Einsparung durch Integration - Hochstromleiterplatte
04.03.2013
Elektro & Elektronik
Bei der Entwicklung von Leiterplatten gibt es oft das Problem, dass für verschiedene Nutzungsbereiche in einem Gerät auch verschiedene Leiterplatten angelegt werden müssen. Wegen der unterschiedlichen thermomechanischen Belastung der Materialien konnten die Bereiche Stromführung und elektronische Steuerung oft nicht auf einer Leiterplatte verwendet werden. Die Becker & Müller Schaltungsdruck GmbH (http://www.becker-mueller.de) bietet nun ein Verfahren an, mit dem diese beiden Bereiche auf einer Leiterplatte integriert werden können.
Kupfer wird in der Regel mit Dicken von bis zu 105 m auf oder in Leiterplatten verarbeitet. Die im Betrieb entstandene Wärme kann von den Leiterplatten effektiv oft nur mit großvolumigen Kühlkörpern abgeleitet werden. Um thermomechanisch bedingten Verformungen vorzubeugen, müssen die Leiterplatten in den Gehäusen oft aufwendig mit stabilen Halterungen und Wärmeabfuhrelementen montiert werden.
Mit dem neuen Verfahren werden nun in eine mehrschichtige Leiterplatte mit mindestens zwei voneinander beabstandeten Leiterebenen mechanisch verstärkende und leitfähige Medien, beispielsweise Kupfer in Dicken von bis zu 400 m, einlaminiert. Sie bilden in vorbestimmten Abschnitten gleichzeitig elektrische Leiterbahnen. Diese sind dem elektrischen Layout der Leiterplatte zugeordnet und können auch Wärme abführen. Auf diese Weise werden die elektrischen und thermomechanischen Eigenschaften des Einlagematerials gleichzeitig genutzt.
Der Leiterplattenhersteller hat sich nach verschiedenen Untersuchungen für die neue Einlegetechnik mit Kupfer entschieden. Für den Bereich Hochstrom gibt es noch weitere Alternativen, beispielsweise Wirelaid. Bei dem Steinacher Spezialisten für Prototypen hat man sich wegen der bekannten Kupfereigenschaften und der Möglichkeit, das Verfahren am Besten in die bestehenden Prozesse der Firma zu integrieren, für Kupfer als Einlagematerial entschieden. Außerdem können die meisten Anwendungen und Marktanforderungen damit abgedeckt werden. In Sonderfällen gibt es neben Kupfer noch die billigere Möglichkeit, Aluminium für die Wärmeableitung zu nehmen, wenn aber auch die elektrischen Eigenschaften genutzt werden müssen, ist Kupfer das Material der Wahl.
Solche Kupferinlays können bei Multilayer-Leiterplatten in die Zwischenlagen eingebracht werden oder direkt auf der Leiterplattenoberfläche in passend gefräste Vertiefungen eingelegt werden. Bei Kupfereinlegern, die an die Leiterplattenoberfläche designed werden, können Bauteile beispielsweise direkt auf die Kupfereinleger bzw. Leiterplattenoberfläche aufgelötet werden und benötigen - je nach Design - keine oder zumindest weniger Wärmeabführung durch spezielle Kühlelemente, das Produktgehäuse oder andere aufwendige Vorkehrungen.
Die Produktion solcher Leiterplatten mag aufwendiger sein als die herkömmlicher Leiterplatten. Nicht jeder Schritt kann automatisiert ablaufen. Die Inlays müssen separat bearbeitet und für den Produktionsprozess vorbereitet werden. Sie können durch Wasserstrahl, Laser, fräsen oder ätzen in Form gebracht werden. Das Unternehmen nutzt hier hauptsächlich einen Ätzprozess für die Vorbereitung der Einleger - aus Gründen der Produktivität, ist der Ätzprozess doch Teil der Standard- bzw. hausinternen Fertigungsabläufe. Tests, auch am Kunden-Validierungsprojekt, ergaben jeweils ähnliche Ergebnisse bei den unterschiedlichen Methoden. Das Trägermaterial (FR4) wird präzise gefräst und die Teile dann händisch in die Vertiefung eingelegt. Hier ist ein relativ hoher Anteil Handarbeit notwendig. Maschinelles Einlegen ist zu schwierig, bei kleineren Stückzahlen nicht rentabel und wird momentan nicht verfolgt.
Durch die notwendigen Spezifikationen und den manuellen Prozess des Einlegens gibt es einen kleinen Spalt zwischen dem Basismaterial und dem eingebrachten Einleger. Diese Toleranz ist für die Montage notwendig. Dieser Spalt wird nun mit Harz zuverlässig verfüllt. Ursprünglich wurde mit einem anderen Füllmaterial für die Fugen experimentiert, aber eine entsprechend niedrige Toleranz der Zwischenräume ermöglicht die Anwendung des Standardprozesses und -materials. Die nun folgende Einlaminierung ist die Herausforderung im Produktionsprozess. Anschließend muss das an der Oberfläche außenliegende Kupfer vom überschüssigen Harz befreit werden - ein zusätzlicher Produktionsschritt.
