Pressemitteilung von Christian-H. Röhlke

Erbschleicher: was, wenn Oma das Familienvermögen neu verteilt?


Politik, Recht & Gesellschaft

Testamentseröffnung - Überraschung für die Hinterbliebenen?

Die Testamentseröffnung, ein neuer Schock für die Hinterbliebenen: handschriftlich hatte Oma Agnes in ihren letzten Tagen verfügt, dass Maria ihre Alleinerben wird. Der Familienrat schäumt und wittert eines: Erbschleicherei.

"In Deutschland herrscht Privatautonomie. Jeder gestaltet seine privaten Rechtsverhältnisse nach eigener Entscheidung frei. Dazu gehören neben der Vertrags- und Eigentumsfreiheit, die Eheschließungsfreiheit und die Testierfreiheit. Grundsätzlich vererbt jeder sein Vermögen an wen er will. Zum Schutze der Abkömmlinge und Familienangehörigen gibt es das Pflichtteilsrecht. Die nicht bedachten Angehörigen äußern den Verdacht, der neu eingesetzte Erbe habe sich seine Erbenstellung erschlichen. Hierfür gibt es Anzeichen und Gegenmaßnahmen", meint der Berliner Rechtsanwalt Christian H. Röhlke.

Anzeichen für Erbschleicherei

Besonders anfällig für Erbschleicher sind ältere Menschen, die am Abend des Lebens alleinstehend und hilfsbedürftig sind. Weitere Betroffene sind lebenslustige Senioren, die noch eine neue Bekanntschaft machen und das Leben genießen. In diesen Situationen versuchen Erbschleicher, dass Opfer durch Manipulation und Trickserei von der Familie zu isolieren. Den Kontakt mit der Familie vermeidet der Erbschleicher und damit wird seine Existenz den Angehörigen nicht bekannt. Dem Opfer, der spätere Erblasser, ist Achtsamkeit und Vorsicht geboten, wenn ihm von bisher fremden übermäßiges Interesse entgegenkommt, ihm geschmeichelt wird oder übermäßige Hilfe angeboten wird. Erbschleicher versuchen an das Mitleid des Opfers zu appellieren, um eine Erbeinsetzung zu erreichen.

Vorsichtsmaßnahmen für Erblasser

Eine gute Maßnahme, um das Vermögen in der Familie zu halten und ein Eindringen außenstehender in Form der ungeplanten Erbeinsetzung zu verhindern, sind gemeinschaftliche Testamente (das sogenannte "Berliner Testament") oder Erbverträge. Das gemeinschaftliche Testament steht dem Ehegatten offen, der Erbvertrag schließt der Erblasser mit jedermann. Beiden Maßnahmen gemein ist, dass in ihnen unveränderliche Regelungen getroffen werden. Bei einem gemeinschaftlichen Testament heißen sie wechselbezügliche Verfügungen, beim Erbvertrag vertragsmäßige Verfügungen. Diese Verfügungen sind in einem Erbvertrag sofort bindend und Änderungen sind nicht einseitig zu ändern. In einem gemeinschaftlichen Testament werden sie nach dem Tod des zuerst versterbenden Ehegatten bindend. Spätere, gegebenenfalls handschriftlich abgegebene Testamente sind unwirksam, sofern sie dem gemeinschaftlichen Testament oder dem Erbvertrag widersprechen.

Vorsicht ist geboten

Rechtsanwalt Christian-H. Röhlke rät zu Vorsichtsmaßnahmen: "Diese Verträge gehören in die amtliche Verwahrung! Das dient der Sicherheit der Angehörigen. Ein handschriftliches, beim späteren Opfer des Erbschleichers in der Schreibtischschublade aufbewahrtes gemeinschaftliches Testament kann vom Erbschleicher oder vom manipulierten Erblasser vernichtet werden und wird unwirksam."

Weitere Vorsichtsmaßnahme liegt in der Erteilung von Vorsorgevollmachten oder Generalsvollmachten über den Tod hinaus. Im Besten Fall trifft der Erblasser mit seinen Familienangehörigen eine Abstimmung, wem diese Vollmacht zu erteilen ist. Dafür kommt eine vertrauenswürdige Person infrage, der den Familienangehörigen wohlwollend gegenübersteht. Im schlimmsten Falle hat sich der Erbschleicher die Vorsorgevollmacht vom späteren Erblasser erschlichen und schaltet und waltet, wie es ihm beliebt.

