Große Konsumgüterhersteller stehen vor entscheidendem Wendepunkt
09.02.2017
Unternehmen, Wirtschaft & Finanzen
-Global stagnierende Umsätze erhöhen Druck zur Neuausrichtung
-Digitalisierung erfordert stärkere Interaktion mit den Verbrauchern
München (09. Februar 2017) - Der Konsumgüterbranche schlägt weltweit rauer Wind entgegen. Die sinkende Nachfrage und unstetes Verbraucherverhalten sorgen vor allem bei der Top-Riege der Unternehmen für stagnierende Zahlen - trotz tiefgreifender Maßnahmen zur Effizienzsteigerung und verstärkter M&A-Aktivität. Konsumgüterhersteller, die jetzt die Chancen der Digitalisierung nutzen, können auf die Verschiebung der Machtverhältnisse in Richtung der Konsumenten reagieren und gestärkt aus der momentanen Phase der Unsicherheit hervorgehen. Dies sind zentrale Ergebnisse einer Analyse des global tätigen Beratungsunternehmens AlixPartners.
Umsätze und Erfolgsmuster treten auf der Stelle
Die rund 1.000 weltweit größten, börsennotierten Unternehmen der Branche mit Umsätzen von jeweils mehr als 100 Millionen US-Dollar haben zuletzt einen Jahresumsatz von zwei Billionen US-Dollar auf sich vereint. Den Löwenanteil machte dabei das Segment Haushaltsprodukte aus (1,2 Billionen Dollar), gefolgt von Pflegeprodukten (480 Milliarden), (abgepackten) Lebensmitteln (208 Milliarden) und Getränken (202 Milliarden). "Diese beeindruckenden Zahlen dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie seit 2013 stagnieren und auch der Marktanteil der Großunternehmen seit Jahren sinkt", erklärt Matthias Hansch, Director bei AlixPartners. "Ein Signal dafür, dass die traditionellen Säulen, auf denen bisher Wachstum aufgebaut worden ist, ins Wanken geraten sind. Die Erfolgsrezepte der Vergangenheit scheinen immer weniger zu funktionieren." Dazu zählten bislang eine möglichst globale Ausrichtung der Wertschöpfungskette und der Aufbau massentauglicher Marken über klassische Werbekanäle. Vor allem aber vertrauten die Unternehmen auf eine beständig weiter wachsende Nachfrage der Mittelschicht.
Nachfrage flaut ab und Konjunktur trübt sich ein
Jüngst allerdings hat sich die Verbrauchernachfrage vor allem in Nordamerika, Europa und auch den Emerging Markets deutlich abgekühlt. Zudem stellen die abgeschwächten Weltkonjunktur und zunehmend fragmentierten Märkte die Konsumgüterhersteller vor neue Herausforderungen. So ist unter anderem der Marktanteil der zehn größten Unternehmen seit 2008 mit fast 30 Prozent auf knapp 25 Prozent gesunken - trotz deutlich erhöhter M&A-Aktivität am Markt. Ein möglicher Grund: Die Verbraucher sind kritischer geworden und haben hohe Erwartungen an Transparenz, Nachhaltigkeit und Regionalität. Gleichzeitig hat die Digitalisierung der Lebenswelt die Interaktion der Menschen mit Konsumgütermarken und ihr Kaufverhalten in den vergangenen Jahren komplett verändert: Meinungen und Erfahrungen im Zusammenhang mit Unternehmen und Produkten kommunizieren sie mittlerweile überwiegend digital. Die Kunden stellen selbst weltweit einsehbare Beurteilungen an, vergleichen Preise und prüfen Inhaltsstoffe online und mobil. "Die Machtverhältnisse haben sich eindeutig zugunsten des einzelnen Konsumenten verschoben, der sich auch nicht mehr in althergebrachte Segmentierungs-Schubladen pressen lässt", sagt Hansch.
Digitaltechnologie als Chance für Kundenbindung und Wachstum
Für die großen Konsumgüterhersteller bedeutet die aktuelle Lage: "Wer in seine gezielte Weiterentwicklung investiert und dabei auch nicht davor zurückschreckt, Geschäftsmodelle zu überdenken, verschafft sich wichtige Vorteile", so der Branchenexperte Maximilian Coqui, Director bei AlixPartners. "Unumgänglich dabei ist es, digitale Technologie wie eine Art DNA in allen Unternehmensbereichen einzusetzen." So können Strukturen und Abläufe effizienter und flexibler gestaltet sowie Entscheidungsgrundlagen für neue Investments oder aber den Rückzug aus bestimmten Bereichen geschaffen werden. Doch auch die direkte Kommunikation und Rückkoppelung mit den Konsumenten kann gestärkt werden. Maximilian Coqui: "Big Data ist die Währung der Zukunft. Die Qualität und die optimale Nutzung von Daten und Insights werden darüber entscheiden, wie gut sich die Hersteller bei Produkten, Dienstleistungen und auch in ihrer Nachhaltigkeit an den aktuellen Verbraucherbedürfnissen orientieren - und damit langfristig Erfolg haben." Dabei zahle sich - gerade auch im Umfeld der wachsenden Konzentration und des Preiskampfs im Einzelhandel - mehr Mut aus. Denkbar seien etwa ein onlinegestützter Direktvertrieb und andere innovative Ansätze, unumgänglich dagegen noch mehr Transparenz und eine hohe ethische Corporate Governance. Der Verbraucher und der Beitrag zu seiner Lebenswelt müssten im Mittelpunkt stehen. "Wir werden eine deutliche Verschiebung erleben: Weg vom reinen Denken in Warengruppen und der Orientierung an den Bedürfnissen des Handels hin zu einer sehr nachfrage- und kundennutzenbezogenen Betrachtung", prognostiziert Coqui.
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