Pressemitteilung von Mustafa Ucar

Hausverbot im Online-Shop - geht das?


Internet & Ecommerce

Jeder Online-Händler kennt sie und hat wahrscheinlich selbst welche: Unliebsame Kunden, die bestellen, alles zurücksenden und sich dann auch noch beschweren. Am liebsten möchte man solchen Kunden das Bestellen im Shop gleich ganz verbieten. Unter welchen Bedingungen das möglich ist, erklärt Tanya Stariradeff, Rechtsexpertin bei Trusted Shops.

Der Inhaber eines Ladengeschäfts kann frei darüber entscheiden, wem er Eintritt in seine Geschäftsräume gewährt. So kann er unliebsamen Kunden künftige Bestellungen verbieten. Im Internet wurde ein "virtuelles" Hausrecht dem Betreiber eines Internetforums zugesprochen, wenn er das Eigentum an der Hardware hat, auf der die Beiträge der Nutzer gespeichert werden, da er unter Umständen für in das Forum eingestellte Beiträge von Nutzern haftet und sich durch Sperrung der Nutzer schützen kann. Welche Möglichkeiten Online-Händler in solchen Fällen haben, war bisher unklar. Zwei aktuelle Entscheidungen machen erste Vorgaben.

Hausrecht vs. Vertragsfreiheit
Ein Online-Händler zog vor Gericht (LG Ulm, Beschluss vom 13.01.2015, 2 O 8/15), weil er einem Kunden wegen der Verletzung eines Verbots des kommerziellen Weiterverkaufs Hausverbot für seinen Online-Shop erteilt hatte. Der Kunde bestellte aber weiter und wollte keine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgeben. Zu Recht, urteilte das Gericht, denn Online-Händlern stünde kein Hausrecht zu. Durch die weiteren Bestellungen werde der Händler - anders als beispielsweise ein Forenbetreiber - keiner Haftung ausgesetzt sein. Vielmehr könne er sich auf die Vertragsfreiheit berufen.

Der Grundsatz der Vertragsfreiheit besagt unter anderem, dass jede Privatperson frei darüber entscheiden kann, ob und mit wem er einen Vertrag abschließen will oder nicht. Die Vertragsfreiheit gilt zwar nicht ausnahmslos, die Ausnahmetatbestände dürfen im Regelfall jedoch nicht einschlägig sein. Solange kein Vertrag zustande gekommen ist, steht es dem Händler frei, Bestellungen des Kunden nicht anzunehmen. Die Ablehnung muss auch nicht begründet werden.

Ist der Vertrag bereits mit der Bestellung durch den Kunden zustande gekommen, wie zum Beispiel bei Verwendung von sofortigen Zahlungsmitteln (beispielsweise eine Sofortüberweisung), ist der Händler zunächst zur Lieferung verpflichtet. Er ist ausnahmsweise dann nicht gezwungen, die Ware zu liefern, wenn er hierdurch Gefahr liefe, Rechte Dritter zu verletzen oder wenn der Besteller gegen die AGB des Händlers verstößt und der Händler ihn auf die Rechtsfolge der Nichtlieferung hingewiesen hat, so das Gericht.

Sperrung des Kundenkontos
Über die Frage, ob der Händler darüber hinaus das Kundenkonto des Bestellers löschen kann, hatte das OLG Köln (Urteil vom 26.2.2016, 6 U 90/15) zu entscheiden. Nach Auffassung des Gerichts ist die Löschung eines Kundenkontos dann unzulässig, wenn der Kunde nach der Sperrung auf Inhalte nicht mehr zugreifen kann, an welchen er ein Nutzungsrecht erworben hat. Die Entscheidung betraf allerdings die Online-Plattform Amazon, auf welcher der Kunde digitale Inhalte (zum Beispiel MP3s oder Videos) "kaufen" kann, so dass er dauerhaft auf sie zugreifen kann. Im herkömmlichen Online-Shop dürfte die Konto-Sperrung hingegen möglich sein.

Besteht die Möglichkeit einer Gast-Bestellung kann sich der Händler auch hier auf die Vertragsfreiheit berufen und die Bestellung ablehnen. Ist der Vertrag jedoch geschlossen - dann dürfte der Händler auch hier unter den obigen Voraussetzungen die Erfüllung des Vertrags verweigern.

Was sollte der Händler tun?
Damit unliebsame Kunden nicht beliefert werden müssen, sollte im Vorfeld der künftigen Bestellungen auf das Folgende geachtet werden:

Wenn ein bestimmtes Kundenverhalten unerwünscht ist (wie kommerzieller Weiterverkauf), sollte dies ausdrücklich in den AGB festgelegt werden, damit sie sich später auf eine Vertragsverletzung berufen können. Dabei dürften die Rechte des Kunden nicht eingeschränkt werden. Eine Klausel, die häufige Widerrufe entsprechend sanktionieren will, ist unzulässig. Wenn der Kunde nicht mehr als Vertragspartner für den Shop in Betracht kommt, weil sein Verhalten rechtswidrig ist, ist hierfür keine ausdrückliche Regelung in den AGB erforderlich.
Dem Kunden mitteilen, dass künftig keine Verträge mehr mit ihm eingegangen werden. Denn nur in diesem Fall kann die Erfüllung eines bereits geschlossenen Vertrags ablehnt werden. Der Kunde kann auch im Voraus in den AGB über die Rechtsfolgen eines vertragswidrigen Verhaltens informiert werden. Die Klausel sollte jedoch von einem spezialisierten Rechtsanwalt formuliert werden.
Vor der Löschung eines Kundenkontos prüfen, ob dort Inhalte gespeichert werden, an denen der Kunde ein dauerhaftes Nutzungsrecht hat. Des Weiteren muss darauf geachtet werden, dass keine Inhalte gelöscht werden, für die gesetzliche Aufbewahrungspflichten gelten. Trusted Shops empfiehlt, den Kunden vor der Kundensperrung rechtzeitig zu informieren, damit er für seine Rechtdurchsetzung gegebenenfalls relevante Informationen (zum Beispiel Vertragstext, Bestelldaten) herunterladen kann.
Der Händler sollte soweit möglich technische Vorkehrungen treffen, um künftige Bestellungen des gesperrten Kunden zu vermeiden.

Experten-Tipp:
Wenn erst nach Vertragsschluss feststellt wird, dass ein Kunde unzulässigerweise bestellt hat, sollte ihm unverzüglich mitgeteilt werden, dass und warum er nicht mehr beliefert wird. Jedes Verhandeln über den Vertrag kann als widersprüchliches Verhalten des Händlers gedeutet werden und zu einer Lieferpflicht führen.

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