Pfandrechte - Alles Wissenswerte auf den Punkt gebracht
17.09.2024
Unternehmen, Wirtschaft & Finanzen
Ein Pfandrecht kann sich sowohl auf Sachen, also physische Gegenstände, als auch auf Rechte jeglicher Art beziehen, wie zum Beispiel Unternehmensanteile, Patente, Wertpapiere, IP-Rechte, Domains, Lizenzen oder Markenrechte.
Die Deutsche Pfandverwertung ist berechtigt, verpfändete Sachen oder Rechte zu versteigern. Dabei ist es wichtig zu unterscheiden: Wir sind öffentlich bestellte und vereidigte Versteigerer und keine Pfandleiher. Unser Auftrag besteht darin, im Rahmen der Rechtspflege den Hoheitsakt der sogenannten öffentlichen Versteigerung durchzuführen. Dies unterscheidet sich von einer freiwilligen Versteigerung, wie etwa einer Kunstauktion durch einen nicht öffentlich bestellten Versteigerer.
Grundsätzlich wird zwischen gesetzlichen und vertraglichen Pfandrechten unterschieden.
Gesetzliche Pfandrechte: Definition und Beispiele
Gesetzliche Pfandrechte entstehen kraft Gesetz, ohne dass es einer besonderen Vereinbarung zwischen den Parteien bedarf. Sie dienen dazu, die Ansprüche eines Gläubigers an den Vermögenswerten eines Schuldners abzusichern, indem sie ihm das Recht einräumen, bestimmte Sachen zu pfänden, falls der Schuldner seinen Verpflichtungen nicht nachkommt.
Ein gesetzliches Pfandrecht tritt automatisch in Kraft, sobald die gesetzlich festgelegten Voraussetzungen erfüllt sind. Ein Beispiel hierfür ist das Vermieterpfandrecht gemäß § 562 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Dieses Pfandrecht gibt einem Vermieter das Recht, an den vom Mieter in die Mieträume eingebrachten Sachen ein Pfandrecht zur Sicherung seiner Ansprüche aus dem Mietverhältnis zu begründen.
Solche Pfandrechte berechtigen den Gläubiger, die betreffende Sache im Wege der öffentlichen Versteigerung zu verwerten, um so seine Forderung zu befriedigen, falls der Schuldner nicht zahlt.
Gesetzliche Pfandrechte in Deutschland: Eine Übersicht
In Deutschland existieren mehrere gesetzliche Pfandrechte, die jeweils spezifische Zwecke und Anwendungsbereiche haben. Hier sind die wichtigsten:
1. Vermieterpfandrecht (§ 562 BGB) Das Vermieterpfandrecht sichert die Ansprüche des Vermieters auf Mietzahlungen und sonstige Forderungen aus dem Mietverhältnis. Es umfasst alle beweglichen Sachen, die der Mieter in die gemieteten Räume eingebracht hat, sofern sie im Eigentum des Mieters stehen und nicht unpfändbar sind. Im Zusammenhang mit dem Vermieterpfandrecht steht § 885a ZPO, der einen beschränkten Vollstreckungsauftrag regelt.
2. Pfandrecht des Verpächters (§ 592 BGB) Sicherung der Ansprüche des Verpächters an eingebrachten Sachen des Pächters.
3. Werkunternehmerpfandrecht (§ 647 BGB) Dieses Pfandrecht sichert die Vergütungsansprüche eines Werkunternehmers (z. B. eines Handwerkers), der eine Sache repariert, hergestellt oder bearbeitet hat. Der Werkunternehmer hat ein Pfandrecht an der von ihm bearbeiteten oder hergestellten Sache, bis seine Forderung beglichen ist.
4. Pfandrecht des Spediteurs (§ 440 HGB) Ein Spediteur hat ein Pfandrecht an den Gütern, die er für den Auftraggeber transportiert, um seine Ansprüche aus dem Speditionsvertrag, einschließlich der Frachtkosten, zu sichern. Das Pfandrecht erlischt, wenn die Güter an den Empfänger ausgeliefert werden.
