"Die Zukunft gehört denen, die der nachfolgenden Generation Hoffnung geben"
30.05.2011
Unternehmen, Wirtschaft & Finanzen
(Ulm) - Zum elften Mal lud die Ingenics AG zu den Ulmer Gesprächen ins Stadthaus am Münsterplatz ein. Vorstand Oliver Herkommer konnte mit weit mehr als 200 Führungskräften aus der Wirtschaft einen neuen Teilnehmerrekord vermelden - die meisten Ingenics Mitarbeiter mussten auf die Galerie ausweichen. Auch andere Zahlen waren beeindruckend. "2010 war unser erfolgreichstes Jahr, in zehn Jahren wurde der Umsatz verfünffacht, für dieses und die kommenden Jahre planen wir ein Wachstum von jeweils bis zu 15 Prozent", so Oliver Herkommer. 100 weitere Ingenieure sollen eingestellt werden - sofern es entsprechend qualifizierte Bewerber gibt.
Für Mutmacher und Hoffnungsträger
Damit war der Bogen zum Top-Thema geschlagen: Der demographische Wandel und seine Bedeutung für Gesellschaft und Wirtschaft. "Dieses Schlüsselthema unserer Gesellschaft findet aber in der Politik überhaupt nicht statt", beklagte der Fernsehmoderator, Theologe, Philosoph und Bestsellerautor Peter Hahne in seinem Gastvortrag. Werteverlust, Bildungsnotstand und die demographische Entwicklung führten uns auf einen Weg, der dringendes Gegensteuern erfordere. "Wenn die ideellen Werte verfallen, geht es auch an die materiellen Werte", so Hahne. Auf schnelle Gewinne fixierte austauschbare Manager und schamlose Geldmarktspekulanten seien Beispiele für die Entwicklung, die geradewegs in die schlimmste Krise, die allgemeine Vertrauenskrise führe. "Wenn wir uns nicht auf Ehrlichkeit und Wahrhaftigkeit verlassen können, verabschieden wir uns in die innere Emigration", so Hahne. "Wir brauchen alle klare Ziele, Mitarbeiter müssen wissen, wofür die Führungskräfte stehen, welche Konzepte, Visionen und Strategien sie haben." Eine Zuschauerdemokratie und Politiker, die nur der jeweils aktuellen Stimmung im Volk hinterherlaufen, dagegen nicht. So gebe es keine Rechtfertigung dafür, das Thema "Demographische Entwicklung" zu tabuisieren: "Wir wissen, was in 30 Jahren sein wird, wir können die Entwicklung schwerlich aufhalten, aber wir haben die Chance, die Auswirkungen zu steuern." Das Drittel der Schulabgänger, die gar nicht ausbildungsfähig seien, zeige die Misere, gleichzeitig aber auch ein Potenzial. Dass Ingenics die Demographische Entwicklung zum Thema der Ulmer Gespräche gemacht hat, begeistert Hahne geradezu. "Machen Sie nach diesem Tag keinen Punkt, sondern einen Doppelpunkt, nehmen Sie etwas mit", appellierte er an die Besucher. Vorbild sein, Perspektiven bieten und nicht zuletzt die "Abwanderung der Besten" verhindern seien wichtige Ansätze. "Wir brauchen Mutmacher und Hoffnungsträger, nicht Miesmacher und Bedenkenträger, die Zukunft gehört denen, die der nachfolgenden Generation Hoffnung geben."
Wir wissen, wo es hingeht, wir können noch reagieren
Die Frage, wie wir die Zukunft mit den Menschen bewältigen, die uns zur Verfügung stehen - jedes Jahr erreichen 500.000 Menschen das 65. Lebensjahr, mit weniger Arbeitskräften soll mehr als heute produziert werden - war auch Gegenstand von Jörg Herkommers Vortrag zum "Demographischen Wandel in Unternehmen". Selbstverständlich hat der Ingenics Vorstand konkrete Handlungsvorschläge. "Bis 2020 werden wir 1,6 Millionen Erwerbstätige verlieren. Vor allem für weniger attraktive Unternehmen im ländlichen Raum wird es schwierig, ausscheidende Mitarbeiter zu ersetzen", sagt Jörg Herkommer - und greift einen entscheidenden Satz seines Vorredners auf: "Wir wissen, wo es hingeht, wir können noch reagieren." Aus der Analyse der Faktoren, die im Zusammenhang mit der demographischen Entwicklung Wettbewerbsfähigkeit und Produktivität bedrohen, hat Ingenics das Ressourcenmodell für die "Operative Excellence" aktualisiert und den Menschen konsequent in den Mittelpunkt des Produktionssystems gestellt. Ergänzt durch die Aspekte "Attraktives Unternehmen" und "Attraktive Region" entsteht so das Ingenics Schalenmodell, das die Handlungsfelder zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und der Produktivität benennt und veranschaulicht.
Den Knaller gibt es nicht, aber eine Vielzahl von effektiven Einzelmaßnahmen
Daraus leitet Ingenics "Vier Bausteine für den Erfolg" ab, die Jörg Herkommer erläutert. Am Anfang der Methode, die in jedem Unternehmen anwendbar ist, steht der "Demographie-Check", der über strukturelle Kennzahlen, spezifische Altersstrukturanalysen, Befragungen von Unternehmensleitung und Belegschaft, belastungsorientierten Tätigkeits- sowie Umgebungsanalysen sämtliche Einflüsse der Entwicklung abbildet. Die Maßnahmen "Menschen befähigen", Produktionssystem weiterentwickeln" und "Unternehmen attraktivieren" sollen Unternehmen dabei helfen, die besten Talente zu gewinnen und zu binden und durch intelligente Maßnahmen die älter werdenden Belegschaften zu motivieren und zu befähigen. "Ein Projektbeispiel zeigt, dass - in dem konkreten Unternehmen - das Durchschnittsalter der Belegschaft bis 2020 von 48,8 auf 55,5 Jahre steigen wird, dementsprechend müssen wir jetzt handeln", sagt Jörg Herkommer. "Aber wo ist die perfekte Lösung, das Angebot, in das ich investiere und ein berechenbares Ergebnis bekomme?" Einen verlässlichen ROI dürfe man hier nicht erwarten: "Den Knaller gibt es nicht, aber eine Vielzahl von effektiven Einzelmaßnahmen." Dann hatten alle Gäste Gelegenheit, an einer kleinen Studie mit kostenloser Auswertung teilzunehmen - was rege genutzt wurde.
Nicht entspannend, sondern erneut aufregend war zum Schluss des offiziellen Programms der Auftritt des als "The Enterbrainer" bekannten mehrfachen Deutschen Meisters der Mentalmagie Andy Häussler. Die gewohnte Mischung aus Information, Austausch und Bewirtung war erneut gelungen - wie auch die rege Teilnahme am "inoffiziellen Teil" der Veranstaltung bestätigte.
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