Im Schatten von Remarque ...
12.05.2014
Kunst & Kultur
In dem bisher auf Hörbücher zu Filmen spezialisierten Verlag MEDIA Net-Edition, Kassel, ist als zweites Werk der Reihe Filme zum Lesen Ernst Johannsens Antikriegsroman Vier von der Infanterie. Ihre letzten Tage an der Westfront 1918 erschienen, der von G. W. Pabst unter dem Titel WESTFRONT 1918. VIER VON DER INFANTERIE verfilmt wurde.
Krieg, Medien und Gedächtnis
Der Erste Weltkrieg ist eines jener einschneidenden historischen Ereignisse, die Europa politisch-gesellschaftlich und mental prägten. Der Beginn dieser "Urkatastrophe Europas" (G. F. Kennan) jährt sich im Sommer 2014 zum hundertsten Mal. Der "Ausbruch" und der Verlauf des Krieges werden schon seit geraumer Zeit medial kontextualisiert und analysiert, meist aber nur illustriert. Bücher und Filme aus dem Umfeld dieses Krieges sind dabei wichtige Erinnerungsmedien, die sowohl etwas über die Ereignisse als auch über die Zeit ihrer Deutung aussagen.
"Lässig beginnt der Tod, Mensch und Tier zu ernten."
An diesen Krieg erinnern und seinen Verlauf sowie sein "Wesen" deuten will auch Ernst Johannsens Antikriegsroman Vier von der Infanterie. Ihre letzten Tage an der Westfront 1918, der in dem Kontext der gegen Ende der zwanziger Jahre in der Weimarer Republik entstandenen (Anti-)Kriegsromane zu verorten ist. Das skeptisch-pessimistische Werk erzählt von vier durchaus unterschiedlichen Kameraden, einfachen Soldaten, ihren Erlebnissen und Gedanken, von ihrem Leben und Sterben an der Westfront. Der Ende 1928 entstandene, dann 1929 im politisch linksgerichteten Hamburger Fackelreiter-Verlag erschienene Roman wurde in 14 Sprachen übersetzt, seine (heute vergriffene) Gesamtauflage lag bei etwa 120.000 Exemplaren. Freilich reichte das schonungslos von der Frontrealität des Ersten Weltkrieges erzählende Werk nicht an den großen Publikumserfolg des von Erich Maria Remarque fast zeitgleich veröffentlichten Roman Im Westen nichts Neues heran, obwohl die beiden Werke in struktureller wie inhaltlicher Sicht in vieler Hinsicht vergleichbar sind.
"Der rote Pabst" an der Westfront
Diese "Ungleichheit unter Gleichen" findet sich bis heute medial gespiegelt auch in der Gegenüberstellung der Verfilmungen wieder: Lewis Milestones auf Remarques Roman basierender Film ALL QUIET ON THE WESTERN FRONT war und ist ungleich populärer als G. W. Pabsts Johannsen-Adaption WESTFRONT 1918. VIER VON DER INFANTERIE (beide Filme wurden in Deutschland im Jahr 1930 uraufgeführt). Dabei wird das ästhetisch anspruchsvolle Werk, das besonders aussagekräftige Motive der Romanvorlage zentriert, mittlerweile als der erste moderne deutsche Kriegsfilm gesehen. Und Pabst zählt sowieso - neben Lang, Lubitsch und Murnau - zu den "großen Vier" der deutschen Filmgeschichte.
Krieg und Kontext
Die vorliegende Neuveröffentlichung von Vier von der Infanterie. Ihre letzten Tage an der Westfront 1918 zielt daher zunächst darauf, den dem Film zugrundeliegenden kriegskritischen Roman von Ernst Johannsen wieder zugänglich zu machen. Darüber hinaus werden in dem ausführlichen Nachwort Roman und Verfilmung analysiert und kontextualisiert, dabei wird zum ersten Mal auf das im Filmmuseum München archivierte Drehbuch des Regisseurs zurückgegriffen. Ergänzt werden diese Ausführungen mit den Biografien der Autoren, im Fall von G. W. Pabst durch freundliches Zurverfügungstellung eines Artikels aus dem CineGraph.
Ernst Johannsen
Vier von der Infanterie. Ihre letzten Tage an der Westfront 1918
Filme zum Lesen, Nr. 2. Hrsg. v. Andre Kagelmann u. Reinhold Keiner
Kassel: MEDIA Net-Edition 2014
ISBN: 978-3-939988-23-6
Preis: 24,90 EUR (D); 25,60 EUR (A); 35,50 EUR (CHF)
Verlag
MEDIA Net-Edition, Tiessenstraße 3, 34134 Kassel
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