Möglichkeiten für Angehörige nach dem Todesfall?

"Die wichtigste Vorsorgemaßnahme ist keine rechtliche, sondern eine menschliche: Halten Sie Kontakt zu ihren Angehörigen, besuchen Sie Oma Agnes im Krankenhaus oder im Heim, sprechen Sie mit ihr über die Vorsorgeplanung", meint Rechtsanwalt Röhlke. Denn die Erbschleicherei gelingt, wenn das Opfer von der Familie entfremdet wird. Wenn den Familienangehörigen, die beispielsweise berufsbedingt hunderte von Kilometern entfernt wohnen, die Aufrechterhaltung der persönlichen Kontakte nicht gegeben ist, bespricht mit Oma Agnes über die Beauftragung eines seriösen und geprüften Pflegedienstes. Wenn die geistigen Fähigkeiten langsam nachlassen wird beim Amtsgericht ein Betreuer bestellt. Hierfür ist Fingerspitzengefühl und Abstimmung nötig, damit Oma Agnes nicht den Verdacht hegt, entmündigt zu werden. Dies spielt Erbschleichern in die Hände.

Was tun, wenn der Ernstfall eingetreten ist und der Erblasser in letzter Sekunde die Familienangehörigen zugunsten eines Außenstehenden enterbt hat? Stehen diese rechtlos da? "Will der Erbschleicher beispielsweise Immobilien umschreiben oder aufgrund eines handschriftlichen Testamentes an die Bankkonten des Verstorbenen gelangt, benötigt er einen Erbschein. Im amtlichen Erbscheinsverfahren bringen die Erblasser Einwendungen gegen die Erbenstellung vor. Derjenige, dem die Beseitigung der testamentarischen Verfügungen unmittelbar zugutekommt, erklärt die Testamentsanfechtung - das sind meistens die gesetzlichen Erben oder Familienmitglieder", erläutert Rechtsanwalt Chrisitan- H. Röhlke.

Zum Beispiel wird argumentiert:

- Dass der Erblasser bei Neufassung des Testamentes nicht mehr testierfähigen war, üblicherweise bei fortgeschrittener Demenz. Die Nachweise sind manchmal schwierig zu erbringen, eine Bezugnahme auf ärztliche Diagnosen ist vor Gericht hilfreich.
- Dass der neu eingesetzte Erbe den Erblasser getäuscht oder bedroht hat, ein neues Testament aufzusetzen und bisherige Testamente aufzuheben, bestehende Testamente verfälscht hat oder unterdrückt hat. In solchen Fällen wird eine Erbunwürdigkeit des Erbschleichers festgestellt.
- Auch Formfehler kommen vor. Da der Erbschleicher heimlich vorgehen wird, wird das geänderte Testament wahrscheinlich ein privatschriftliches sein und nicht ein solches, das von einem Notar beurkundet wurde. Handschriftliche Testamente sind von vorn bis hinten handschriftlich geschrieben. Die schlichte Unterschrift unter einem maschinenschriftlichen Text reicht nicht aus.
- Einen gesetzlichen Unwirksamkeitsgrund enthält das Heimgesetz. Testamente sind unwirksam, wenn Kranken oder Pflegeheime oder deren Mitarbeiter bedacht werden und sie hiervon Kenntnis haben.

Fazit: "Sterben und Erben bringt viel Kummer" - Deutsches Sprichwort.

Der übergangene Erbe ist nicht rechtlos. Der Willen des Erblassers ist zu respektieren, in jedem Falle ist zunächst eine Auslegung des Testamentes vorzunehmen, um den Willen zu erforschen und bestmöglich umzusetzen. Wurde der Wille des Erblassers unzulässig manipuliert, werden Gegenmaßnahmen erforderlich. Um angemessen zu reagieren, ist eine ordnungsgemäße Sachverhaltsaufklärung und anwaltliche Begleitung unabdingbar.
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