Denttabs: Die Erfolgsgeschichte der Zahnputztabletten und die Kontroversen darum
08.11.2024
Bildung, Karriere & Schulungen
Zahnpflege im Wandel, der auf den ersten Blick fast unvorstellbar erscheint: das Abschaffen der Zahnpasta? Verantwortlich dafür ist Axel Kaiser, Gründer der Denttabs Zahnputztabletten. Mit einer provokanten Vision und einem innovativen Ansatz möchte er die traditionelle Zahnpflege revolutionieren und gleichzeitig das Problem der Plastikverschmutzung bekämpfen. Doch wie bei jedem disruptiven Ansatz gibt es auch hier Kritiker und Bedenken. "Eine spannende Erfolgsgeschichte muss auch immer mit kontroversen Aspekten, wie bei der Erfolgsgeschichte der Denttabs-Zahnputztabletten, gespickt sein", ist Axel Kaiser überzeugt.
Axel Kaisers Vision: das Ende der Zahnpasta?
"Mein Plan ist es, die Zahnpasta abzuschaffen", sagt Axel Kaiser selbstbewusst. Der 60-Jährige hat in seinem Leben schon viele Berufe ausgeübt - vom Kfz-Mechaniker über den Musikfotografen hin zum Programmierer. Doch es ist seine Leidenschaft für Zahnpflege, die ihn seit über zwei Jahrzehnten antreibt. Ende der 1990er Jahre unterstützte Axel Kaiser einen zahnärztlichen Kunden bei der praktischen Umsetzung seiner Doktorarbeit, die sich einem innovativen Thema gewidmet: der Entwicklung eines wasserfreien Zahnputzmittels. Die Idee dahinter war, unnötige und potenziell problematische Inhaltsstoffe, die in herkömmlichen Zahnpasten oft enthalten sind, gezielt zu vermeiden.
Schon damals erkannte Kaiser das Potenzial einer solchen Alternative zur klassischen Zahnpasta. Er arbeitete an einem speziellen Granulat, das genau diesen Anforderungen gerecht wurde. Dieses Projekt legte den Grundstein für eine revolutionäre Entwicklung: Aus dem ursprünglichen Granulat entstand später die erste Zahnputztablette - ein Meilenstein in der Zahnpflege, der die Branche nachhaltig verändern sollte.
Kaisers Ziel ist es, eine nachhaltigere und gesündere Zahnpflege zu fördern. Er stellt die Frage, ob herkömmliche Zahnpasta wirklich die beste Lösung ist, oder ob sie lediglich das "Beste" darstellt, was bisher verfügbar war. Diese Haltung hat Denttabs zu einem Vorreiter in der Kategorie Zahnpflege-Alternativen gemacht, einem Markt, der laut Branchenexperten jährlich wächst und auf ein immer umweltbewussteres Publikum trifft.
Der Denttabs-Erfolg: Zahlen, Daten und Fakten
Denttabs konnte seit der Markteinführung einen bemerkenswerten Erfolg verbuchen. Im Jahr 2023 verkaufte das Unternehmen 75 Millionen Zahnputztabletten, was einen Umsatz von etwa 1,5 Millionen Euro generierte. Obwohl das Unternehmen in den Vorjahren bereits drei Millionen Euro Umsatz erzielen konnte, erklärt Kaiser den Nachteil mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie, die viele Menschen zu ihren gewohnten Zahnpasta-Routinen zurückkehren ließen. Dennoch ist Denttabs heute in über 40 Ländern vertreten, und die Produkte sind in Drogeriemärkten wie dm und Budni erhältlich.
Eine Packung mit 125 Tabletten kostet etwa 4,95 Euro (dm) und ersetzt laut Herstellerangaben zwei Tuben herkömmlicher Zahnpasta. Die Tabletten bestehen zu 70 Prozent aus Holz, präzise gesagt aus schwedischer Fichte, die für ein glattes Gefühl auf den Zähnen sorgen sollen. Neben Zellulose enthalten die Tabletten auch Zitronensäure, Kieselerde und Fluorid - letztere mit einer Konzentration von 1.450 ppm, was dem Standard einer guten Zahnpasta entspricht.
