Sieben Schlösser und Hameln überraschen
21.06.2011
Tourismus & Reisen
Königlich speisen, fürstlich genießen, sich fühlen wie ein König: Dafür muss man weder edlen Geblütes sein noch weit reisen: Im magischen Schlösserdreieck zwischen Bückeburg im Norden, Pattensen im Osten und Höxter im Süden befinden sich im Umkreis von 50 Kilometern sieben wahrhaft erhabene Schlösser - mit Kultur, Geschichte und einem breit gefächerten Veranstaltungsprogramm. Zwar ist auch jedes Schloss für sich eine Reise wert, aber wer Adel, Historie, Baukunst, Gartenarchitektur, moderne Museumspädagogik, alte Legenden, traurige, romantische und fantastische Geschichten aus den letzten nahezu zweitausend Jahren mit eigenen Augen erschauen, mit gespitzten Ohren erhören und allen Sinne erfassen will, der sollte sich auf die Reise begeben zu all jenen zu Stein gewordenen Zeugnissen von Morden, Intrigen, höfischem Leben, von Aufstieg und Fall adliger Geschlechter, von Freud und Leid von Prinzessinnen, Fürsten, Königen und ihren Geliebten. Tief verschlossen in alten Mauern und Bibliotheken sind sie aufbewahrt und aufgeschrieben - die Geheimnisse längst vergangener Zeiten, die gute Geister von heute einer breiten Öffentlichkeit aufbereitet und zugänglich gemacht und dazu ein attraktives Rahmenprogramm an Veranstaltungen, Ausstellungen und Living-History-Konzepten geschaffen haben.
Schloss Bückeburg & Landpartie
Beginnen wir diese spannende Reise auf Schloss Bückeburg - dem schmucken Ba-rock/Renaissance-Bau derer zu Schaumburg-Lippe. Wer einmal hier war, wird von da an wohl öfter kommen: Zu einer der informativen Führungen durch den beeindruckenden Großen Festsaal, die überreich geschmückte Schlosskapelle oder die im Goldenen Saal enthaltenen Meisterwerke der Schnitzkunst oder zum Lustwandeln im wunderschönen 80 Hektar großen und weitläufigen Barockgarten. Aber spätestens alle Jahre wieder geht es zur fulminanten "Landpartie", die jährlich an Fronleichnam, in diesem Jahr also von Donnerstag, dem 23. Juni bis Sonntag, 26. Juni 2011 alle jene anziehen wird, die sich als Kenner und Genießer rund um das feudale Landleben verstehen. Hier gibt es Ambiente für Haus & Garten, um das sich einer wertvollen Perlenkette gleich ein abwechslungsreiches Rahmenprogramm aus Musik, Mode, Jagd und Show reiht. Doch auch in lauen Sommernächten versprüht Schloss Bückeburg seinen Charme - so etwa beim "Feuerzauber", wo um jeweils einen musikalischen Mittelpunkt (2. Juli 2011: "Carmina Burana", 9. Juli 2011: "Star Wars", 30. Juli 2011: "Last Night of The Proms") ein abwechslungsreiches Programm für die ganze Familie für Spaß und beste Laune sorgt. Wer kann, sollte auch immer eine Übernachtung einplanen, denn es gibt noch mehr zu sehen: Auch das größte private Mausoleum gehört zum Schloss, dessen einzigartige Farbenpracht der Mosaike und vergoldete Kuppel müssen, ja wollen besichtigt sein. Und wer noch keiner ist, kann hier zum Pferdenarren werden: Die 400 Jahre alten Stallungen beherbergen stattliche Hengste barocker Rassen, die ihr edles Geblüt bei erstklassigen Vorstellungen ihrer Reitkunst unter Beweis stellen.
