Glaubwürdigkeit beginnt mit Zuhören
01.09.2020
Medien & Kommunikation
Wie nie zuvor wird von Unternehmen heute erwartet, dass sie gesellschaftliche Verantwortung übernehmen. In kaum einer Vorstandsrede fehlt deshalb der Hinweis auf verantwortliche Unternehmensführung oder Corporate Social Responsibility, kurz: CSR. "Tue Gutes und rede darüber!" Dieses Bonmot aus der Werbebranche der 1960er Jahre kann im Fall von CSR allerdings leicht Gegenteiliges bewirken.
Schnell steht der Vorwurf des "Greenwashings" im Raum. Um deutlich zu machen, dass die Rede von Verantwortung kein bloßes Lippenbekenntnis ist, gilt es nicht nur klare Verhaltensmaximen zu definieren. Es kommt auch darauf an, die ethische Grundhaltung des Unternehmens durch Dialog und Engagement überzeugend nach außen zu tragen. Damit dies gelingt, müssen verantwortliches Handeln und Kommunikation Hand in Hand gehen.
So lautete bereits im Sommer 2010 der Kerngendanke meines Buches über Strategien für eine glaubwürdige CSR-Kommunikation. Damals hielten so manche in der Branche CSR für nichts weiter als ein neues PR-Instrument: Endlich wieder etwas Gutes, worüber man reden konnte! Doch bald war klar, dass althergebrachten Mechanismen der Unternehmens- und Markenkommunikation sich nicht 1:1 auf die verantwortliche Unternehmensführung übertragen lassen. Die kritische Öffentlichkeit, die mit dem Internet enorm an Dynamik gewann, erforderte ein Umdenken: vom Manipulieren und Verführen hin zum Zuhören und (Ver-)Antworten.
Heute liegt völlig auf der Hand, welche zentrale Bedeutung Kommunikation auch für das Thema Nachhaltigkeit hat. Das Phänomen Greta Tunberg hat es uns allen deutlich vor Augen geführt. Nicht die vielen honorigen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, nicht die unzähligen Konferenzen wichtiger Politikerinnen und Politiker, sondern eine 16-jährige Schülerin aus Schweden hat es geschafft den Wake-up Call so zu vermitteln, dass er auch gehört wurde. Es hat eben einfach alles gepasst: Timing, Story, Testimonial - wie aus einem Lehrbuch. Kein Wunder, dass Greta so viele Neider hat.
Für Unternehmen geht es im Grunde um nichts anderes. Sie bewegen sich aber immer auf dünnem Eis, wenn es darum geht, Kommunikation und gesellschaftliche Verantwortung zu verknüpfen. Die zentrale Herausforderung liegt dabei in dem ethischen Grundkonflikt zwischen Gewinnstreben und Moral des Unternehmens.
Um hier das richtige Maß zu finden und Vertrauen zu gewinnen, kommt es auf Transparenz und Dialogbereitschaft an. Glaubwürdigkeit beginnt mit Zuhören: Wer die Interessen seiner Stakeholder ernst nimmt, für den verwandeln sich die oftmals als lästig empfundenen kritischen Fragen der Anspruchsgruppen in ein Geschenk. Sie tragen wesentlich zur Analyse von gesellschaftlich relevanten Themen und Erwartungen bei und bilden auf diese Weise eine wichtige Grundlage für strategische Entscheidungen des Unternehmens. Diese Einsicht ist heute so aktuell wie nie.
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