Stichwort des Monats Juli: Gewerbeuntersagung
04.07.2011
Handel & Dienstleistungen
In Deutschland muss jede Gewerbeausübung dem Gewerbeamt angezeigt werden. Für bestimmte Arten von Gewerbetätigkeiten - z. B. Makler und Bauträger, Gaststätten oder Bewachungsunternehmen - ist eine besondere Gewerbeerlaubnis nötig, für de-ren Erteilung der Antragsteller unter anderem seine persönliche Zuverlässigkeit glaubhaft machen muss. Das Gewerbeamt kann jedoch die Ausübung eines Gewerbes auch nachträglich untersagen. Häufigster Grund für eine Gewerbeuntersagung ist "Unzuverlässigkeit" im Sinne von § 35 Gewerbeordnung. Von dieser wird insbesonde-re bei hohen Steuerschulden oft ausgegangen. Die D.A.S. Rechtsschutzversicherung stellt dazu einige einschlägige Gerichtsurteile vor.
Fall 1: Gewerbeuntersagung wegen Steuerschulden
Als unzuverlässig wird ein Gewerbetreibender zum Beispiel dann angesehen, wenn er seinen Verpflichtungen gegenüber dem Finanzamt nicht nachkommt. So wies das Oberverwal-tungsgericht Rheinland-Pfalz die gegen eine Gewerbeuntersagung gerichtete Klage eines Gastronomen ab. Der Betreiber eines China-Restaurants hatte wiederholt keine Steuererklä-rungen und Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben. Er hatte erhebliche Steuerschulden; auch Lohnsteuer hatte er teilweise nicht abgeführt. Ebenfalls bestanden Beitragsrückstände bei der gesetzlichen Krankenkasse. Schließlich wurde ihm die Ausübung seines Gewerbes untersagt. Dagegen wandte er sich mit einer Klage. Hauptargument war, dass während des mittlerweile laufenden Insolvenzverfahrens eine Gewerbeuntersagung aufgrund seiner Steu-erschulden nach § 12 Gewerbeordnung nicht zulässig sei. Das Gericht betonte jedoch, dass seine Unzuverlässigkeit schon deshalb erwiesen sei, weil er auch vor Eröffnung des Insol-venzverfahrens Umsatz- und Lohnsteuer nicht abgeführt und die notwendigen Steuererklä-rungen nicht abgegeben habe. Auch nach der vorläufigen Freigabe der Fortsetzung des Ge-werbes durch die Insolvenzverwalterin sei der Mann seinen Erklärungspflichten nicht nach-gekommen. Änderungen in seinem Verhalten seien nicht zu erwarten.
Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 03.11.2010, Az. 6 A 10676/10
Fall 2: Unerlaubtes Gewerbe und Straftaten
Auch in einem vor dem Oberverwaltungsgericht Lüneburg verhandelten Fall war über das Vermögen eines Gewerbetreibenden ein Insolvenzverfahren eröffnet worden. Auch hier wehrte sich der Unternehmer gegen die Gewerbeuntersagung, indem er auf § 12 Gewerbe-ordnung verwies - ohne Erfolg. Das Gericht erläuterte, dass ihm bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Gewerbeausübung mit sofortiger Wirkung untersagt worden sei. Er hätte also das Gewerbe bei Insolvenzeröffnung gar nicht mehr ausüben dürfen. Erschwerend kam hinzu, dass ihm nicht allein wegen seiner Steuerschulden das Gewerbe untersagt wor-den war: Er war vor Entstehung der Steuerschulden bereits mehrfach wegen Untreue straf-rechtlich verurteilt worden. Auch aus seinen Straftaten konnte damit auf seine Unzuverläs-sigkeit geschlossen werden.
Oberverwaltungsgericht Lüneburg, Beschluss vom 08.12.2008, Az. 7 ME 144/08
Fall 3: Vermittlung von Sportwetten mit "DDR"-Gewerbeerlaubnis
Mit einer ganz anderen Fallkonstellation hatte sich das Verwaltungsgericht Stuttgart zu be-fassen: In insgesamt acht Fällen hatten verschiedene Gewerbetreibende Annahmestellen für Sportwetten betrieben, welche sie an einen Sportwetten-Betreiber in Gera / Thüringen weiter-leiteten. Der Betrieb hatte noch 1990 eine Gewerbeerlaubnis nach dem früheren Recht der "DDR" erhalten, die ihm eine Tätigkeit als Sportwetten-Buchmacher erlaubte. Die Gewerbe-ämter in den alten Bundesländern untersagten nun den dortigen Wettannahmestellen dieses Buchmachers die Gewerbeausübung als unerlaubtes Glücksspiel, weil sie die Gewerbeer-laubnis des Buchmachers in Gera nicht anerkannten. Das Verwaltungsgericht nahm den Ei-nigungsvertrag zur Hand und zog aus dessen Artikel 19 den Schluss, dass eine in der DDR erteilte Gewerbeerlaubnis auch in den alten Bundesländern zu respektieren sei. Verwal-tungsakte der "DDR" blieben grundsätzlich im ganzen heutigen Bundesgebiet wirksam; sie könnten allerdings aufgehoben werden, wenn sie rechtsstaatlichen Grundsätzen widersprä-chen (was hier nicht der Fall war). Die Gewerbeämter hätten daher ihr Ermessen in allen acht Fällen fehlerhaft ausgeübt. Es durfte weiter gewettet werden.
Verwaltungsgericht Stuttgart, Urteil vom 07.10.2008, Az. 4 K 3230/06
Rechtstipp: Gewerbeuntersagung in der Insolvenz
Laut § 12 Gewerbeordnung darf eine Gewerbeuntersagung bei einem Gewerbetreibenden, über dessen Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, nicht auf genau die Umstän-de gestützt werden, die zum Insolvenzverfahren geführt haben. Im Klartext: Keine Gewerbe-untersagung wegen Geldknappheit in der Insolvenz. Schließlich ist es der Sinn des Insol-venzverfahrens, dass die Gläubiger möglichst zu ihrem Geld kommen und dem Betrieb wo-möglich noch eine Chance zur Sanierung gegeben werden kann. Oft ist eine Betriebsfortset-zung unter Aufsicht des Insolvenzverwalters sinnvoll. Der Sinn des Insolvenzverfahrens wür-de unterlaufen, wenn das Gewerbeamt wegen Steuerschulden frühzeitig "den Laden dicht-macht". Trotzdem kann eine Untersagung ausgesprochen werden, wenn andere Gründe für die Unzuverlässigkeit des Unternehmers sprechen - etwa Straftaten oder das Fehlen jeglicher Kooperation mit dem Finanzamt schon vor Beginn des Insolvenzverfahrens.
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