5. Pfandrecht des Frachtführers (§ 441 HGB) Der Frachtführer hat ein Pfandrecht an den transportierten Gütern zur Sicherung seiner Ansprüche aus dem Frachtvertrag, wie z. B. Frachtkosten und Auslagen.
6. Pfandrecht des Lagerhalters (§ 475b HGB) Der Lagerhalter hat ein Pfandrecht an den eingelagerten Gütern, um seine Ansprüche aus dem Lagervertrag einschließlich Lagerkosten und Auslagen zu sichern.
7. Pfandrecht des Verfrachters (§ 623 HGB) Sicherung der Ansprüche des Verfrachters gegenüber dem Empfänger der Fracht.
8. Pfandrecht des Grundstückseigentümers an Früchten (§ 591 BGB) Der Eigentümer eines Grundstücks hat ein Pfandrecht an den Früchten des Grundstücks (z. B. Ernte), wenn der Pächter diese ohne Bezahlung der Pacht entnehmen will.
9. Pfandrecht des Gastwirts (§ 704 BGB) Ein Gastwirt hat ein Pfandrecht an den eingebrachten Sachen des Gastes zur Sicherung seiner Forderungen.
10. Pfandrechte des Kaufmanns (§§ 369-392 HGB)
• § 369 HGB Pfandrechte wegen Forderungen aus beidseitigen Handelsgeschäften
• § 371 HGB Befriedigungsrecht
• § 373 HGB Annahmeverzug
• § 376 HGB Fixhandelskauf
• § 379 HGB Einstweilige Aufbewahrung
• § 388 HGB Mangelhaftes Kommissionsgut
• § 392 HGB Notverkauf.
11. Pfandrecht des Kommissionärs (§§ 397-398 HGB)
• Ein Kommissionär, der Waren im Auftrag eines Dritten kauft oder verkauft, hat ein Pfandrecht an diesen Waren zur Sicherung seiner Ansprüche aus dem Kommissionsgeschäft.
• § 398 HGB: Pfandrecht des Einkaufskommissionärs.
12. Pfandrecht an sicherungsübereigneten Sachen (Grundsatzurteil des BGH)
• Sicherung von Ansprüchen bei Übertragung von Eigentum als Sicherheit.
13. Pfandrecht des Pfandleihers (§ 9 Pfandleiherverordnung)
• Regelung des Pfandrechts im Rahmen der Pfandleihe.
14. Pfandrechte bei Fundsachen (§ 979 BGB)
• Regelung der Sicherungsrechte bei Fundsachen.
15. Rechte des Verpfänders bei drohendem Verderb (§ 1218 BGB)
• Regelung der Verwertung von Pfandsachen bei drohendem Verderb.
16. Hinterlegung von Geld und Wertpapieren (§ 233 BGB)
• Sicherung von Forderungen durch Hinterlegung.
17. Freihändiger Verkauf (§ 385 BGB)
• Regelung zum freihändigen Verkauf von Pfandgegenständen.
18. Aufhebung des Gesamtnachlasses (§ 1922 BGB)
• Regelung zur Verteilung und Aufhebung des Nachlasses.
19. Abweichende Vereinbarung (§ 1245 BGB)
• Regelungen zu abweichenden Vereinbarungen bei Pfandrechten.
20. Pfandrecht am Anteil eines Miteigentümers (§ 1258 BGB)
• Regelung zur Verpfändung von Miteigentumsanteilen.
21. Pfandrecht an Unternehmensanteilen und Rechten (§ 1273 BGB)
• Regelung zur Sicherung von Rechten und Anteilen.
22. Verpfändung von Inhaberaktien (§ 1293 BGB)
• Regelung zur Verpfändung von Inhaberaktien.
23. Freihändiger Verkauf von Orderpapieren (§ 1295 BGB)
• Regelung zur Verwertung von Orderpapieren.
24. Auseinandersetzung in der Erbengemeinschaft (§ 2042 BGB)
• Regelung zur Verteilung des Erbes.
25. Kaduzierung und Versteigerung von Geschäftsanteilen (§§ 21, 23, 27 GmbHG)
• Regelungen zur Verwertung von GmbH-Geschäftsanteilen.