Schloss Bad Pyrmont & Open Air
Bis zum kulturellen Mittelpunkt des traditionsreichen Badeortes Pyrmont sind es nur 22 Kilometer, das Museum im Schloss Bad Pyrmont geht allerdings bis auf die knapp 2.000 Jahre alte Geschichte der Pyrmonter Quellen zurück und erinnert an berühmte Kurgäste wie Zar Peter der Große, Friedrich der Große, Benjamin Franklin, Königin Luise oder Goethe. Die Mehrzahl der illustren Gästeschar wäre jedoch sicher heute noch dort, hätte man das derzeitige Kulturprogramm schon damals angeboten. Denn der Begriff einer "Kulturinsel" hat sich auch dadurch etabliert, dass die Außenanlagen des Schlosses, bestehend aus der Kombination einer bedeutenden Festungsanlage und ihrer Überbauung durch die barocke Sommerresidenz der Fürsten zu Waldeck und Pyrmont, eine ideale Kulisse abgeben für jede Form von Open-Air-Veranstaltungen: Und die können sich sehen und hören lassen - etwa mit dem "Eingebildeten Kranken" von Molière am 14. Juli 2011, oder einen Tag später, wenn Julia Neigel, Ron Williams & die Lumberjack Big Band zeigen, was die deutsche Soul-Szene zu bieten hat. Auch wenn der Pyrmonter Sommer mit einer Vielzahl von attraktiven Darbietungen andauert, die Reise muss weitergehen... zum
Schloss Hämelschenburg & die Idylle
Hier ist die Gastfreundschaft zu Hause! Schon seit über 400 Jahren ist Schloss Hämelschenburg eine der ersten Adressen für Gäste aus aller Welt. Waren es früher - wie es bereits die steinerne Jakobsmuschel am Schlossportal andeutet -Landadelige und Pilger, die hier einkehrten und sich an den Festlichkeiten in Schloss und Garten erfreuten, so sind es heute vor allem Kulturinteressierte und Familien. Denn die Renaissanceanlage mit ihren Wirtschaftsgebäuden, Gartenanlagen, der ehemaligen Mühle und der Kirche ist vollständig erhalten und sehr reizvoll. Das Schloss gilt als Hauptwerk der Weserrenaissance. Das Rittergut befindet sich seit 1437 im Besitz der welfischen Landadelsfamilie von Klencke und wird seitdem nachhaltig bewirtschaftet. In den Führungen durch das Schlossmuseum wird deshalb die Weserrenaissance erläutert und die Geschichte des Rittergutes durch die authentische Einrichtung lebendig gemacht. Vom ehemaligen Wirtschaftshof, heute mit Biergarten und einem stilvoll eingerichteten Café, genießt man den Blick auf die imposante Südfassade des Schlosses. Ein kleiner Spaziergang hinter den hohen Mauern des zauberhaften Minnegartens führt durch den großzügigen Park zur alten Mühle, wo die Holzmanufaktur Rischmade, eine Seifensiederin und eine Kunstmalerin ein idyllisches Zuhause gefunden haben. Auch auf dem Rittergut befindet sich das Trakehner-Gestüt Langels.
Schloss Corvey & viel Wissen, großes Programm
Nach all der Erholung fallen die 40 Kilometer entlang der Weser Richtung Höxter leicht, und gestärkt kann man sich in die weitläufige Geschichte und Bauten von Schloss Corvey begeben. Auch dieses gut erhaltene Schloss und die ehemalige Abtei liegen inmitten von großzügigen Park- und Gartenanlagen mit altem Baumbestand, unmittelbar am Weser-Radweg. Direkt am Eingang zum Baudenkmal lockt die Schlossgastronomie mit sonnigem Biergarten, aber zuerst wird auf dem angrenzenden Friedhof dem Grab des Dichters der Deutschen Nationalhymne, Hoffmann von Fallersleben, ein Besuch abgestattet, dann der Fürstlichen Bibliothek, die von dem Dichter und Germanisten betreut wurde und mit 75.000 Bänden eine der größten Privatbibliotheken darstellt. Neben barocker Abteikirche und Kaisersaal ist das karolingische Westwerk absolutes Highlight: Aufgrund dieses im 9. Jahrhundert erbauten Denkmals bewirbt sich Corvey um den Welterbestatus der UNESCO. Es lohnt sich in jedem Fall, vor dem Besuch des Schlosses und des Museums rechtzeitig einen Blick in den umfangreichen Veranstaltungskalender zu werfen und einen Besuch darauf abzustimmen: Sonst verpassen noch die lieben Kleinen Marko Simsas "Vier Jahreszeiten" von Vivaldi und die Großen die "57. Corveyer Musikwochen" - die vom 8. Mai bis zum 19. Juni 2011 mit herausragenden Orchestern, Interpreten und Solisten den prächtigen Kaisersaal und die Abteikirche zum Klingen bringen werden. Aufmerksamkeit verdienen auch die vielfältigen Ausstellungen, klassische und Jazz-Konzerte, Lesungen, Tagungen und so viel mehr: In der bundesweiten Ausstellungstournee "1.000 Jahre Wissen - die Rekonstruktion der Bibliothek der Reichsabtei Corvey" werden vom 4. Juni bis zum 30. August 2011 die Buchbestände der ehemaligen Reichsabtei Corvey, die im Zuge der Säkularisation vor 200 Jahren zerstreut wurde, erstmals in der Schau wieder zusammengeführt - ganz modern digitalisiert und in ausgewählten Originalen.
