Fortschritte, aber noch ein großer Nachholbedarf
06.12.2012
Umwelt & Energie
Weitnau/Castlebar (jm).
Angesichts steigender Energiepreise wird auch in Irland das Thema energieeffizientes Bauen immer wichtiger. Aber es gibt dort noch mehr zu tun als in Deutschland. So lautet das Fazit des Herz & Lang-Teams nach einer viertägigen Exkursion in Irland. Auf dem Programm der Passivhaus-Spezialisten aus Weitnau stand unter anderem eine Führung durch den Neubau für Ingenieurwesen der Universität Galway. Zudem konnten die Gäste aus dem Allgäu ein Passivhaus unweit von Castlebar im Nordwesten Irlands besichtigen.
Die Mitarbeiter von Herz & Lang zeigten sich nicht nur von der Gastfreundschaft, sondern auch von den Fortschritten der Iren auf dem Gebiet des energieeffizienten Bauens beeindruckt, "auch wenn es noch einen großen Nachholbedarf gibt", wie Florian Lang, einer der beiden Geschäftsführer des Planungsbüros für energieeffizientes Bauen, am Ende der Reise feststellte. Das Programm der Exkursion zusammengestellt hatte Stephen Quinn, der aus Castlebar stammt und seit zwei Jahren für Herz & Lang als Passivhausplaner arbeitet. Er habe in dieser Zeit "ganz neue Einblicke und Erfahrungen gewonnen hat", stellt Quinn fest, der deutlich niedrigere Baustandards von zu Hause gewohnt war. "Deutschland ist auf diesem Gebiet einfach um einiges weiter."
Für die Führung durch den Neubau der Universität von Galway konnte Stephen Quinn den zuständigen Architekten Eamon McCarney von Taylor Architects gewinnen. Das 42 Millionen Euro teure Gebäude, in dem 1200 Studenten beste Arbeitsbedingungen vorfinden, besticht nicht nur durch seine preisgekrönte Architektur, sondern setzt auch aufgrund seiner Energieeffizienz Maßstäbe im irischen Bauwesen. Der Gesamtwärmebedarf des Gebäudes ist bei 60 Prozent größerer Nutzfläche um 40 Prozent niedriger im Vergleich zu den dadurch ersetzten Altbauten, erklärte Eamon McCarney den Herz & Lang-Mitarbeitern.
Beim Rundgang durch das Gebäude interessierten sich die Passivhausexperten aus dem Allgäu für die aufwändige Heiztechnik bestehend aus Gas- und Pelletskessel für die Wärmeerzeugung und einem Blockheizkraftwerk, das
Strom und Wärme erzeugt, aber auch für die Doppelglasfassaden mit integriertem Sonnenschutz und Luftkühlung auf der Südseite,
die insbesondere bei starker Sonneneinstrahlung vor Überhitzung schützen. "Eine interessante Lösung", findet Dieter Herz. Und eine gute Idee sei es auch, den Studenten auf Monitoren in der großen Aula die aktuellen Verbrauchswerte anzuzeigen, fügte Herz bei der Besichtigung hinzu. "Wir wollen die angehenden Ingenieure und Architekten für das Thema Energieeffizienz sensibilisieren", betonte Eamon McCarney.
Tags darauf steuerte der Herz & Lang-Bus ein Passivhaus nahe von Castlebar an. Dort konnten sich die Mitarbeiter einen Eindruck von der Passivhausbauweise irischer Prägung verschaffen und stellten teilweise gravierende Unterschiede zur deutschen Bauausführung fest, insbesondere was den Außenwandaufbau betrifft. So wurde die elf Zentimeter dicke Polyurethan-Dämmung nicht - wie es in Deutschland üblich wäre - an der Außenwand angebracht, sondern steckt zwischen zwei Betonsteinwänden. Die Innenwand wurde zusätzlich noch mit fünf Zentimeter starken Polyurethan-Platten gedämmt. Ein durchaus übliches Verfahren in Irland, erläutert der für das Haus verantwortliche Architekt Daniel T. Moran.
Paul und Magreth Coffey, die Hausherren, sind begeistert vom Wohnklima in ihrem neuen Heim, an dem sie zehn Jahre lang getüftelt hatten, bis es endlich so weit war. Moran schätzt, dass es in Irland mit seinen nur 4,5 Millionen Einwohnern, immerhin 200 Passivhäuser gibt - Tendenz steigend. "Die Preise für Öl und Gas sind in den vergangenen fünf Jahren um 100 Prozent gestiegen", so Moran. "Auch in Irland wollen mehr und mehr unabhängig werden von der Preisspirale."
Einen äußerst herzlichen Empfang bereitete Brendan Heneghan, der Bürgermeister von Castlebar, den Gästen aus Weitnau. Stilecht begrüßte er die Experten aus Deutschland zusammen mit seinen Stadträten in einem Pub. Heneghan, wies auf die Bedeutung des internationalen Erfahrungsaustauschs auch im Bausektor hin und bezeichnete Stephen Quinn als "Botschafter für energieeffizientes Bauen".
Herz & Lang-Geschäftsführer Florian Lang sprach nach der Rückkehr von "einer absolut lohnende Exkursion, mit interessanten fachlichen Einblicken, aber auch tollen menschlichen Begegnungen." Als nächstes ist ein Besuch in Frankreich geplant, wo Herz & Lang-Mitarbeiter Raphael Vibert seine Kollegen über die Baustandards in seinem Heimatland aufklären will.
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