Lösungsansatz freie Mitarbeit in Pflege und Betreuung
23.07.2018
Politik, Recht & Gesellschaft
Der seit fast 50 Jahren bundesweit tätige gemeinnützige Notmütterdienst Familien- und Seniorenhilfe e.V. (NMD) nimmt die aktuelle Diskussion um die Verbesserung der Pflege in Deutschland zum Anlass, und appelliert an die Bundesregierung, die Attraktivität für freiberufliche Pflege- und Betreuungstätigkeiten deutlich zu erhöhen.
Der NMD verweist in diesem Zusammenhang auf das erhebliche Potential, welches der freiberufliche Sektor in diesem Bereich bieten kann, um dem sich anbahnenden Pflege- und Betreuungsnotstand wirksam und angemessen zu begegnen.
"Seit 1969 hat der NMD mit dem Konzept, freie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bundesweit in der Betreuung und Pflege von Familien und Einzelpersonen einzusetzen, bereits viele Tausend Male erfolgreich Not lindern können. Dabei war es uns stets ein Anliegen, Menschen die Möglichkeit geben können, so lange wie möglich ein selbstbestimmtes Leben im eigenen Zuhause zu führen, getreu dem Leitsatz "Das beste Heim ist das eigene Heim"", sagt Mona Damian, Geschäftsführerin im NMD Frankfurt.
"Es gibt ein ungenutztes Potential von zehntausenden von Menschen, die freiberuflich in der Pflege arbeiten würden, wenn die Rahmenbedingen stimmten" so Damian.
Doch die Umsatzsteuerbefreiung gemeinnütziger Organisationen, zu welchen der NMD gehört, und gleichzeitig die hohe Steuer- und Sozialversicherungspflicht vieler freier Mitarbeiter sind wenig kompatibel miteinander und verhindern somit die Nutzung eines großen Potentials für die Pflege.
Die aktuell von Kostenträgern an Leistungserbringer wie den NMD gezahlten Stundensätze betragen zwischen 17,- und 20,- EUR pro Stunde. Nach Abzug von Steuern und Versicherungen von bis zu 40% wird deutlich, dass dieses System keinerlei finanziellen Anreiz für freiberufliche BetreuerInnen schaffen kann. Gemeinnützige Organisationen wie der NMD können davon ebenfalls nicht auf Dauer ihre Existenz sichern.
Es stelle sich also die Frage, wieso diese Steuerbefreiung im gemeinnützigen Sektor nicht auch auf die Betreuungspersonen als freie Mitarbeiter übertragen werden kann.
Soziale Absicherung von freien Mitarbeitern im sozialen Bereich kann Lösungsansatz sein
Der in Deutschland bestehende Mangel an Pflege- und Betreuungskräften könnte durch eine Besserstellung der freien Mitarbeiter nach Einschätzung von Damian erheblich entschärft werden. In der öffentlichen Diskussion werde dieses Potential überhaupt nicht berücksichtigt. Die dafür infrage kommenden Personen sind beispielsweise StudentInnen, RentnerInnen, Hausfrauen/Hausmänner, Geflüchtete mit Deutschkenntnissen, ALG II-Empfänger ("Hartz4") sowie Personen, die sich selbstbestimmt zum Familieneinkommen etwas hinzuverdienen möchten.
"Für diesen Personenkreis spielt die Flexibilität und Selbstbestimmung der Arbeitszeit eine entscheidende Rolle. Die freie Mitarbeit ist für die Betroffenen oftmals die einzige Möglichkeit, überhaupt am Arbeitsleben teilnehmen zu können. Freie Mitarbeit ergänzt die Pflege in der Festanstellung, insbesondere dort, wo flexible Betreuung notwendig ist.
"Hier fehlt aus unserer Sicht ein ergänzendes Sozialversicherungssystem für Selbstständige, ähnlich dem bereits jetzt bestehenden für Künstler (KSK)", betont Damian.
Bürokratische Hürden erschweren Einstieg in Selbständigkeit
Bei dem Schritt zur selbständigen Tätigkeit gibt es erfahrungsgemäß zudem große Unsicherheiten bezüglich bürokratischer Hürden. Die zum Teil sehr hohe Verrechnung bzw. Kürzung beim gleichzeitigen Bezug staatlicher Unterstützung macht es diesen Menschen leider äußerst unattraktiv, selbstständig tätig zu sein.
"Wir hoffen sehr, dass diese Problematiken von den demokratischen Parteien im Deutschen Bundestag thematisiert werden und es zu einer Lösung kommen kann, mit denen gemeinnützige soziale Organisationen wie der NMD ihr Erfolgsmodell erhalten und zukünftig noch stärker dem Pflege- und Betreuungsnotstand entgegenwirken können", so Mona Damian.
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