Recht auf (Weiter)Bildung
21.01.2025
Bildung, Karriere & Schulungen
Durch die Digitalisierung ändert sich die Arbeitswelt rasant. Dadurch hat die Bedeutung der Fortbildung stark zugenommen. Denn die Weiterentwicklung der eigenen Fähigkeiten und Qualifizierung sind nicht nur der Schlüssel zum beruflichen Erfolg, sondern führen in der Regel zur persönlichen Zufriedenheit von Arbeitnehmern. Doch wie sieht es mit dem rechtlichen Rahmen aus? Haben Arbeitnehmer einen Anspruch auf Weiterbildung? Und worauf kommt es bei der Auswahl von Maßnahmen an? Die ARAG Experten mit einem Überblick.
Ungenutztes Recht
Die Deutschen bewegen sich unter dem EU-Durchschnitt, wenn es um betriebliche Weiterbildung geht. Trotz Rechtsanspruch haben im Jahr 2022 lediglich acht Prozent aller 25- bis 64-Jährigen an einer Weiterbildungsmaßnahme teilgenommen. Andere Erhebungen gehen sogar von nur 3,5 Prozent aus, oft aufgrund mangelnder Information oder Angst vor negativen Reaktionen. Und das, obwohl fast Dreiviertel aller Unternehmen derartige Möglichkeiten anbieten, wie ARAG Experten wissen. Tatsächlich sinkt das Interesse an derartigen Maßnahmen sogar tendenziell von Jahr zu Jahr.
Recht auf Bildungsurlaub
Bereits seit den 1970er Jahren haben viele Menschen das Recht auf den sogenannten Bildungsurlaub . Da dieser aber eigentlich nichts mit Urlaub zu tun hat, handelt es sich streng genommen um eine sogenannte Bildungsfreistellung. Im Klartext bedeutet das, losgelöst vom eigenen Urlaubsanspruch weitere Tage von der eigentlichen Arbeit freigestellt zu werden, um bestimmte Weiterbildungsmaßnahmen wahrzunehmen. Ob Sprach- oder Studienreisen, Kurse für Kreativitätstechniken oder Social Media, Seminare für mehr Gesundheit und Stressbewältigung oder Workshops im Bereich Kunst und Kultur - die ARAG Experten weisen darauf hin, dass die Fortbildung im Zusammenhang zum eigenen Beruf, zur politischen Weiterbildung oder zum Ehrenamt stehen muss. Einen umfassenden Überblick über die Möglichkeiten bietet zum Beispiel der Deutsche Bildungsserver , angeboten vom Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation. Darüber hinaus muss die Qualität der Weiterbildung gewährleistet sein. Das bedeutet, dass der Anbieter der Weiterbildung anerkannt und qualifiziert sein sollte. Andernfalls kann der Arbeitgeber die Zustimmung zu einer Weiterbildung verweigern, wenn Zweifel an der Qualität des Anbieters bestehen.
Wie viel Recht auf Bildungsurlaub hat man?
Bildung ist Ländersache und das gilt auch für den Bildungsurlaub. Das Recht darauf ist z. B. in Bayern und Sachsen bisher nicht gesetzlich verankert. In Rheinland-Pfalz bestimmt es die Unternehmensgröße: Bei bis zu fünf Mitarbeitern kann der Arbeitgeber die zusätzliche Freistellung verweigern. Ähnlich ist es in Nordrhein-Westfalen ; hier müssen die Tage erst bei einer Mindestanzahl von zehn Mitarbeitern genehmigt werden. Prinzipiell sind laut ARAG Experten pro Kalenderjahr fünf Tage Bildungsurlaub angedacht. In Berlin , Hamburg und Rheinland-Pfalz ist die Freistellung allerdings für zehn Tage innerhalb von zwei Jahren ausgeschrieben.
Eine Übertragung nicht genommenen Bildungsurlaubs ins kommende Jahr ist nur unter bestimmten Umständen möglich. In manchen Bundesländern ist dies einmalig erlaubt, in Baden-Württemberg aber zum Beispiel komplett ausgeschlossen. Diese Ausnahme gilt jedoch überall: Hat der Chef die Maßnahme erst gestattet und die Zusage dann wieder zurückgezogen, sind die Tage übertragbar, wenn sie erst im darauffolgenden Jahr wahrgenommen werden kann.
Rechte und Pflichten von Arbeitnehmer und Arbeitgeber
Ist eine Maßnahme gefunden, darf der Kurs nicht einfach gebucht, sondern muss schriftlich beim Chef beantragt werden. Der Antrag sollte laut ARAG Experten den Nachweis der Anerkennung beinhalten sowie Informationen zum Seminarablauf und -inhalt. Dabei sind bestimmte Vorläufe einzuhalten: Je nach Bundesland muss der Arbeitgeber zwischen sechs und acht Wochen vorher gefragt werden. Und natürlich darf nicht ohne deutliche Einwilligung von der Zustimmung ausgegangen werden, denn das Recht auf Ablehnung steht ihm unter bestimmten Umständen zu. So wird sein Veto unter anderem Bestand haben, wenn aufgrund besonderer Bedingungen - ein Großauftrag oder viele erkrankte Kollegen beispielsweise - die Abwesenheit den Betriebsablauf maßgeblich stört. Dass dies kein Dauerzustand sein kann, ist selbstredend, und so kann der Vorgesetzte direkt um einen zeitlichen Alternativvorschlag gebeten werden.
In Deutschland ist der Arbeitgeber laut ARAG Experten grundsätzlich verpflichtet, die Kosten für betriebliche Fortbildungen zu tragen, wenn diese der beruflichen Weiterentwicklung der Mitarbeiter und den Zielen des Unternehmens dienen. Dies umfasst sowohl die Teilnahmegebühren als auch gegebenenfalls notwendige Reisekosten oder Materialkosten. Bei individuellen Fortbildungsmaßnahmen auf eigene Initiative der Mitarbeiter müssen diese Kosten aber in der Regel von den Beschäftigten selbst getragen werden. Auch mögliche Reise- und Unterbringungskosten gehen dann zu Lasten des Arbeitnehmers. Der Arbeitgeber ist nur zuständig für die Weiterzahlung des Gehalts während der Abwesenheit.
Positive Effekte für beiden Seiten
Eine aktuelle Studie zeigt die positiven Effekte von Bildungsurlaub auf die Gesundheit und die Attraktivität von Unternehmen. 55 der Befragten berichteten von einer Gesundheitsverbesserung, 43 Prozent verzeichneten weniger Krankheitstage. Zudem steigert Bildungsurlaub die Bindung an das Unternehmen: 78 Prozent empfinden solche Unternehmen als attraktiver, 62 Prozent der Befragten fühlen sich sogar stärker emotional gebunden.
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