Schloss Fürstenberg & feines Porzellan
Könnte man sich je ein "Tischlein-deck-dich" wünschen, so bleibt zu hoffen, dass die guten Geister - edle Tischkultur und gutes Porzellan schätzend - sich aus Schloss Fürstenberg bedie-nen: Hier wird hohe Tischkultur in edelstem Porzellan zelebriert, so dass das Auge auch schon ohne aufgetragene Speisen gerne mitisst - und Appetit macht auf mehr: Auf die Geschichte des schmucken Weserrenaissance-Schlosses etwa, das über 200 Jahre der im Jahre 1747 gegründeten Porzellanmanufaktur Fürstenberg als Produktionsstätte diente. Hergestellt wird das edle Geschirr für feine Tafelfreuden heute immer noch innerhalb der Schlossanlage, dortselbst kann man es auch an Sonn- und Feiertagen auch käuflich erwerben. Das ehemalige Jagdschloss selbst beherbergt eben jenes wunderschöne Porzellanmuseum, das viel von den ehemals guten Zeiten in ebensolchen Kreisen erzählen kann. Angereichert wird der Olymp des "weißen Goldes der Weser" von wechselnden Sonderausstellungen, auch spezielle Techniken werden hier vorgeführt und selbst die hohe Kunst der Porzellanmalerei kann hier in mehrtägigen Seminaren erlernt werden. Eine Reihe von kleinen, feinen Veranstaltungen machen das Kulturangebot komplett - so das Barock-Konzert "Academia per Musica", das im Rahmen der Internationalen Händel-Festspiele Göttingen am 9. Juni 2011 im Museum stattfindet. Wie wäre es mit einem Päuschen? Im Restaurant und Café Lottine serviert man selbstverständlich auf Fürstenberg-Porzellan - denn auch hier gilt wie für alle sieben Schlösser: "Noblesse oblige" - Adel verpflichtet!
Weserrenaissance Schloss Bevern & die große Erleuchtung
Zum einen gibt es die sachlich-nüchterne Seite von Schloss Bevern: Es wurde zwischen 1603 und 1612 nach den Vorstellungen des Bauherrn, Statius von Münchhausen, als regelmäßige Vierflügelanlage um einen quadratischen Innenhof mit Wassergraben, zwei Brücken und einem Schlossgarten errichtet. Zum anderen existiert das "Erlebnis" Schloss Bevern - die Erlebniswelt Renaissance® und das "NÄCHTLICHE SCHLOSS-erleben" - so einzigartig, so spannend und unvergesslich wie das schöne Bauwerk selbst. Der Bauherr, tragischer Held von Schloss Bevern, erzählt inmitten der dicken Mauern in einer multimedialen Ausstellung seine bewegte Lebensgeschichte vom Wechselspiel zwischen Geld und Macht. Des Nachts verwandeln sich die reichornamentierten Schlossmauern zur lichterfüllten Kulisse, in der Statius wie auch der ihn ablösende Schlossherr Ferdinand Albrecht I. von Braunschweig-Lüneburg zu Bevern in bewegten Bildern und beschwörenden Worten lebendig werden. Zwischen Belagerung, Hinrichtung, Kuriositätenkabinett, Tod und Geburt präsentiert Ferdinand Albrecht I. voller Stolz die besten Stücke seiner Sammlung. Über den Umbau des einst stolzen Schlosses zur "Korrektionsanstalt" im 19. Jahrhundert mit Brandstiftung und Meuterei der Insassen, als Erziehungsstift, Kaserne, Flüchtlingsunterkunft und Möbellager schließt sich der Bogen zur heutigen Zeit. In der sind die Musen in die alten Mauern zurückgekehrt und mit ihnen Theater, Gaumenfreuden und die schönen Künste.