Nachhaltigkeit als Erfolgsfaktor
Einer der Hauptgründe für den Erfolg von Denttabs ist die Umweltfreundlichkeit des Produkts. Zahnpastatuben bestehen in der Regel aus nicht recycelbarem Plastik, während die Verpackung von Denttabs kompostierbar ist. Angesichts der Tatsache, dass weltweit jeden Monat bis zu 1,5 Milliarden Zahnpastatuben verkauft werden, ist das Potenzial für eine erhebliche Reduzierung von Plastikmüll immens.
Kaiser betont, dass Denttabs ursprünglich nicht wegen der Zahnpflege, sondern wegen der Nachhaltigkeit bekannt wurde. Der erste große Erfolg der Tabletten kam in Unverpackt-Läden, die den Fokus auf abfallfreies Einkaufen legen. Heute ist Nachhaltigkeit nicht mehr nur ein Verkaufsargument, sondern ein echter Treiber für Verbraucherentscheidungen. Ein wachsendes Publikum ist bereit, für umweltfreundliche Alternativen Preise zu zahlen, und Denttabs unterstützt diese Entwicklung.
Die Kritik: Sind Zahnputztabletten wirklich effektiver?
Trotz des Erfolgs von Denttabs gibt es auch kritische Stimmen, insbesondere aus der zahnmedizinischen Fachwelt. Professor Stefan Zimmer, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Präventive Zahnmedizin, äußerte Bedenken hinsichtlich des Fluoridgehalts der Tabletten. Zwar entspricht die Fluoridkonzentration in Denttabs mit 1.450 ppm dem einer guten Zahnpasta, doch Zimmer argumentiert, dass die geringere Menge an Fluorid pro Anwendung möglicherweise nicht ausreicht, um denselben Schutz gegen Karies zu bieten. Er schlägt vor, zwei bis drei Tabletten pro Putzvorgang zu verwenden, um die Wirksamkeit zu verbessern, doch klinische Belege für diese Annahme fehlen bisher.
Zudem wird kritisiert, dass die Studien, die Wirksamkeit von Denttabs belegen sollen, nicht unabhängig genug sind. Während Kaiser auf 13 klinische Studien und sechs Laboruntersuchungen verweist, fehlen detaillierte Informationen zu diesen Studien, was die wissenschaftliche Grundlage der Behauptungen infrage stellt.
Die Denttabs-Vision: Innovation und Herausforderungen
Axel Kaisers Vision geht weit über den bloßen Verkauf von Zahnputztabletten hinaus. Er möchte, dass große Zahnpastakonzerne in den Markt für Zahnputztabletten einsteigen. Für ihn ist es ein Zeichen von Erfolg, wenn die großen Player auf dem Markt beginnen, alternative Zahnpflegeprodukte anzubieten? Sein Ziel ist es, "so viel Krach zu machen", dass Unternehmen wie Colgate, GSK oder Unilever nicht umhinkommen, ihre eigenen Zahnputztabletten zu entwickeln.
Doch die Herausforderungen sind erheblich. Einerseits muss Axel Kaiser weiterhin den traditionellen Glauben an die Wirksamkeit der Zahnpasta stellen und Verbraucher überzeugen, ihre langjährigen Gewohnheiten zu ändern. Andererseits besteht die Aufgabe darin, die wissenschaftliche Grundlage für die Behauptungen von Denttabs weiter zu festigen, um sowohl Verbraucher als auch Zahnmediziner zu überzeugen.
Die Wissenschaft hinter den Zahnputztabletten: Was sagt die Forschung?
Studien zur Wirksamkeit von Denttabs sind ein umstrittenes Thema. Laut Kaiser belegen zahlreiche klinische Studien, dass die Verwendung von Zahnputztabletten positive Auswirkungen auf die Mundgesundheit hat. Die Zellulose in den Tabletten soll Plaque durch eine sanfte Politur entfernen, was zu einer glatteren Zahnoberfläche führt, an denen Belägen sich schwerer festsetzen können. Dadurch soll das Risiko für Karies und Zahnstein verringert werden.
Allerdings ist die wissenschaftliche Landschaft nicht eindeutig. Eine umfassende Metaanalyse von Zahnpflegeprodukten zeigt, dass die Konsistenz und Menge des Fluorids entscheidend für den Kariesschutz sind. Während herkömmliche Zahnpasta durch ihre schäumende Wirkung eine gleichmäßige Verteilung des Fluorids im Mund unterstützt, fehlt dieser Effekt bei Zahnputztabletten. Daher ist unklar, ob die Fluoridaufnahme im Mund tatsächlich den gleichen Schutz bieten kann wie bei herkömmlicher Zahnpasta.
