Situationsbezogen exzellent führen
26.06.2014
Unternehmen, Wirtschaft & Finanzen
Führung ist eine vielschichtige Aufgabe. Die Kombination von Zielen, Aufgaben und beteiligten Mitarbeitern ist - nicht nur im Projektgeschäft - immer wieder neu und individuell. Trotzdem gibt es Situationen, die stets in ähnlicher Form auftreten und auf die man sich vorbereiten kann. "Von der modernen Führungskraft wird eine sensible situationsbezogene Führung erwartet. Neben dem zwischenmenschlichen Aspekt besteht immer ein Zusammenhang aus Umgebung, Abhängigkeit und Befindlichkeit. Deshalb kann es auch die eine Weisheit zur richtigen Führung nicht geben und eine gedankliche Auseinandersetzung mit möglichen Szenarien im Vorfeld ist ratsam", empfiehlt Stefan Häseli (http://www.stefanhaeseli.ch) vom Atelier Coaching & Training (http://www.atelier-ct.ch) . "Es hilft, aus dem eigenen Raster auszuscheren und offen zu sein für neue gedankliche Ansätze." Die Situationen, in denen Führungskräfte richtig handeln und entscheiden sollen, sind vielfältig, wie folgende Fallbeispiele zeigen:
1. Persönliche Vorurteile verhindern Chancen
Für ein Großprojekt mit zusätzlichen Schichten werden einem fünfköpfigen Team für zwei Monate drei weitere Mitarbeiter zugeteilt. Die Namensliste wird dem Teamleiter wenige Tage vor Projektstart übergeben. Zwei der neuen Mitarbeiter kennt der Teamleiter aus früheren Projekten, wobei es mit einem große Disziplinprobleme (sehr unpünktlich) gab. Beim dritte Neuling erwähnt der Vorgesetzte, dass er kein unbeschriebenes Blatt sei, weil er schon in diversen anderen Projekten negativ aufgefallen sei. Jetzt erhält er nochmals eine letzte Chance.
Lösungsansatz: Professionelle Führung verlangt, sich allen Mitarbeitenden gegenüber fair und korrekt zu verhalten. Vorurteilsfrei zu sein, ist die Tugend der Stunde: Es liegt jedoch in der Natur des Menschen, sich aufgrund erster Eindrücke möglichst rasch ein Urteil zu bilden - ein automatisiertes System, das durch Teilinformationen aus zweiter Hand schnell zu Vorurteilen führen kann. Um das zu vermeiden, heißt es zunächst für sich selbst zu klären: Habe ich Vorurteile oder nicht? Danach gilt es, das persönliche Gespräch zu suchen, individuelle Eigenheiten zu akzeptieren und somit in der Zusammenarbeit sowohl jedem Einzelnen als auch dem erweiterten Team eine Chance zu eröffnen.
2. Fehlende Loyalität kurz vor dem Ruhestand
Ein langjähriger Mitarbeiter im Produktionsteam ist 63 Jahre alt. Obwohl zuverlässig und fleißig, "nervt" er durch ständiges Reden von seiner bevorstehenden Pensionierung. Bevorzugt geschieht dies dann, wenn ihm etwas nicht in den Kram passt. Neuerungen boykotiert er meist verbal und gibt dem Vorgesetzten im Beisein der Teamkollegen unverblümt zu verstehen, dass er die Planung für nicht weitsichtig genug halte. Der wesentlich jüngere Vorgesetzte kann dieses Verhalten nicht einfach negieren.
Lösungsansatz: Mag das negative Verhalten auch in der baldigen Beendigung des Arbeitslebens begründet und damit vielleicht durch Ängste vor dem Nicht-mehr-gebraucht-werden ausgelöst werden, ist es nicht zu rechtfertigen. Im persönlichen Gespräch muss klar kommuniziert werden, dass solche Aussagen im Teamverband untragbar sind. Eine ehrliche Anerkennung und Würdigung der bisherigen Arbeit sowie das Einbinden des Mitarbeiters in die nun folgende Lösungssuche bewahrt ihm seine Würde. Die Übertragung einer auf ihn besonders zugeschnittenen Aufgabe kann ein möglicher Weg sein, sich seine Loyalität auch weiterhin zu sichern.
3. Wenn der Kollege zum Chef wird
Das Verhältnis zu den Mitarbeitenden ist sehr kollegial, z. T. kennt man sich schon sehr lange. Ein unkomplizierter Umgang ist dem Teamleiter sehr wichtig, schließlich war er selbst mehrere Jahre Teil dieses Teams. Doch jetzt entsteht das Gefühl, zu sehr "Kollege" zu sein. Das Gespräch mit einem auch privat gut bekannten Mitarbeiter fördert Grenzen dieser Art zutage. Die Arbeitsqualität der normalen Alltagsarbeit lässt zu wünschen übrig. Der Hinweis darauf führt zur Reaktion: "Warum hängst du jetzt plötzlich den Boss raus?" Ähnlich wird "hinten herum" geredet.
Lösungsansatz: Wird ein Kollege Vorgesetzter, freuen sich oft die Mitarbeitenden, endlich einen Chef zu haben, den sie kennen und dem sie vertrauen. Zur Rolle eines Chefs gehört aber mehr. Er muss seinen Mitarbeitern beizeiten deutlich zu verstehen geben, dass er gerne Kollege im kollegialen Rahmen (Pausen, Feierabend) ist, im Geschäft aber in erster Linie dem Unternehmen und seinem Auftrag verpflichtet ist. Im Gespräch mit dem Mitarbeiter sollte gleich am Anfang die Rolle definiert werden: "Ich führe mit dir ein Gespräch als dein Chef". Dann ist es eine Sache der klaren und wertschätzenden Kommunikation, einen gemeinsamen Weg zu finden. Das heißt, aussprechen, dass die Arbeitsqualität nicht genügt, und den Mitarbeiter einbinden: "Was meinst du, könntest du tun..." Klare Vereinbarungen treffen und bei deren Nichteinhalten auf keinen Fall einknicken. Gerade in dieser Konstellation wäre das eine ungünstige Voraussetzung, wenigstens punktuell eine gewisse Distanz zu erreichen.
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