Der D.A.S. Leistungsservice informiert: Urteil in Kürze - Zivilrecht
05.02.2019
Politik, Recht & Gesellschaft
Ein gewerblicher Winterdienst, der bei Temperaturen um den Gefrierpunkt auf einem Supermarktparkplatz keine Glättekontrolle durchführt und nicht streut, haftet für die Folgen eines glättebedingten Sturzes. Denn der Winterdienst hat damit seine Verkehrssicherungspflicht vernachlässigt. Dies hat laut Michaela Rassat, Juristin der D.A.S. Rechtsschutz Leistungs-GmbH (D.A.S. Leistungsservice), das Amtsgericht München entschieden.
Worum ging es bei Gericht?
Viele Grundstückseigentümer übertragen ihre winterliche Räum- und Streupflicht auf gewerbliche Winterdienste. Dies gilt auch für die Inhaber von Geschäften mit Kundenverkehr. Ein Supermarkt im Münchner Stadtteil Neukeferloh hatte einen gewerblichen Winterdienst damit beauftragt, seinen Parkplatz von Schnee und Eis zu befreien. Eines Morgens Anfang März lag die Temperatur bei 0,4 Grad Celsius. Eine Kundin erreichte das Gelände um 08:00 Uhr mit ihrem Fahrrad. Sie fuhr besonders vorsichtig, weil es am Vortag geregnet hatte und sie Vereisung befürchtete. Trotzdem stürzte sie auf einer drei mal drei Meter großen, vereisten Fläche in der Nähe des Fahrradständers. Dabei zog sie sich einen Mittelfingerbruch mit einem Kapselanriss zu. Auch Monate später war die Beweglichkeit trotz vieler Behandlungen noch nicht wieder hergestellt und sie hatte beispielsweise Schwierigkeiten, Flaschen zu öffnen. Sie verklagte daher das zuständige Winterdienst-Unternehmen auf 3.000 Euro Schmerzensgeld und die Übernahme noch entstehender Behandlungskosten. Das Unternehmen hatte den Parkplatz am Tag des Unfalls nicht geräumt oder gestreut. Es war davon ausgegangen, dass dies nicht nötig sei, weil auch die Gemeindeverwaltung seine Dienste nicht angefordert hatte. Ein Mitarbeiter konnte sich nicht mehr genau daran erinnern, ob er an diesem Morgen den Supermarktparkplatz kontrolliert hatte.
Das Urteil
Das Amtsgericht München gestand der Frau das verlangte Schmerzensgeld und auch den Ersatz künftiger Schäden zu. "Der Supermarkt hatte seine Verkehrssicherungspflicht und insbesondere den Winterdienst auf den Dienstleister übertragen. Dieser hatte nach Meinung des Gerichts seine Pflichten fahrlässig verletzt", so Michaela Rassat. Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass die Angaben der Radlerin glaubhaft waren. Der Dienstleister könne nicht beweisen, dass er den Parkplatz an diesem Morgen kontrolliert habe. "Genau dazu wäre er aber verpflichtet gewesen", kommentiert Rassat. "Auch wenn andere Kunden ihn an diesem Tag nicht angefordert hatten." In München sei generell auch Anfang März noch mit Minusgraden und Glätte zu rechnen. Wie das Gericht betonte, hat ein gewerblicher Winterdienst verglichen mit privaten Straßenanliegern sogar eine erhöhte Sorgfaltspflicht.
Was bedeutet das für Verbraucher?
Gerade gewerbliche Anbieter von Räum- und Streudiensten müssen im Winter mit größter Sorgfalt arbeiten und dürfen nicht einfach davon ausgehen, dass es an einem bestimmten Tag nicht glatt ist. "Passanten, die durch Nachlässigkeiten solcher Dienstleister zu Schaden kommen, können ihre Forderungen direkt an sie richten - ohne Umweg über den Grundstückseigentümer", erklärt die Juristin. Wer als Straßenanlieger selbst einen Dienstleister mit dem Räumen und Streuen beauftragt, sollte daran denken: Die Verkehrssicherungspflicht lässt sich nie komplett auf jemand anderen übertragen. Hauseigentümer müssen zumindest stichprobenartig kontrollieren, ob der Beauftragte auch tatsächlich morgens pünktlich zum Streuen oder Schneeschippen anrückt.
Amtsgericht München, Urteil vom 8. August 2018, Az. 154 C 20100/17
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