Equal Pay in der Zeitarbeit: Endlich Ruhe oder hat die IG Metall keine anderen Themen?
10.10.2012
Unternehmen, Wirtschaft & Finanzen
Köln/München. Sind die aktuell getroffenen Equal-Pay-Regelungen in der Zeitarbeit der lang ersehnte Befreiungsschlag oder der Anfang vom Ende für die Branche? Die seit Monaten geführte Debatte war auch eines der bestimmenden Themen auf der Zukunft Personal 2012 und fand ihren Höhepunkt in der Podiumsdiskussion "Equal Pay in der Zeitarbeit: (ge)recht so?!" Vor über 150 Personalfachleuten diskutierten Armin Schild, Leiter des IG Metall Bezirks Mitte und Mitglied im SPD-Bundesvorstand, Valerie Holsboer, Hauptgeschäftsführerin der Arbeitgebervereinigung Nahrung und Genuss, sowie Bettina Schick, COO des Personaldienstleisters Trenkwalder (http://www.trenkwalder.com/de), der zu der Veranstaltung eingeladen hatte. Es moderierte Sven Astheimer, Wirtschaftsredakteur der Frankfurter Allgemeine Zeitung. Hintergrund: Ab 1. November erhalten die Zeitarbeitnehmer in der Metall- und Elektroindustrie Lohnsteigerungen in fünf Stufen von plus 15 Prozent auf den Tariflohn nach sechs Wochen am selben Arbeitsplatz bis plus 50 Prozent nach neun Monaten. Weitere Branchen haben die Zuschlagsregelungen bereits adaptiert, die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di verhandelt aktuell mit den Zeitarbeitgebern.
Equal Pay wird Attraktivität der Zeitarbeit für Arbeitskräfte aller Qualifikationen erhöhen
Eintracht herrschte unter allen drei Diskutanten nur darin, dass die Einigung der Tarifparteien ohne Eingriff des Gesetzgebers im Sinne der Tarifautonomie zu begrüßen sei. Für die IG Metall sei die Einführung der Branchenzuschläge aber nur ein Beitrag zur Zivilisierung der Zeitarbeit in Deutschland, so Schild: "Wir brauchen weitere Maßnahmen auch des Gesetzgebers, damit aus der Leiharbeit Zeitarbeit werden kann." Bettina Schick begegnete dieser kritischen Sichtweise mit einem positiven Blick nach vorn. Dank der Branchenzuschläge werde die Zeitarbeit ihre gesellschaftliche Akzeptanz weiter steigern können und sie werde zahlreiche Arbeitskräfte aller Qualifikationen und vor allem auch Wechselwillige, die diesem Arbeitsmodell bisher wenig offen gegenüber standen, für sich gewinnen. "Die Zeitarbeit wird künftig noch mehr Möglichkeiten haben, Arbeitsuchenden ein guter Arbeitgeber zu sein und sie in den Arbeitsmarkt zu bringen", so Schick. Daher befürworte Trenkwalder (http://www.trenkwalder.com/de) die Branchenzuschläge explizit und lehne Werkverträge oder Rotationslösungen rein zu deren Umgehung strikt ab. Und trotz des höheren Verwaltungsaufwandes und den damit steigenden Kosten stimmten sie die Gespräche mit den Kundenunternehmen optimistisch, dass es keinen allzu großen Einbruch geben werde.
Weiße Weste oder schwarze Schafe: Hat die IG Metall keine anderen Themen als die Zeitarbeit?
Es sei somit nun wirklich auch für die IG Metall die Zeit gekommen, die Kritik an der Branche endlich einzustellen. Herr Schild müsse sich die Frage gefallen lassen, ob er keine anderen Themen habe, so Schick.
Als direkte Antwort nannte Schild mehrere Kritikpunkte, die weiterhin reichlich Diskussionsstoff böten. Beispielsweise gründeten auch namhafte Wettbewerber bereits Tochterfirmen, so dass die Beschäftigten von einer Zeitarbeitsfirma in die nächste gekündigt werden könnten und die Einsatzzeit wieder von Null an zähle, obwohl der Mitarbeiter am gleichen Einsatzort belassen werde. Auch die Umwandlung von Zeitarbeits- in Werkvertragsverhältnisse spiele eine große Rolle. Und nicht zuletzt würden immer wieder "Ablösesummen" für Zeitarbeitnehmer, die vom Einsatzunternehmen übernommen werden sollten, die Integration in den ersten Arbeitsmarkt verhindern. Es sei daher nicht auf die Gewerkschaften und die Medien zu schimpfen. Nahezu alle Zeitarbeitsfirmen seien in den beiden Arbeitgeberverbänden organisiert, so dass diese die schwarzen Schafe definitiv in ihren Reihen hätten. Mit dem Appell "Sorgen Sie dafür, dass in Ihrer Branche Ordnung herrscht!" kündigte Schild an, dass die IG Metall ihre kritische Beobachterrolle nicht aufgeben und eine Negativliste unfairer Leiharbeitsunternehmen veröffentlichen werde. Wenn die Zeitarbeit mit ihren schwarzen Schafen richtig umginge, könne die Branche angesichts von Fachkräftemangel, demografischem Wandel und internationalem Wettbewerb in Deutschland eine wichtige Rolle spielen.
Valerie Holsboer kritisierte diese negative Darstellung der gesamten Zeitarbeit, da man immer ein Haar in der Suppe finden könne, wenn man dies wolle. Auch im Sinne der vielen Beschäftigten in der Zeitarbeit sei es wichtig, dass nun ein wenig Ruhe einkehre und deren permanente Darstellung als Opfer aufhöre. Wenn die Kritiker aufhörten, alles extrem krank zu reden, könnten die selbstbewussten Zeitarbeitnehmer auch besser die von Herrn Schild beschriebene Rolle im Kampf gegen den demografischen Wandel oder den Fachkräftemangel annehmen.
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