Was Online-Apotheker bei Prospektwerbung so alles falsch machen können...
16.07.2011
Politik, Recht & Gesellschaft
Was ist passiert?
Die Wettbewerbszentrale nahm einen Online-Apotheker wegen folgenden Fehlern in seiner Prospekt- wie auch Onlinewerbung in Anspruch:
In der Prospektwerbung fand sich die Angabe "Versandapotheke X" inklusive Anschrift sowie ein Hinweis auf die entsprechende Internetseite, jedoch keine weiteren Hinweis auf die Identität bzw. den Namen des Beklagten.
Im Prospekt befand sich unten auf jeder Seite - vom restlichen Inhalt abgegrenzt durch einen Balken - der Hinweis "Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker".
Auf der Internetseite findet sich der "Risiko-Hinweis" auf jeder Unterseite. Allerdings wird auf diesen nicht extra - etwa durch ein Sternchen oder einen Link - hingewiesen.
Wie hat das Gericht entschieden?
Das LG Ravensburg gab der Wettbewerbszentrale Recht und sprach dieser die geltend gemachten Unterlassungsansprüche zu.
1. Zunächst wurde ein Verstoß gegen §§ 3, 5a Abs. 2, Abs. 3 Nr. 2, 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2 UWG bejaht, da durch die Angabe "Versandapotheke X" die Identität des Beklagten nicht in ausreichender Weise wiedergegeben werde. Die reine Adressangabe sei nicht ausreichend, vielmehr sei daneben auch noch eine explizite Identitätsangabe notwendig.
2. Außerdem wurde ein Verstoß gegen § 4 Abs. 3 S. 1 HWG bejaht, da sowohl in der Prospektwerbung als auch auf der Internetseite der Pflichthinweis "Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker" nicht ordnungsgemäß eingebunden gewesen sei. Der Text müsse dem entsprechenden Arzneimittel direkt zugeordnet werden können und dürfe kein "losgelöstes kommunikatives Eigenleben entwickeln".
Die Ausführungen des Gerichts im Wortlaut:
§ 4 Abs. 3 HWG setzt als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal zumindest voraus, dass der vorgeschriebene Text überhaupt noch als der Werbung für das betreffende Arzneimittel zugeordnet erscheint. Er muss als der sachlich-informative Teil der Gesamtwerbung erkannt werden, darf also kein losgelöstes kommunikatives Eigenleben entwickeln. Nur bei dieser Auslegung der Vorschrift können die Pflichthinweise überhaupt die ihnen zugedachte Funktion als integrierter Sachbestandteil der Gesamtwerbung erfüllen (...).
Dem wird der streitgegenständliche Prospekt des Beklagten nicht gerecht. Denn tatsächlich ist der gesamte Prospekt des Beklagten so gestaltet, dass die Werbung für jedes einzelne Produkt eine in sich geschlossene Einheit darstellt. Abgesehen v. S. 1 des Prospekts wird dieser Eindruck durch farbliche Rahmen noch verstärkt. Unter diesen Werbeeinheiten steht der Text "Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker" au0erhalb des großen grünen Rahmen völlig zusammenhangslos. Für welches der beworbenen Produkte, d.h. einzelne oder alle, der Hinweis gelten soll, erschließt sich dem Betrachter nicht. Zudem kann ein Bezug zu den auf S. 1 angebotenen beiden Produkten nicht durch die Vielzahl der Hinweise ab S.2 unten hergestellt werden.
Entsprechende gilt für den Internetauftritt des Beklagten. Dadurch, dass der Pflichthinweis, "Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker" quasi als Rahmenmaske am unteren Ende jeder Seite oder Unterseite - einschließlich des Impressums - steht, wird der Bezug zu einzelnen Produkten aufgehoben.
Was bedeutet das für die Praxis?
Die IT-Recht Kanzlei empfiehlt bei Prospektwerbung immer ein vollständiges Impressum anzugeben.
Der Pflichthinweis "Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker" muss in direktem räumlichen Zusammenhang mit dem jeweils beworbenen Arzneimittel stehen. Wird der Hinweis nicht direkt bei jedem Produkt aufgenommen, sondern lediglich in der Fußzeile der Internetseite bzw. des Prospekts, so muss eine eindeutige Zuordnung hergestellt werden - beispielsweise durch eine Fußnote oder einen Sternchenhinweis.
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