26. Rechte gemäß Aktiengesetz (z. B. §§ 65, 214, 226 AktG)
• Verschiedene Pfandrechte und Verwertungsvorschriften nach dem Aktiengesetz.
27. Auseinandersetzung bei Teilung (§ 731 BGB)
• Regelung zur Teilungsversteigerung in Bruchteilsgemeinschaften.
28. Teilungsversteigerung bei Bruchteilsgemeinschaften (§ 741 BGB)
• Regelung zur Aufhebung von Bruchteilsgemeinschaften.
29. Aufhebung (§ 749 BGB)
• Regelung zur Aufhebung von Pfandrechten.
30. Gesamthandgemeinschaft (§ 753 BGB)
• Regelungen zu Pfandrechten in der Gesamthandgemeinschaft.
Diese Pfandrechte entstehen in der Regel automatisch durch das Gesetz und dienen der Sicherung berechtigter Ansprüche des Gläubigers gegenüber dem Schuldner. Sie berechtigen den Gläubiger, die gepfändeten Sachen oder Rechte (wie Unternehmensanteile) zu verwerten, wenn der Schuldner seine Verpflichtungen nicht erfüllt.
Was sind vertragliche Pfandrechte?
Vertragliche Pfandrechte entstehen durch eine vertragliche Vereinbarung zwischen dem Pfandgeber (Schuldner) und dem Pfandnehmer (Gläubiger). Im Gegensatz zu gesetzlichen Pfandrechten, die automatisch kraft Gesetzes entstehen, basieren vertragliche Pfandrechte auf einer expliziten Vereinbarung zwischen den Parteien. Sie dienen als Sicherheit für die Erfüllung einer Forderung, indem der Gläubiger das Recht erhält, eine bestimmte Sache zu verwerten, falls der Schuldner seine vertraglichen Verpflichtungen (z. B. die Rückzahlung eines Darlehens) nicht erfüllt.
Merkmale und Funktionsweise von vertraglichen Pfandrechten
• Vertragliche Grundlage:
Ein vertragliches Pfandrecht entsteht durch eine Vereinbarung zwischen den beteiligten Parteien. Diese kann schriftlich, mündlich oder durch schlüssiges Verhalten erfolgen. Üblicherweise wird es jedoch schriftlich dokumentiert, um Klarheit und Rechtssicherheit zu gewährleisten.
• Bestimmtes Pfandobjekt:
Ein vertragliches Pfandrecht bezieht sich auf eine klar definierte Sache (Pfandobjekt). Dies kann ein beweglicher Gegenstand (z. B. ein Auto oder Schmuck) oder eine unbewegliche Sache (z. B. ein Grundstück) sein. Auch Rechte, wie Forderungen oder Anteile (z. B. Aktien), können Gegenstand eines Pfandrechts sein.
• Besitzübergabe:
Bei vertraglichen Pfandrechten an beweglichen Sachen (z. B. ein Auto oder Schmuck) wird der Besitz in der Regel an den Pfandgläubiger oder einen neutralen Verwahrer, wie einen öffentlich bestellten und vereidigten Versteigerer, übergeben. Dies stellt sicher, dass der Gläubiger die Möglichkeit hat, das Pfand zu verwerten, wenn der Schuldner seine Verpflichtungen nicht erfüllt. Bei unbeweglichen Sachen (z. B. Grundstücken) ist die Eintragung ins Grundbuch erforderlich, um das Pfandrecht zu sichern.
• Verwertungsrecht bei Nichterfüllung:
Wenn der Schuldner seinen vertraglichen Verpflichtungen (z. B. Rückzahlung eines Darlehens) nicht nachkommt, hat der Gläubiger das Recht, die verpfändete Sache zu verwerten (durch Verkauf im Wege der öffentlichen Versteigerung durch einen öffentlich bestellten, vereidigten Versteigerer gemäß § 1235 BGB), um seine Forderung zu befriedigen.
Beispiele für vertragliche Pfandrechte
1. Vertragliches Pfandrecht an beweglichen Sachen (BGB-Pfandrecht):
Ein Darlehensnehmer kann einem Darlehensgeber ein Pfandrecht an einem bestimmten beweglichen Gegenstand (z. B. Fahrzeug oder Schmuck) einräumen. Der Darlehensgeber erhält den Besitz an diesem Gegenstand, bis das Darlehen zurückgezahlt ist.