Schloss Marienburg & die wahre Liebe
In Schloss Marienburg ist die wahre Liebe zuhause. Hier, 135 Meter über dem Meeresspiegel, lebt sie verborgen und nahezu unberührt in zahlreichen Türmchen und Zinnen, in königlichen Gemächern, in Küchen und Kellern dieses einzigartigen neugotischen Bauwerkes. Und wiewohl dieses Schloss ist wie im Märchen - die Liebe, die dort wohnt, ist eine wahre Geschichte: die zwischen Königin Marie und Georg V., dem letzten König von Hannover. Denn als Zeichen seiner Liebe schenkte König Georg V. 1857 den Marienberg nebst zu errichtendem Schloss seiner Gemahlin, Königin Marie, zu ihrem 39. Geburtstag. So sind auch heute noch überall in der authentisch erhaltenen Sommerresidenz die kleinen Zeichen einer großen Liebe aufzuspüren und zu betrachten - auch wenn die beiden Liebenden aufgrund des politischen Wandels nicht lange ihr gemeinsames Glück auf dem Marienberg genießen konnten... Erst heute, mit dem Übergang des Schlosses in den Besitz des Ur-Ur-Urenkels von Königin Marie und König Georg V., S.K.H. Erbprinz Ernst August von Hannover, Herzog zu Braunschweig und Lüneburg, erwachte erstmals auch ein umfangreiches kulturelles Leben auf dem Schloss: Neben informativen Führungen durch die königlichen Gemächer und Zimmerfluchten macht ein sorgfältig zusammengestelltes Programm mit einer Vielzahl fröhlicher und musikalischer Ereignisse Schloss Marienburg einmal mehr zu dem, was sich Königin Marie schon immer davon erträumte: Ein Monument der Liebe, ein kultureller Mittelpunkt für Musik und Kunst - ein Gesamtkunstwerk an sich!
Hameln & der Rattenfänger
In der Rattenfängerstadt Hameln schlägt das Herz des magischen Schlösserdreiecks. Zweimal in längst vergangenen Zeiten schlug hier auch kurz das Herz des mysteriösen Rattenfängers, der die Stadt mit seiner leidvollen Geschichte in aller Welt und wohl für alle Zeiten bekannt machte: Zuerst befreite er Hamelns Bürger von einer Rattenplage, dann aber ließ er aus Rache für nicht erhaltenen Lohn die Kinder der Stadt seinem betörenden Flötenspiel folgen und auf Nimmerwiedersehen verschwinden. Die Geheimnis umwitterte Stadt wäre aber auch ohne den rätselhaften Fremden und das düstere Geschehen einen Besuch wert. Als an der Weser gelegener, verkehrsgünstiger Handelsplatz gelangten die Hamelner Bürger im 17. Jahrhundert zu ersprießlichem Wohlstand, der sich auch in den reich und prachtvoll verzierten Häusern widerspiegelte, den die betuchten Kaufleute für sich und ihre Familien errichten ließen. Die zu einem Gesamt-Baudenkmal sanierte Altstadt von Hameln ist heute mit dem Rattenfängerhaus von 1602, dem Dempterhaus von 1607 sowie dem Leisthaus von 1589 geradezu ein Juwel der Weserrenaissance. Und sein untrennbar mit ihm verbundenes Markenzeichen, der Rattenfänger, wurde mithin zum Leitmotiv für die ganze Stadt. Mit spannenden Führungen, dem Musical "Rats", dem sonntäglichen Rattenfänger-Freilichtspiel sowie einer Vielzahl von Veranstaltungen für die ganze Familie ist sie lebhafter Mittel- und Ausgangspunkt einer aufregenden Stadttour und der Besichtigungen von allen sieben Schlössern.
Fazit
Ja, so haben sie gelebt - unsere Vorfahren und ihre Fürsten oder gar Könige. Ein wenig haben wir den Vorhang gelupft und Einblick erhalten in das höfische Leben der Bürger, Bauern und Händler, der Kaufleute und Honoratioren der Städte: Freud und Leid, Aufstieg und Fall lagen auch früher im Leben der Menschen nah beieinander. Die authentische Einrichtung des einen oder anderen Schlosses hat wie die Bauwerke selbst Jahrhunderte überlebt und kann besser als jedes Geschichtsbuch die Vergangenheit wieder aufleben und Geschichte lebendig werden las-sen. Umso mehr darf man sich auf das eigene Zuhause freuen und wird feststellen: "My home is my castle!"
Kontakt: Bianca Steglich
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