Pressemitteilung von Mag. Andreas Sernetz

Der aktuelle Vogelschlag-Vorfall bei CONDOR zeigt: Die Rechtslage bei Fluggastrechten ist noch immer nicht zufrieden stellend


Auto & Verkehr

München, 4. Juli 2017 (ar) - Frustration und Verärgerung in Frankfurt am Main und auf Teneriffa: Aufgrund eines Vogelschlags bei einer CONDOR-Maschine am vergangenen Freitag konnten zahlreiche Passagiere ihren Rückflug nach Deutschland nicht wie geplant wahrnehmen und steckten mehr als zwei Tage am Flughafen in Teneriffa fest. Gleichzeitig konnten 170 weitere Fluggäste in Frankfurt erst mit rund 44-stündiger Verspätung in den lang ersehnten Urlaub starten. Der Grund für die massiven Verspätungen bei CONDOR: Ein Vogelschlag am rechten Triebwerk eines Airbus A321 sorgte für den Ausfall einer Maschine im bulgarischen Burgas. Die in der Folge langwierige Reparatur (Techniker und Ersatzteile mussten erst eingeflogen werden) und das Beschaffen eines Ersatzflugzeuges kosteten die genervten Reisenden zwei ihrer Urlaubstage. Warum dieser Fall beim marktführenden Anbieter für Fluggastrechte-Services FairPlane gleich doppelt sauer aufstößt und warum eine solche massive Verspätung nach derzeitiger Rechtslage immer wieder vorkommen kann, erklärt der Reiserechtsexperte und Unternehmenssprecher von FairPlane Prof. Dr. Ronald Schmid.

Herr Prof. Dr. Schmid, wie beurteilen Sie den neuesten Vogelschlag-Vorfall bei der CONDOR?

Der aktuelle Vorfall zeigt deutlich, dass die Entscheidung des EuGH vom Mai 2017 Vogelschlag als "außergewöhnlichen Umstand" zu bewerten und Fluggästen daher in der Regel keinen Anspruch auf Ausgleichzahlungen nach europäischem Recht zu gewähren, vor allem für die betroffenen Passagiere einen doppelten Nachteil bedeutet. Nicht nur kommen diese verspätet an ihrem Zielort an, sie haben zudem in der Regel auch keinen Anspruch auf eine Ausgleichszahlung.

Die Formulierung "in der Regel" deutet darauf hin, dass in Ausnahmefällen eine Ausgleichszahlung möglich ist?

Richtig, denn auch bei einem Vogelschlag ist m.E. keineswegs sicher, dass Fluggäste generell keinen Anspruch auf eine Ausgleichszahlung haben. Zum einen ist nicht ausgeschlossen, dass die große Kammer des EuGH anders entscheidet. Zum anderen muss das Luftfahrtunternehmen im Einzelfall nachweisen, dass es alle zumutbaren Maßnahmen zur Vermeidung der Verspätung ergriffen hat. Abwarten bis die Reparatur des betroffenen Flugzeugs abgeschlossen ist, reicht da nicht aus. Es muss beispielsweise geklärt werden, ob eine anderweitige Beförderung z.B. durch Umbuchung auf andere Flüge möglich ist.

Viele Airlines erklären die langen Wartezeiten der Passagiere an Flughäfen durch die Dauer der Reparaturarbeiten. Ließe sich das optimieren?

Hier müsste natürlich jeder Vorfall im Detail betrachtet werden. Jedoch ist das oben genannte Urteil des EuGH auch in einem weiteren Sinne für den Verbraucher ungünstig: Da Airlines bei Vogelschlag meist nicht haften müssen, spielt es nach Ansicht dieser hinsichtlich möglicher Ausgleichszahlungen weniger eine Rolle, ob sie das Flugzeug in 3 oder in 30 Stunden wieder einsetzen können. Die Dauer der Verzögerung ist für den Passagier jedoch von größter Bedeutung und entscheidet oftmals über das Ausmaß seiner Verärgerung.

Bei einem Flugausfall ist meist eine größere Anzahl von Passagieren betroffen. Eine Umbuchung aller Passagiere auf andere Flüge ist schwierig. Was passiert in dieser Situation?

Ein Ersatzflugzeug muss beschafft werden. Und genau hier zeigt sich die Schwäche der bisherigen Rechtsprechung. Nach Ansicht des BGH sind Airlines derzeit nicht verpflichtet, ein Ersatzflugzeug bereit zu halten. Das bedeutet im Klartext: Ein Luftfahrtunternehmen muss erst dann reagieren, wenn ein Schaden eingetreten ist. Bemüht es sich aber erst im Anschluss an den Zwischenfall um ein Ersatzflugzeug ist es sehr schwierig bis ausgeschlossen, kurzfristig ein Flugzeug anzuchartern. Das gilt insbesondere in der Hochsaison. Zudem muss das Flugzeug an den benötigten Flughafen geflogen werden, wertvolle (Urlaubs-)Zeit geht dem Fluggast verloren. Die bisherige Rechtsprechung des BGH erlaubt Airlines somit ein "just in time"-Management, das zulasten des Verbrauchers geht. Wir von FairPlane plädieren daher seit Jahren dafür, dass Airlines Ersatzflugzeuge in angemessenem Umfang bereit halten müssen und berufen uns dabei auf einen Urteilsvorschlag des Generalsanwalts beim Europäischen Gerichtshof. Das Luftfahrtunternehmen hat in dem damaligen Fall die Forderung schnell bezahlt, um ein verbindliches Urteil zu verhindern. FairPlane wird das aber bei nächster Gelegenheit vom EuGH überprüfen lassen. Der vorliegende Condor-Flug könnte dafür geeignet sein.
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