Weitere gesundheitliche Aspekte: Verzicht auf problematische Inhaltsstoffe
Denttabs betont, dass ihre Tabletten frei von problematischen Inhaltsstoffen wie Konservierungsmitteln, Keimhemmern und Stabilisatoren sind, die in vielen herkömmlichen Zahnpasten zu finden sind. Kritiker bemängeln jedoch, dass die klinischen Auswirkungen dieser Inhaltsstoffe nicht ausreichend untersucht sind, um klare Rückschlüsse auf ihre gesundheitlichen Gefahren zu ziehen.
Ein weiterer Vorteil der Tabletten ist die Möglichkeit, nach dem Putzen nicht mit Wasser auszuspülen, da dadurch das verbleibende Fluorid länger im Mund verbleiben kann. Der emeritierte Professor Peter Gängler, geistiger Vater der Zahnputztabletten, sieht darin einen wesentlichen Vorteil gegenüber herkömmlicher Zahnpasta, bei der das Fluorid durch das Ausspülen entfernt wird.
Marktdynamik und Zukunftsaussichten
Mit über 100 Wettbewerbern weltweit ist der Markt für Zahnputztabletten hart umkämpft. Der Erfolg von Denttabs zeigt jedoch, dass der Bedarf an alternativen Zahnpflegeprodukten wächst. Kaiser hat angekündigt, das Sortiment weiter auszubauen, etwa durch neue Geschmacksrichtungen oder Mundwassertabletten. Gleichzeitig bleibt die Herausforderung, wissenschaftliche Studien durchzuführen, die die langfristige Wirksamkeit der Tabletten belegen können.
Zahnpflege am Scheideweg: Warum das traditionelle Putzen hinterfragt und neu gedacht werden muss
Denttabs hat es geschafft, das Thema Zahnpflege in ein neues Licht zu rücken. Mit einem klaren Fokus auf Nachhaltigkeit und einer starken Vision des Gründers konnte das Unternehmen eine Nische besetzen und international expandieren. Die Kritik aus der Zahnmedizin zeigt jedoch, dass es noch viel Forschungsbedarf gibt, um die Wirksamkeit der Zahnputztabletten gegenüber herkömmlichen Zahnpasta eindeutig zu belegen.
Für Kaiser und sein Unternehmen bleibt es eine zentrale Herausforderung, den traditionellen Markt weiterhin kräftig aufzurütteln. Dabei ist es unerlässlich, wissenschaftliche Beweise zu erbringen, die den hohen Ansprüchen und Anforderungen gerecht werden. Gleichzeitig bieten die durchweg positiven Rückmeldungen der Nutzer einen wichtigen Antrieb: Sie verleihen dem Vorhaben Rückenwind und motivieren dazu, noch intensiver zu forschen und die Wirksamkeit der Produkte fundiert nachzuweisen. In gewisser Weise sind die Anwender selbst ein Teil der Wissenschaft, denn ihre Erfahrungen und ihr Feedback tragen zur Weiterentwicklung bei und unterstützen die wissenschaftliche Arbeit maßgeblich. Ob sich Zahnputztabletten als Standard in der Zahnpflege durchsetzen, wird die Zeit zeigen. Eines ist jedoch sicher: Denttabs hat einen Dialog angestoßen, der die Zahnpflege infrage stellt und neue Möglichkeiten aufzeigt.
Autor: Moritz Bausch, Blogger und OTA (operationstechnischer Assistent)
Über den Autor:
Moritz Roland Bausch arbeitet als OTA (Operation-Technischer-Assistent) im Gesundheitswesen. Seit 2022 ist Moritz Blogger bei ABOWI. Sein besonderes Interesse gilt dem Wandel des Gesundheitswesens - die Gesundheit des Menschen steht im Vordergrund - durch Technologie, Digitalisierung und Künstliche Intelligenz zur ganzheitlichen Gesundheit von A bis Z. Der Blog akopjan-health.de bietet zahlreiche Themen rund um Gesundheit und Betriebliches Gesundheitsmanagement.
(Die Bildrechte liegen bei dem Verfasser der Mitteilung.)
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