"Weitermachen!" - Ein Nachruf auf Günter Zienterra
21.07.2015
Freizeit, Buntes & Vermischtes
"Erfolg haben heißt Erfolg vorbereiten". "In Schockfarben malen, damit das Pastellfarbene hängen bleibt." Oder: "Vom Blick geht die Faszination des Nichtalltäglichen aus."
Wer Günter Zienterra erleben durfte, dem mögen diese Zitate gleich sehr bekannt vorkommen. Durch seine bildhafte Sprache verstand er es, die Menschen in seinem Umfeld anzusprechen und zu inspirieren. Viele werden sich dabei auch an seine lebhaften Augen erinnern, seine ausdrucksstarke Körpersprache sowie eine Stimme, die von einem wispernden Bach zu donnernden Niagarafällen anschwellen konnte.
Zu Günter Zienterra passen viele Beschreibungen: Seminarleiter, Provokateur, Inspirator, Motivator, Regisseur, Schauspieler, Lebenskünstler, Optimist. Vor allem aber war er ein Macher. "Weitermachen" war eines seiner Lieblingswörter. Und dieses Weitermachen galt insbesondere seiner Leidenschaft, der Welt der Rhetorik und der zwischenmenschlichen Kommunikation.
"Tun ist Synonym für Erfolg!" Schon als junger Naturbursche lebte Günter Zienterra die Philosophie seiner Eltern. Testauswertungen, Statistiken und Tabellen, Verhaltens- und Lehrstudien seines Psychologiestudiums in den 60er Jahren in Köln, vermochten ihn nicht wirklich zu fesseln. Als junger Mann wandte er sich daher nebenbei dem Boxsport zu. Seine Energie suchte einen Ausgleich zu trockener Theorie in Vorlesungen und Bibliotheken.
Doch schließlich fand er für diese Energie ein sehr gut passendes Ventil: Er erlebte den Seminarleiter und Schauspieler Alfred Rademacher in Köln in einem Abendseminar. Rhetorik, die Kunst der freien Rede, praktische Menschenkenntnis, zwischenmenschliche Kommunikation und Führung. Günter Zienterra war gebannt - und wollte sich von ganzem Herzen von seiner eigenen Kreativität irritieren lassen. Er sah in dieser Irritation einen Anfang, einen Gärungsprozess für Sprache, für die Rede.
"In dir muss brennen, was du in anderen entzünden willst"
Günter Zienterra lebte seine Leidenschaft für das gesprochene Wort: im Schauspielstudium an der Folkwang Universität der Künste in Essen, als einer der bundesweit ersten Verkaufstrainer - zwischenzeitlich auch in Führungsverantwortung im Versand- und Textilhandel - sowie in Deutschlands erstem Institut für Rhetorik und Kommunikation.
Akribisch feilte er an Texten und deren Dramaturgie - sei es für eine kurze Ansprache oder einen großen Auftritt. In seinen Trainings zu souveränem Auftreten, zu zielbewusster Gesprächsführung und sprachlicher Kreativität erlebten Teilnehmer eine eigene, ganze neue Methode. Günter Zienterra führte Menschen in das Erleben ihres rhetorischen Potentials, individuell auf ihr jeweiliges Umfeld abgestimmt.
Ganz gleich ob Ministerin oder Vorstandsvorsitzender, Fußballnationaltrainer oder Bürgermeisterin, Verbandspräsident oder Kölner Dreigestirn: Die berufliche Laufbahn Günter Zienterras ist geprägt von zwischenmenschlichen Begegnungen. Die Menschen erlebten ihn fast im Stile eines epischen Theaterstücks, um urplötzlich selbst auf der Bühne zu stehen und ihr Potential entfalten zu können. Manchmal wirkte dieses interaktive Schauspiel irritierend. Und genau das wollte Günter Zienterra provozieren: den Willen zur Reflexion, zur Erkenntnis, zur Entwicklung.
Er war ein mutiger Redner, der Neues schaffen und umsetzen wollte. Mit ihm war jedes Training ein Erlebnis, an das sich so mancher noch Jahre später erinnert hat. Für einen Menschen hat der Besuch eines Seminars auf eine ganz besondere Weise gewirkt. Gabriele Börner, seit 2000 seine Ehefrau, lernte Günter Zienterra als Teilnehmerin kennen. Sie ließ sich von seiner Lebensfreude, seinem Sinn für das Schöne anstecken. Und sich mitnehmen auf die gemeinsame private und auch berufliche Reise im Institut.
"Weitermachen!" - dieses Credo galt für Günter Zienterra Zeit seines Lebens. Zuletzt begleitete er das Institut für Rhetorik und Kommunikation als Senior Berater, Ausbilder für Trainer der institutseigenen Erlebnisrhetorik und aktiver Textblogger. Das Institut war sein Leben, TV Debatten und Wahlkampf-Analysen galten als seine Leidenschaft. Seine pointieren Stellungnahmen wirkten. In seinen Büchern "Sonne aus dem Pfefferstreuer" und "Schatzkiste der Rhetorik" spiegelt sich die große Lebenslust eines Mannes, der im Einfachen das Schöne sah. Als langjähriger Förderer studentischer Initiativen wie dem OFW Köln und der Studentenorganisation AIESEC sowie als Sammler und Förderer der schönen Künste war und blieb er stets Entdecker und gleichsam Gestalter.
Am 18. Juni 2015 verstarb Günter Zienterra. Er wurde 74 Jahre alt. Er brachte seit den 60er Jahren einen frischen Wind in das rhetorische Handwerk ein: den unermüdlichen Glauben, dass jeder sein rhetorisches und kommunikatives Potential entfalten kann. Ja, wirklich jeder - wenn er oder sie nur will.
Und es bleibt so Vieles mehr: Für ihn war das Leben zu groß, um eine freudlose Veranstaltung daraus zu machen. Wer offen für Neues bleibt und sich frei macht von Furcht, dem ist das Leben ein Geschenk. Also: "Weitermachen!"
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