Auch das Einlaminieren von Folien mit einem Temperaturkoeffizienten von weniger als 5 ppm/°C wurde wieder verworfen. Will man einen Multilayer mit Hilfe einer solchen Folie beispielsweise auf einen Temperaturkoeffizienten von 6,5 ppm/°C stabilisieren, was etwa dem von Keramikmaterial entspricht, so müssten 40-60% der Leiterplattendicke aus solchen Folienblechen bestehen, da sonst das Harzmaterial mit seinem Temperaturkoeffizienten von 16 ppm/°C überwiegt.
Bei Becker & Müller wurde eine eigene Messmethodik entwickelt, um genau diese Anforderungen an die Technologie (Wärmeausdehnung) an den fertigen Leiterplatten zu testen. Mit Hilfe einer eigenentwickelten Messmaske kann die Ausdehnung der fertigen Platte gemessen werden. Die Wärmeausdehnung des stabilisierenden Materials sollte möglichst klein sein. Das Material sollte einfach in einem Multilayer zu verarbeiten und nachträglich auch einfach zu bearbeiten sein. Bestenfalls soll Standardmaterial verwendet werden. Becker & Müller setzt für die neue Technologie bevorzugt auf FR4 (gut zu bearbeiten) und Kupfer (hohe Wärmeleitfähigkeit). Die Materialien, die in den Prozessen etabliert sind.
Dank der neuen Technologie ist für die Produktanwendung im Design nun ein Leistungs- (hohe Ströme, grobe, große Strukturen) und Ansteuerteil (niedrige Ströme, feine Strukturen) auf einer Leiterplatte möglich - ohne gegenseitige Beeinflussung der beiden Bereiche. Das bedeutet Einsparung von Material, Platz und Bauteilen. Eine Hochstromleiterplatte kann zusätzliche Signalelemente enthalten und mechanische Verbindungen durch Kabel, Steckkontakte oder ähnliches können entfallen. Und überall da, wo hohe Ströme fließen, kann die Wärme über die 'dicken' Kupferinlays besser und schneller abgeleitet werden. Solche Anwendungen werden von den Kunden immer stärker nachgefragt. Leiterplatten mit integrierten Netzteilen, die hohe Ströme führen müssen - Stromstärken bis 800 oder 1000 Ampere sind möglich. Umgesetzt wird das mit bevorzugt 1000 m und ist möglich bis ca. 4000 m dicken Kupfereinlegern.
Die Produktion der einzelnen Leiterplatte mag mit dem neuen Verfahren etwas teurer sein. Für die Leiterplatte bzw. das Endprodukt bedeutet es aber letztendlich eine deutliche Einsparung. Für die Entwicklung neuer Produkte kann mit wesentlich weniger, kleineren und kompakten Leiterplatten gearbeitet werden, Kühlbauteile und mechanische Verbindungen fallen weg. Außerdem können die Formen an den Bedarf des Kunden präzise angepasst werden. Beim Endzuschnitt kann auf Wunsch der Produktdesigner das an den Seiten der Leiterplatte herausstehende Kupfer abgefräst werden. Manche Designer nutzen diese Kupferenden aber, um Wärme an die Umgebungsluft abzugehen. Diese Fräskontur, inklusive Tiefenfrässchritte, wird bei Becker & Müller separat programmiert. Unterschiedliche Formenwünsche der Kunden können so unproblematisch realisiert werden.
Im DFM-Prozess (Design for Manufacturing) wird bereits im Vorfeld eine Abstimmung mit dem Kunden gemacht und Details werden besprochen ("Wo sind die Grenzen des machbaren"). Datenreviews und Checks der Layouts werden durchgeführt und die Ergebnisse fließen in das Design der Leiterplatte ein. Dem Fertigungsbetrieb ist beim DFM der direkte persönliche Austausch mit den Designern sehr wichtig. Layouts werden dadurch für die Fertigung der Leiterplatte optimiert. Und das kommt dem Kunden zugute.
Antriebstechnik, Netzteile, Stromversorgung waren bei Becker & Müller die Treiberbranchen für die Einführung der Kupferinlay-Technik. Aber immer mehr Anwender in E-Mobility, Solartechnik und Leistungselektronik haben große Ströme und Temperaturen über die Leiterplatte zu führen. Je höher die Leistung, desto interessanter wird die Kupfereinlegetechnik. Daher ist die Zielrichtung und Hauptthematik so wenig Verlustleistung (und damit weniger Wärme) mit wenig Widerstand, optimaler Wärmeableitung und mit kurzen Wegen zu produzieren.
Das bedeutet für die Leiterplattenfertigung hohe - und in Zukunft weiter steigende - Anforderungen an Design und Material. Die Geschäftsführer Xaver Müller und Michael Becker stellen sich gerne solchen Herausforderungen und werden so dem eigenen Anspruch gerecht, mit den technischen Möglichkeiten des Unternehmens immer auf der Höhe der Zeit zu sein.
Weitere Informationen:www.becker-mueller.de
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