2. Pfandrecht im Bankwesen (Lombardkredit):
Bei einem Lombardkredit gibt ein Kunde der Bank Wertpapiere oder andere bewegliche Vermögensgegenstände als Pfand für ein gewährtes Darlehen. Wenn der Kunde das Darlehen nicht zurückzahlt, hat die Bank das Recht, die verpfändeten Wertpapiere im Wege der öffentlichen Versteigerung verkaufen zu lassen.
3. Sicherung durch Hypothek und Grundschuld:
Bei Immobilien wird häufig eine Hypothek oder Grundschuld ins Grundbuch eingetragen, um ein Darlehen abzusichern. Im Falle der Nichtzahlung kann die Bank oder der Gläubiger die Immobilie durch Zwangsversteigerung verwerten. Alternativ können Gläubiger und Schuldner vereinbaren, die Immobilie durch einen öffentlich bestellten Versteigerer versteigern zu lassen. Diese Vereinbarung muss klar formuliert und schriftlich festgehalten werden, insbesondere im B2C-Vertragsverhältnis. Eine freiwillige Versteigerung unterscheidet sich von einer gerichtlich angeordneten Zwangsversteigerung und kann oft schneller und weniger formell durchgeführt werden, was im Interesse beider Parteien ist, weil in der Regel das Verwertungsverfahren gegenüber der Versteigerung durch den Rechtspfleger am Amtsgericht erstens schneller erfolgt und zweitens so die Chance auf bessere Verwertungserlöse besteht.
Auch die freiwillige Versteigerung von Immobilien muss bestimmte gesetzliche Anforderungen erfüllen, um sicherzustellen, dass die Rechte beider Parteien gewahrt bleiben. Diese Voraussetzung ist durch die Einschaltung eines allgemein öffentlich bestellten, vereidigten Versteigerers erfüllt, denn dieser ist auf seine Unabhängigkeit und auf die gewissenhafte Durchführung vereidigt. Ein öffentlich bestellter Versteigerer ist eine Person, die offiziell für die Durchführung von Versteigerungen zugelassen ist. Dieser arbeitet unabhängig und sorgt dafür, dass die Versteigerung fair und transparent abläuft. Die Einbeziehung eines solchen Versteigerers sollte in der Vereinbarung festgelegt werden.
4. Pfandrecht an Rechten:
Auch Rechte, wie Forderungen oder Unternehmensanteile (z. B. Aktien), können verpfändet werden. Hierbei wird vertraglich vereinbart, dass der Gläubiger ein Pfandrecht an diesen Rechten erhält, um seine Forderung zu sichern.
Versteigerung durch einen öffentlich bestellten, vereidigten Versteigerer
Bei einer freiwilligen Versteigerung, die auf einer vertraglichen Vereinbarung zwischen Gläubiger und Schuldner basiert, kann der Gläubiger einen öffentlich bestellten Versteigerer beauftragen. Diese Versteigerer sind unabhängig und offiziell zugelassen (durch die Ordnungsämter oder durch die Industrie- und Handelskammer) und müssen sicherstellen, dass die Versteigerung fair und transparent verläuft. Sie sind an gesetzliche Vorschriften gebunden und sorgen für die ordnungsgemäße Durchführung der Versteigerung.
Ablauf der Versteigerung:
1. Öffentliche Bekanntmachung:
Die Versteigerung muss gemäß § 1237 BGB öffentlich bekannt gemacht werden, um potenziellen Käufern die Möglichkeit zu geben, sich zu beteiligen.
2. Mindestgebot:
Die Versteigerung erfolgt in der Regel auf Basis eines Mindestgebots, das im Falle von Immobilien durch ein Gutachten eines öffentlich bestellten, vereidigten Sachverständigen festgelegt oder vertraglich vereinbart wird.
3. Erlösverwendung:
Der Erlös aus der Versteigerung dient zur Befriedigung der Forderungen des Gläubigers. Überschüsse, die nach der Befriedigung der Forderungen verbleiben, müssen an den Schuldner ausgezahlt werden.
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