Systemgastronomie: Branche der Chancen für Menschen mit Flucht- und Migrationshintergrund
23.04.2019
Politik, Recht & Gesellschaft
(Mynewsdesk) Viele kennen das Gefühl, schnell mal etwas essen zu müssen. Doch es soll nicht irgendwas sein, sondern dem eigenen Geschmack entsprechen und eine entspannte Atmosphäre bieten. Da ist es von Vorteil, wenn eine Restaurantkette in der Nähe ist. Als Kunde erhält man dort in kurzer Zeit das gewünschte Essen in gewohnter Qualität und wird von freundlichem Personal bedient. Dahinter verbirgt sich ein zentral gesteuertes Gastronomiekonzept. Das in der Systemgastronomie beschäftigte Personal sorgt für einen reibungslosen Ablauf.
Doch die Systemgastronomie hat so viel mehr zu bieten: Sie ist eine Branche voller Chancen, die sich mit Beschäftigten aus über 125 Nationen zu Recht als „Integrationsweltmeister“ bezeichnet. Während in den letzten Jahren Großunternehmen insbesondere für Menschen mit Flucht- und Asylhintergrund vergleichsweise wenig Perspektive boten, zeigten sich Dienstleistungsbranchen wie die Systemgastronomie deutlich offener und aufnahmebereiter.
„Rund 40 Prozent der Beschäftigten in unserer Branche sind Menschen mit ausländischen Wurzeln. Viele sind Angelernte, die nicht über einen formalen Berufsabschluss verfügen. Doch genau diese enorme Sprachvielfalt und die vergleichsweise geringen Einstiegshürden erleichtern es, berufliche Perspektiven für Menschen mit Flucht- oder Asylhintergrund zu schaffen“, erläutert Andrea Belegante, seit 2017 Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes der Systemgastronomie. „Die Systemgastronomie ist ein stark wachsender Markt, der viele Arbeitsplätze zu vergeben hat und immer engagierte und lernbereite Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter benötigt, die Freude am Umgang mit den Gästen haben.“ Aus diesem Grund haben die Agentur für Arbeit Saarland und die saarländischen Jobcenter im April 2018 ein Pilotprojekt mit dem Bundesverband der Systemgastronomie (BdS) und der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) Region Saar initiiert. Ziel der gemeinsamen Aktivitäten war es, Menschen mit Flucht- und Migrationshintergrund für eine Beschäftigung in den saarländischen Mitgliedsbetrieben der Systemgastronomie zu gewinnen.
In einem ersten Schritt nahm der BdS Kontakt mit seinen Mitgliedsbetrieben auf, um für eine Teilnahme am Projekt zu werben. Unterstützt wurde er dabei von der NGG Region Saar. „Unsere Mitglieder zeigten sich von Beginn an offen für das Projekt“, so Mark Baumeister, Geschäftsführer NGG Region Saar. „Die Systemgastronomie im Saarland bietet vielfältige Arbeitsplätze und gute berufliche Perspektiven. Zahlreiche Erfolgsgeschichten belegen bereits das große Potenzial für eine gelungene Integration von Menschen mit Migrationshintergrund. Das Projekt gab Unternehmen den Anstoß, sich ebenso aktiv für die Integration von geflüchteten Menschen in die Arbeitswelt einzusetzen.“
In einem zweiten Schritt sprachen die Agentur für Arbeit Saarland und die saarländischen Jobcenter Kundinnen und Kunden an den Standorten Saarbrücken, Neunkirchen und Merzig-Wadern an, um ihr Interesse für eine Tätigkeit in der Systemgastronomie zu wecken und ihre Eignung für die angestrebte Tätigkeit abzuklären.
Durch intensive Vermittlungs- und Beratungsarbeit wurden in einem dritten Schritt die am Projekt teilnehmenden Bewerberinnen und Bewerber mit den Unternehmen zusammengebracht. Eine besondere Rolle spielte dabei die Beratung der Arbeitgeber zu aufenthaltsrechtlichen Regelungen und Besonderheiten bei der Förderung einer Arbeitsaufnahme Geflüchteter. Die Bewerberinnen und Bewerber erhielten Unterstützung bei der Erstellung von Bewerbungsunterlagen, wurden während des Bewerbungsverfahren gecoacht und auf Vorstellungsgespräche vorbereitet.
„Insgesamt konnten durch das Projekt 32 Bewerberinnen und Bewerber in den Arbeitsmarkt integriert werden – ein Erfolg, der sich sehen lassen kann“, so Jürgen Haßdenteufel, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Saarland. Nicht immer ist laut Haßdenteufel eine Ausbildung der Königsweg zur beruflichen Integration. „Das Konzept der dualen Ausbildung ist in vielen Ländern schlichtweg nicht bekannt. Eine dreijährige Ausbildung mit Berufsschulbesuch passt oftmals nicht zu den Vorstellungen geflüchteter Menschen. Viele sind jung und hochmotiviert, stehen aber nicht selten unter dem Druck, rasch Geld zu verdienen. Dienstleistungsbranchen wie die Systemgastronomie, wo learning by doing eine größere Rolle als beispielsweise im Handwerk spielt, bieten in diesen Fällen einen leichteren Arbeitsmarktzugang.“
Aufgrund der guten Erfahrungen wird das Projekt fortgesetzt. Geplant sind neben den bisherigen Aktivitäten auch Job-Speed-Datings und Unternehmensbesuche, bei denen kleinere Gruppen interessierter Bewerberinnen und Bewerber vor Ort Einblicke in die Arbeitsabläufe und Anforderungen der Unternehmen erhalten sollen.
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