Kleider machen Arbeitnehmer - darf mein Chef bestimmen, welche Unterwäsche ich tragen muss?
15.08.2011 / ID: 24391
Politik, Recht & Gesellschaft
Kleider machen Leute, das wussten wir bereits. Kleider machen aber auch Arbeitnehmer, das hat das Landesarbeitsgericht Köln in einer aktuellen Entscheidung (AZ: 3 TaBV 15/10) noch einmal klargestellt. Es hat einer Firma Recht gegeben, die für die Sicherheitskontrolle am Flughafen Köln-Bonn zuständig ist und von ihren Mitarbeitern verlangt hatte, dass diese einfarbige Unterhosen in Weiß oder Hautfarbe tragen. Blümchenmuster auf dem Schlüpfer wurden explizit verboten und Frauen verpflichtet, einen BH zu tragen.
In vielen Branchen (Sicherheitsunternehmen, Müllabfuhr, Gebäudereinigung, Bauunternehmen usw.) ist es üblich, dass die Mitarbeiter eine einheitliche Kleidung tragen. Oft hat dieser eine bestimmte Farbe und ein Firmenlogo prangt an herausgehobener Stelle. Nun ist der Geschmack des Inhabers nicht immer auch der jedes einzelnen Mitarbeiters. Dem einen oder anderen mag eine bestimmte Arbeitskleidung sogar peinlich sein. Wenn man sieht, was die Firmenschneider sich hier so ausdenken, scheint mir das nicht ganz unverständlich. Gleichwohl ist es in der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung anerkannt, dass Firmen in einem allerdings nicht uferlosen Umfang die Kleidung ihrer Mitarbeiter bestimmen können. Das gilt vor allem dann, wenn einheitliche Firmenkleidung vom Arbeitgeber gestellt wird.
Vor diesem Hintergrund mag das Urteil zunächst irritieren. Allgemein dürfte den Arbeitgeber nur die Kleidung des Mitarbeiters etwas angehen, die auch von Dritten wahrgenommen werden kann. Hier hatte der Arbeitgeber damit argumentiert, dass durch das Tragen von Unterwäsche die Dienstkleidung geschont werde. Das sei wichtiger als die freie Wahl des Mitarbeiters, auf Unterwäsche zu verzichten. Das Landesarbeitsgericht ist dieser Argumentation gefolgt. Meines Erachtens geht das zu weit. Wenn der Arbeitgeber Dienstkleidung stellt, muss er auch damit rechnen, dass diese durch übliche Nutzung abgenutzt wird. Der Kontakt von bloßer Haut auf Stoff überschreitet dieses Maß einer üblichen Nutzung sicher nicht. Dann ist es aber letztlich Sache des Arbeitnehmers, ob er Unterwäsche trägt oder nicht.
Auch das Landesarbeitsgericht Köln kennt Grenzen beim Bestimmungsrecht des Arbeitgebers. Im zitierten Fall hatte der Arbeitgeber außerdem eine einheitliche Farbe der Fingernägel vorgeschrieben und Männern verboten, ein Toupet zu tragen oder die Haare in unnatürlich wirkenden Farben zu färben.
Soweit der Arbeitgeber die Länge der Fingernägel der Mitarbeiter auf maximal 0,5 cm beschränken wollte, hielt das Landesarbeitsgericht Köln dies wegen der ansonsten bestehenden erhöhten Verletzungsgefahr bei den Passagieren für zulässig. Auch hier stellt sich die Frage, ob das nicht zu weit geht. Wenn ein Mitarbeiter wegen extrem langer Fingernägel häufiger Passagiere schuldhaft verletzt oder wegen dieser Fingernägel nicht vernünftig arbeiten kann, stehen dem Arbeitgeber die üblichen Instrumentarien des Arbeitsrechts (Ermahnung, Abmahnung, Kündigung im Wiederholungsfall usw.) zur Verfügung.
Tipp vom Fachanwalt für Arbeitnehmer: Wie das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln zeigt, hat der Arbeitgeber ein recht weitreichendes Bestimmungsrecht hinsichtlich Kleidung und Auftreten seiner Mitarbeiter. Auch wenn keine Dienstkleidung gestellt wird, kann der Arbeitgeber jedenfalls dort, wo dies möglich ist, Kleidungsvorschriften machen. Den Mitarbeitern von Banken und Versicherungen kann vorgeschrieben werden, dass diese mit Anzug, Hemd und Krawatte zum Dienst erscheinen. Das Bestimmungsrecht des Arbeitgebers findet dort seine Grenze, wo er in unverhältnismäßiger Weise in das Selbstbestimmungsrecht des Arbeitnehmers eingreift. So dürfte der Arbeitgeber von einem Mitarbeiter der Stadtreinigung, der die Papierkörbe entleert, sicher nicht verlangen, dies in "Schlips und Kragen" vorzunehmen.
Tipp vom Fachanwalt für Arbeitgeber: Vorsicht bei vertraglichen Formulierungen zur Kleiderordnung in Arbeitsverträgen. Wenn diese zu weit gehen, weil zum Beispiel gar kein vernünftiges Interesse des Arbeitgebers erkennbar ist, kann die ganze Regelung unwirksam sein. Der Arbeitnehmer kann sich dann wieder die Kleidung aussuchen.
Ein Beitrag von Rechtsanwalt Alexander Bredereck, Berlin
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