE ein Mindestmaß an Spielflächen und entsprechende gesetzliche Verpflichtungen. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN halten es für diskussionswürdig, dem "Spielraum" einen vergleichbaren Schutzstatus zukommen zu lassen wie geschützten Landschaftsflächen und damit deren Relevanz für ein gesundes Aufwachsen hervorzuheben. Unterstützung für den Ausbau des Instrumentes der Spielleitplanung, das auch vom Deutschen Kinderhilfswerk als wichtiges Steuerungsinstrument für eine bedarfsgerechte Planung angesehen wird, kommt insbesondere von der SPD.
Dass das Kindeswohl einen maßgeblichen Vorrang im Baugesetzbuch bei allen Bauvorhaben im öffentlichen Raum und weiteren Maßnahmen der Stadtentwicklung haben muss, wird nur von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so deutlich geteilt. Regulierungen wie die generelle Einführung von Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit innerorts oder andere Maßnahmen, um die Dominanz des Individualverkehrs einzuschränken und damit Kinder besser vor Gefahren im Straßenverkehr zu schützen, halten fast alle Parteien für nötig. Ausreichend Bewegungspausen und Sportangebote werden sowohl von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN als auch von CDU/CSU als wichtiges Merkmal einer Ganztagsschule angesehen. Dieses wichtige Anliegen von vielen Schülerinnen und Schülern, Eltern sowie Lehrerinnen und Lehrern findet jedoch nur bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Berücksichtigung in Form eines geplanten Förderprogramms.
Aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes fehlt es insgesamt oftmals am politischen Willen, die UN-Kinderrechtskonvention konsequent in gesetzliche Bestimmungen zu überführen. Das gilt beispielsweise auch für die Ausweitung der Privilegierung von Kinderlärm auf wohnstandortnahe Aufenthaltsorte von Jugendlichen, um diese nachhaltig vor Lärmschutzklagen und Verdrängung zu schützen.
Alle Antworten der aktuell im Bundestag vertretenen Fraktionen auf die Wahlprüfsteine zur Gestaltung von Spielräumen von Kindern finden sich unter http://www.dkhw.de/wahlpruefsteine
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