Skandal: Ausländerbehörde Berlin ignoriert Urteil
01.07.2025 / ID: 430046
Politik, Recht & Gesellschaft

Die Berliner Ausländerbehörde (Landesamt für Einwanderung, LEA) hält trotz eines rechtskräftigen Urteils des Verwaltungsgerichts Berlin an einer Praxis fest, die das Gericht für unzulässig erklärt hat. Der Fall weist Ähnlichkeiten zur rechtswidrigen Zurückweisung von Asylbewerbern an der polnischen Grenze auf (siehe Pressemitteilung Nr. 32/2025 des VG Berlin vom 02.06.2025).
Was war passiert?
Am 14. Mai 2025 entschied das Verwaltungsgericht Berlin (Az. 29 K 122/24), dass ausländische Fachkräfte ihre Blaue Karte EU behalten dürfen, wenn sie die Niederlassungserlaubnis erhalten (siehe hierzu unseren Blogbeitrag vom 21. Mai 2025). Bis dahin hatte die Ausländerbehörde Berlin die Blaue Karte eingezogen, sobald eine Niederlassungserlaubnis erteilt wurde. Das Urteil hatte für viele ausländische Fachkräfte eine erhebliche Relevanz, da die Blaue Karte EU bestimmte Aufenthaltsrechte gewährt, welche die Niederlassungserlaubnis nicht beinhaltet. Gegen den Einzug der Blauen Karte EU durch die Ausländerbehörde hatte deshalb eine ausländische Fachkraft geklagt. Die klagende Fachkraft setzte sich erfolgreich zur Wehr: Das Verwaltungsgericht Berlin stellte ausdrücklich fest, dass beide Titel gleichzeitig bestehen können und der Widerruf der Blauen Karte EU deshalb rechtswidrig wäre.
Wie reagiert die Behörde?
Die Ausländerbehörde Berlin hat aber offenbar nicht vor, das Urteil auch umzusetzen. Statt ihre Praxis anzupassen, überarbeitete die Ausländerbehörde am 18. Juni 2025 lediglich seine internen "Verwaltungshinweise zum Aufenthalt in Berlin (VAB)" - und führt dort die beanstandete Regel weiterhin auf. Demnach gilt für Inhaberinnen und Inhaber einer Niederlassungserlaubnis die Blaue Karte als "erledigt" und darf nicht verlängert werden. Den Sachbearbeitern der Berliner Ausländerbehörde wurde also intern die Weisung gegeben, die Blaue Karte EU auch weiterhin einzuziehen, obwohl das Verwaltungsgericht Berlin die Rechtswidrigkeit der Einziehung festgestellt hat.
Wer ist betroffen?
Nach Statistiken des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) hatten Anfang 2024 rund 76.765 Fachkräfte und "ehemalige" Inhaber einer Blauen Karte in Deutschland zunächst eine Blaue Karte erhalten und anschließend eine Niederlassungserlaubnis. Würde das (rechtswidrige) Modell der Berliner Ausländerbehörde bundesweit Schule machen, verlören alle 76.765 Fachkräfte ihre Blaue Karte EU und damit wichtige Rechte - insbesondere die EU-weite Mobilität, welche die Blaue Karte garantiert. Die deutsche Niederlassungserlaubnis wird nämlich (im Gegensatz zur europäischen Blauen Karte) von anderen EU-Staaten nicht anerkannt.
Ein besorgniserregender Trend
Der Fall reiht sich in eine Serie von Entscheidungen deutscher Migrationsbehörden ein, die gerichtliche Vorgaben missachten. Erst am 2. Juni 2025 untersagte das Verwaltungsgericht Berlin (VG 6 L 191/25) die pauschale Zurückweisung von Asylsuchenden an der polnischen Grenze - doch auch hier blieb eine Kurskorrektur durch die Migrationsverwaltung bisher aus. Ganz im Gegenteil führte Alexander Dobrindt (Bundesminister des Innern) lediglich aus, dass es sich bei dem Urteil um eine "Einzelfallentscheidung" ohne allgemeingültige Wirkung handeln würde.
Fazit
Erneut stellt sich die Migrationsverwaltung über das Gesetz und missachtet die Gewaltenteilung. Das Ignorieren höchstrichterlicher Urteile gefährdet die Rechtssicherheit für zehntausende Fachkräfte und wirft Fragen zur Rechtsstaatlichkeit der Migrationsverwaltung auf. Das Vorgehen erinnert an den bedenklichen Trend in den USA, wo beispielsweise Ausländer trotz entgegenstehendem Urteil mit fragwürdiger Verwaltungspraxis abgeschoben werden. Im Gegensatz zu den vorherigen Fällen und Parallelfällen in den USA ist vorliegend allerdings eine ausländische Fachkraft betroffen. Mit diesen Methoden wird Deutschland den Fachkräftemangel wohl nicht lösen.
Weiterführende Informationen
Weitere Informationen können dem LinkedIn Beitrag von Dr. Sebastian Klaus vom 26.06.2025 entnommen werden. Hintergründe zu dem Urteil können Sie auch unserem Kanzleiblog entnehmen.
Disclaimer: Unsere Kanzlei war an dem beschriebenen Rechtsstreit nicht beteiligt.
(Die Bildrechte liegen bei dem Verfasser der Mitteilung.)
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