Die weltweite Biodiversitätskrise gefährdet unsere Existenzgrundlagen
22.05.2020
Umwelt & Energie
(Frankfurt, 22. Mai 2020) In drastischen Worten beschreiben die Wissenschaftler der Akademie der Wissenschaften Leopoldina e. V., der ältesten naturforschende Akademie der Welt, in ihrem heute veröffentlichten Bericht den Zustand der Erde. Gleichzeitig rufen sie zu einer fundamentalen Transformation auf. "Die Dramatik der Weckrufe, die aus der Wissenschaft zum Zustand unserer Erde kommen, lässt sich nicht mehr steigern", kommentiert Dr. Christof Schenck, Geschäftsführer der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt (ZGF) den Bericht der renommierten Leopoldina. "Niemand kann mehr sagen, wir haben es nicht gewusst. Jetzt geht es ums Handeln."
Warum verlieren wir so schnell und so viel biologische Vielfalt? Die Leopoldina-Wissenschaftler sehen u.a. die Intensivierung der Landnutzung, den hohen Fleischkonsum und den Klimawandel als Ursachen. Mit einem 10-Punkte-Plan richten sie sich an Politiker aber auch an uns Bürger. Neben der fundamentalen Neuausrichtung der Agrar- und Fischereipolitik legen sie einen Schwerpunkt auf die Schutzgebiete, eine Forderung, die die ZGF sehr deutlich unterstreicht:
"Um einen Großteil der Biodiversität zu erhalten, sollten mindestens 30, besser 50 Prozent der eisfreien Landflächen unter Schutz gestellt werden", sagt Dr. Christof Schenck. Das würde eine Verdopplung bzw. Verdreifachung der bisherigen Schutzgebiete bedeuten. Aufgrund des hohen ökologischen Fußabdrucks der EU und auch Deutschlands müsse genau von diesen Ländern aus eine massive finanzielle Unterstützung der Schutzgebiete in der artenreichen Tropenzone erfolgen. Als besonders bedeutsam sieht Schenck die geforderte "Biodiversitätsallianz für Afrika" an. Die dortigen Schutzgebiete sollen mit einer Grundfinanzierung von etwa vier Milliarden Euro gesichert werden. Mehrere Milliarden sollen in einen "Legacy Landscapes" genannten Schutzgebietsfonds fließen, der nach einem Stiftungsmodell und in Zusammenarbeit mit den NGOs die dauerhafte Sicherung der wichtigsten Gebiete gewährleisten soll.
Die ZGF fühlt sich durch den Bericht der Leopoldina in ihrer Arbeit bestätigt. Sie konzentriert sich auf die Erhaltung von biodiversitätsreichen Wildnisregionen und arbeitet seit mehreren Jahren an dem "Legacy Landscapes"-Ansatz. Dieser neuartige Stiftungsfonds wird derzeit von der KfW-Entwicklungsbank und dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit BMZ entwickelt, mit Unterstützung u.a. der Weltnaturschutzorganisation IUCN, der UNESCO, des WWF, African Parks, der Wildlife Conservation Society und der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt.
Große Stiftungen aus den USA haben bereits Unterstützung zugesagt. Deutsche private Geber oder Unternehmen sind bisher nicht dabei. "Es wird Zeit, dass auch in Deutschland private Geber die Zeichen der Zeit erkennen", sagt Christof Schenck, denn nach diesem Bericht der Leopoldina könne sich niemand mehr der Verantwortung entziehen.
Hintergrund:
Die Leopoldina-Autoren beziehen sich unter anderem auf den Bericht des Weltbiodiversitätsrat IPBES, der vor einem Jahr veröffentlicht wurde und der beschreibt, welche ungeahnten Konsequenzen der Verlust ganzer Lebensräume mit sich bringt. Der Waldverlust liegt bei fast 50.000 Quadratkilometern pro Jahr, mehr als die doppelte Fläche Hessens, und betrifft 50 bis 90 Prozent aller landlebenden Organismen. Rund eine Million Tier- und Pflanzenarten gelten als vom Aussterben bedroht, die Biomasse der Wildtiere hat in gut 100 Jahren um 82 Prozent und ihre Verbreitung um 50 Prozent abgenommen. Bei den Insekten beträgt der Rückgang 30 bis 40 Prozent in den letzten 35 Jahren. Damit werden die Nahrungsversorgung, die Klimastabilität, das Trinkwasser und weitere für uns Menschen unentbehrliche Leistungen der Natur massiv und dauerhaft gefährdet.
Bildquelle: ©Daniel Rosengren/ZGF
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Zoologische Gesellschaft Frankfurt e. V.
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