Zeit einplanen: Unternehmensverkauf im Mittelstand funktioniert nicht zwischen Tür und Angel
08.12.2017
Unternehmen, Wirtschaft & Finanzen
Am Immobilienmarkt können viele Verkäufer heute nicht mehr so schnell gucken, wie ihr Objekt vermarktet ist. Zum Teil werden Häuser und Wohnungen schon während der Besichtigung verkauft. "Diese Erwartungshaltung wird immer wieder auch auf den Unternehmensverkauf übertragen. Aber es gibt einen erheblichen Unterschied zwischen dem Verkauf einer Firma und einer Immobilie. Es ist nicht mit einer Besichtigung und der darauf begründeten Entscheidung für oder gegen den Erwerb getan", sagt Sergio Nicolas Manjon, Gründer und Geschäftsführer der deutschlandweit tätigen M&A-Beratung AVANDIL GMBH aus Düsseldorf, die sich auf die Durchführung von Unternehmensverkäufen im Mittelstand spezialisiert hat.
Er betont, dass ein Unternehmensverkauf ganz eigenen Mechanismen unterliege, die ein Eigentümer bei der Planung der Transaktion einkalkulieren müsse. "Wir sprechen von mehreren Phasen beim Unternehmensverkauf, die nacheinander und aufeinander aufbauend abgearbeitet werden müssen, um eine erfolgreiche Transaktion zu gewährleisten. Und diese Phasen nehmen allesamt Zeit in Anspruch, sodass ein Unternehmensverkauf in der Regel zwischen sechs und zwölf Monate von Beginn der Verkaufsaktivitäten bis zum Abschluss eines Kaufvertrags dauert. Das ist freilich ein Richtwert, aber die Phasen sind fest definiert", weiß Sergio Nicolas Manjon. Auf die Wahl des Transaktionsberaters und der Erstellung einer marktfähigen Unternehmensbewertung folgt die Vorbereitung des Verkaufs: Dazu gehören die Analyse der potenziellen Käufergruppen, die Erstellung einer Verkaufs- und Vermarktungsstrategie, die Festlegung eines Projektplans und die Erstellung einer Verkaufsdokumentation. Dann erarbeiten professionelle Transaktionsberater eine Liste mit den potenziellen Käufern, selektieren und kontaktieren diese vertraulich und führen erste Gespräche mit den Interessenten. "In diesem Prozessschritt stellt sich heraus, wer ernste Kaufabsichten hat. Mit diesen Kaufinteressenten werden Vertraulichkeitsvereinbarungen ausgehandelt, konkrete Verhandlungen geführt und Absichtserklärungen formuliert, die Transaktion strukturiert und der Kaufvertrag entworfen. Zudem führt der angehende Käufer eine Due Diligence-Prüfung durch und prüft dabei rechtlich, steuerlich, kaufmännisch und strategisch das Unternehmen sehr genau", berichtet Manjon aus der Praxis.
Erst dann kommt es zur notariellen Beurkundung und der Übertragung des Unternehmens - wobei die meisten Verkäufer laut dem AVANDIL-Geschäftsführer immer mit einplanen sollten, dass sie in einer Übergangsphase dem neuen Eigentümer zur Seite stehen, um ihn ins Geschäft einzuführen. "Das kann die Dauer natürlich verlängern. Insofern sollte ein Unternehmensverkäufer in jedem Falle eher mehr als weniger Zeit einplanen, bis er wirklich aussteigen kann. Wir empfehlen, etwa zwei Jahre vor dem avisierten Ausstieg mit dem Transaktionsprozess zu beginnen. Damit haben wir gute Erfahrungen gemacht."
Zumal sich ein Verkauf auch unvorhergesehen verlängern könne: "Eine Firma ist ein lebendiges System, das ständigen, dynamischen Veränderungsprozessen unterworfen ist. Somit können während eines Verkaufsprozesses unvorhergesehene Faktoren den Wert beeinflussen. Das kann beispielsweise der Verlust eines Umsatzkunden sein, die ungeplante Investition in Maschinen wegen eines neuen Großauftrag, der Verlust eines wichtigen Know-how-Trägers, ein Lieferantenproblem, wodurch die eigene Produktion beeinträchtigt wird, Rohstoffpreisschwankungen im Markt oder viele weitere Faktoren. Das wiederum hat natürlich Auswirkungen auf den Kaufpreis, was in der Folge die Verhandlungen verlängert."
Manjon weiß dementsprechend, dass zeitlicher Druck nicht unbedingt zu besseren Ergebnissen führt. Wer nicht genügend Zeit für den Unternehmensverkauf eingeplant habe, gerate schnell in die Defensive. Er könne sich vielleicht nicht in den für ihn wichtigen Punkten durchsetzen und müsse harte Zugeständnisse machen, die ihn am Ende nicht zufriedenstellen würden. "Der Unternehmensverkauf wird dann zum Zwang und ist immer mit einem bitteren Beigeschmack verbunden. Das lässt sich aber verhindern. Wer früh mit der Planung für Unternehmensnachfolge und Unternehmensverkauf beginnt, hat viele Vorteile auf seiner Seite. Der Eigentümer kann sich dann in Ruhe mit seinen Zielen und den Perspektiven befassen und den optimalen Nachfolger auswählen", betont Sergio Nicolas Manjon.
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