Pressemitteilung von ARAG SE

Wenn Tierliebe teuer wird


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Wenn Tierliebe teuer wirdVor gut einem Jahr gab es eine umfassende Neuerung der Tierärztegebührenordnung (GOT), initiiert vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). Es war die erste Novellierung seit mehr als 20 Jahren und sie hatte es entsprechend in sich. Dies trifft bis heute vor allem Landwirte, aber auch viele Haustierbesitzer sind davon betroffen. ARAG Experte Tobias Klingelhöfer beleuchtet die Hintergründe.
Warum gibt es überhaupt eine Gebührenordnung für Tierärzte und wieso wurde sie so drastisch verändert?

Tobias Klingelhöfer: Gestiegene Praxiskosten, aber auch ein ganz anderer Standard als vor 23 Jahren, als die letzte Anpassung erfolgte, rechtfertigen durchaus eine Anpassung der Gebühren und eine Novellierung der GOT . Denn heutzutage sind umfassende Untersuchungen wie zum Beispiel Computertomographie auch bei Tieren nicht selten und dieser Aufwand kann natürlich nicht zu Lasten der Tierärzte gehen. Und eine Gebührenordnung, die tatsächlich ein Gesetz ist, schützt beide Seiten: Veterinäre und Tierbesitzer. Denn einerseits bietet sie dem Verbraucher eine Orientierung hinsichtlich der Kosten und andererseits wird so ein unlauterer Wettbewerb vermieden, indem Preise unterboten werden. Denn die Gebührenordnung gibt vor, welche Sätze mindestens für die jeweilige Leistung zu berechnen sind und nicht unterschritten werden dürfen.

Aber profitieren Tierärzte überhaupt von den höheren Gebühren oder kommen die Patienten nun eher seltener?
Tobias Klingelhöfer: Innerhalb der Landwirtschaft wird sich diesbezüglich nicht viel verändern, denn bei Nutztierhaltung kennen wir gesetzliche Kontrollen, die darauf achten, dass das Vieh auch veterinärmedizinisch korrekt versorgt wird. Bei privaten Tierhaltern gibt es diese nicht. Trotzdem ist bei den meisten natürlich davon auszugehen, dass ihnen die Gesundheit ihres tierischen Lieblings am Herzen liegt. Und man sieht ja, dass das Geschäft mit Tiernahrung und -zubehör boomt. Ob Spielzeug, Wintermantel, Halsbänder oder Futter: Für Haustiere werden in Deutschland laut Statista mehr als sechs Milliarden Euro pro Jahr ausgegeben und das Beste ist gerade gut genug. Das Gros der Tierbesitzer wird ganz sicher nicht zusehen, wie sein Tier leidet.

Hier möchte ich kurz einschieben: Wer Tieren eine notwendige medizinische Behandlung verweigert, verstößt gegen das Tierschutzgesetz und macht sich strafbar. Dennoch ist nicht von der Hand zu weisen, dass Tierhaltung noch mehr zum Luxus wird; nicht jeder kann sich das leisten. Auf der anderen Seite macht es auch deswegen Sinn, dass das BMEL eingreift und für eine Reformierung der Gebührenordnung sorgt, weil der Beruf des Veterinärs attraktiv bleiben und eine flächendeckende Versorgung mit Praxen gewährleistet sein soll.

Hat der Tierhalter denn überhaupt selbst einen Überblick, was beim Tierarzt auf ihn zukommen kann?
Tobias Klingelhöfer: Die GOT ist für jedermann einsehbar. Zugegebenermaßen sind solche Ordnungen aber auch immer recht unübersichtlich und schwer verständlich. Dazu kommt, dass die Gebühren wirklich Mindestpreise sind und der Tierarzt aufschlagen darf. So kann für eine Untersuchung zum Beispiel ein bis zu vierfacher Satz berechnet werden, wenn der Aufwand höher ist, es sich um einen Einsatz außerhalb der Öffnungszeiten handelt oder regionale Besonderheiten herrschen. Man sollte also vor dem Besuch beim Tierarzt durchaus fragen, womit man rechnen muss. Einen zuverlässigen Kostenvoranschlag kann man allerdings nicht erwarten, denn viele Notwendigkeiten ergeben sich erst bei der Untersuchung des Tieres und je nach Zustand muss dann auch entsprechend schnell gehandelt werden. Allerdings hat man das Recht auf eine detaillierte Rechnung, die sowohl die Diagnose als auch die genaue Bezeichnung der Leistung und die Angabe der entsprechenden Ziffer in der Gebührenordnung und den berechneten Preis nennt. Somit kann man sich also auch an vorherigen Rechnungen orientieren.

Was sollte ein verantwortungsvoller Tierliebhaber also tun?
Tobias Klingelhöfer: Bevor man sich ein Tier anschafft, sollte man sich der Kosten bewusst sein und kalkulieren. Die Statistik zeigt, dass rund 40 Prozent der deutschen Haustierhalter mehr als 100 Euro pro Jahr für tierärztliche Behandlungen ausgeben. Neben den Aufwendungen für die Untersuchungen und die Pflege müssen unter Umständen Gelder aufgebracht werden für Labortests, Medikamente und womöglich Ultraschall, CT und Operationen. Zudem fallen auch regelmäßig Impfungen an. Eventuell ist sogar mal ein Notdienst fällig. Daher kann eine Tier-Krankenversicherung sinnvoll sein, denn diese macht das Unvorhersehbare kalkulierbarer.

Darf ein Tierarzt ein Tier als Druckmittel einbehalten, wenn der Halter sich weigert, die Rechnung zu bezahlen?
Tobias Klingelhöfer: Ein Tier sozusagen als Geisel zu nehmen, um an sein Geld zu kommen, darf ein Tierarzt natürlich nicht. Auch wenn es schon einen solchen Versuch gab. Ein Hundebesitzer war mit der Abrechnung seines Tierarztes nicht einverstanden und wollte die Rechnung nicht begleichen, Daraufhin behielt der Arzt das Tier als Druckmittel. Doch er scheiterte damit vor Gericht, weil die Richter der Ansicht waren, dass sich die Trennung des Tieres von seinem Halter derart negativ auf das Tier auswirken könnte, dass dieses Vorgehen in keinem Verhältnis zu einer nicht bezahlten Tierarztrechnung steht (Amtsgericht Duisburg, Az.: 77 C 1709/08, und AG Bad Homburg, Az.: 2 C 1180/01 (10)).

Wer kommt bei einem gefundenen verletzen Tier für die Rechnung auf?
Tobias Klingelhöfer: Wer ein verletztes Tier findet und zum Tierarzt bringt, muss die Behandlungskosten nicht aus eigener Tasche zahlen. Der behandelnde Tierarzt darf sich an die Gemeinde wenden, die die Trägerin des Fundbüros ist. Auch dazu gibt es einen konkreten Fall. In einer Tierarztpraxis hatten sich im Laufe eines Jahres über 2.000 Euro Behandlungskosten für insgesamt drei gefundene Katzen zusammengeläppert. Die Kosten wollte die Praxisinhaberin von der Gemeinde erstattet haben. Das wollte aber die Gemeinde wiederum nicht und weigerte sich. Am Ende musste sie aber doch zahlen (Verwaltungsgericht Koblenz, Az.: 2 K 533/17.KO).

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