Rechte und Pflichten bei Schnee und Eis - Verbraucherinformation der ERGO Rechtsschutz Leistungs-GmbH
02.01.2023
Politik, Recht & Gesellschaft
Verschneite Landschaften sind schön anzusehen - für viele bedeutet die weiße Pracht allerdings auch mehr Aufwand. Wer beispielsweise ein Haus hat, muss die Räum- und Streupflicht einhalten. Was es hierbei zu berücksichtigen gilt und welche anderen Pflichten, aber auch Rechte für Hauseigentümer, Autofahrer, Arbeitnehmer sowie Bahnfahrer im Winter gelten, weiß Michaela Rassat, Juristin der ERGO Rechtsschutz Leistungs-GmbH.
Räum- und Streupflicht für Hauseigentümer
Wenn Schnee fällt, sind Hauseigentümer dafür verantwortlich, den Weg vor ihrem Grundstück zu räumen. Bei Glätte gilt zudem die Streupflicht. Zu welchen Zeiten Anlieger schippen und streuen müssen, ist bundesweit nicht einheitlich geregelt: "Jede Gemeinde hat ihre eigene Satzung. In den meisten Regionen sollten die Wege vor den Grundstücken sowie die Zugänge zum Haus wochentags bis 7 Uhr morgens geräumt sein", informiert Michaela Rassat. Bei fortdauerndem Schneefall sollten Eigentümer sie zusätzlich bis 20 Uhr, teils bis 22 Uhr, regelmäßig vom Schnee befreien. An Sonn- und Feiertagen beginnt die Räumpflicht etwas später: Je nach Gemeinde müssen Schnee und Eis dann zwischen 8 und 9:30 Uhr beseitigt werden - und zwar in Form einer begehbaren Schneise von bis zu 1,50 Metern Breite. Außerdem sollten Anlieger zum Streuen kein Salz verwenden. "In den meisten Gemeinden ist dies aus Umweltschutzgründen verboten. Darüber hinaus ist das Salz schädlich für Tiere sowie für Fahrzeuge und Gebäudemauern. Alternativ eignen sich Sand, Kies, Splitt oder Granulat", so Rassat.
Übertragbarkeit der Räum- und Streupflicht
Viele Hauseigentümer erledigen das Räumen und Streuen jedoch nicht selbst, sondern übertragen diese Pflicht auf ihre Mieter. "Eine solche Regelung muss ausdrücklich im Mietvertrag oder in der Hausordnung als Bestandteil des Mietvertrages vereinbart sein", betont die Juristin der ERGO Rechtsschutz Leistungs-GmbH. Außerdem sollte der Vermieter die benötigte Ausrüstung, wie Schneeschaufel und Streugut, zur Verfügung stellen. Mieter sind nicht dazu verpflichtet, diese auf eigene Kosten zu beschaffen. Wichtig: Auch wenn der Eigentümer den Winterdienst per Mietvertrag explizit an die Mieter abgegeben hat, sollte er regelmäßig die Einhaltung der Räum- und Streupflicht kontrollieren, da er bei einem Unfall sonst trotzdem belangt werden kann. Alternativ kann er auch einen externen Winterdienst engagieren. Verletzt sich ein Passant, weil die Verantwortlichen ihrer Pflicht nicht nachgekommen sind, drohen Schadensersatzklagen, Schmerzensgeldforderungen und eine Anzeige wegen fahrlässiger Körperverletzung.
Schutz vor Dachlawinen
Ob Hauseigentümer Maßnahmen gegen Dachlawinen treffen müssen, ist in den Kommunen ebenfalls unterschiedlich geregelt. Die Vorschriften können von der allgemeinen Schneelage im jeweiligen Gebiet, der Neigung des Daches oder dem angrenzenden Verkehr abhängen. "So hat beispielsweise das Oberlandesgericht Karlsruhe entschieden, dass Schneefanggitter ab einer Dachneigung von 45 Grad notwendig sind. Nach dem Oberlandesgericht Dresden müssen Hauseigentümer diese erst ab 50 Grad anbringen", erläutert Rassat. Kommt eine Person oder ein Fahrzeug durch eine Dachlawine zu Schaden, haftet der Hauseigentümer, wenn er nicht alles zumutbar Erforderliche getan hat, um einen entsprechenden Unfall zu verhindern. "Diese Pflicht gilt aber bereits als erfüllt, wenn er ein Schneefanggitter angebracht oder ein gut sichtbares Warnhinweisschild mit der Aufschrift "Vorsicht Dachlawinen" aufgestellt hat", so die ERGO Juristin.
Autofahren: Aber bitte schneefrei
Wer für sein Auto keinen Garagenstellplatz hat, ärgert sich im Winter regelmäßig über zugefrorene Scheiben und eine dicke Schneehaube auf dem Fahrzeug. Auch wenn es nervt: Freischaufeln und -kratzen ist dann Pflicht. "Autofahrer, die nur ein Guckloch freigekratzt haben, gefährden sowohl sich selbst als auch andere Verkehrsteilnehmer, weil sie nicht den vollen Überblick über die Straße haben", warnt Rassat. Eine nicht abgeräumte Schneeschicht kann beim Beschleunigen oder Bremsen vom Dach rutschen und andere Autos oder Fußgänger treffen. Bei schneebedeckten Scheinwerfern, Rückleuchten und Blinkern sind Autos im Straßenverkehr zudem schlechter erkennbar, was in der dunklen Jahreszeit schnell zu Unfällen führt. "Scheiben, Blinker, Rücklichter, Scheinwerfer, Kennzeichen sowie Dach, Heck und Motorhaube müssen daher vor Fahrtantritt frei von Schnee sein, sonst drohen Bußgelder", betont die Juristin von ERGO.
Wetterbedingte Verspätungen am Arbeitsplatz
Arbeitnehmer können nichts für die widrigen Umstände im Winter - trotzdem ist es ihre Pflicht, pünktlich am Arbeitsplatz zu erscheinen. Denn sie tragen das sogenannte Wegerisiko und müssen sich rechtzeitig über die Wetterverhältnisse informieren. Bei absehbaren Verkehrsbehinderungen heißt es: mehr Zeit einplanen. "Wer trotz vorhersehbaren Schneefalls öfter zu spät kommt, kann eine Abmahnung erhalten", warnt Rassat. Treten allerdings unvorhersehbare Umstände wie ein plötzlicher Schneesturm ein, ist eine Abmahnung nicht gerechtfertigt. Ebenso nicht, wenn der Beschäftigte schon am Vorabend aufbrechen müsste, um morgens pünktlich zu sein. Dies gilt auch, wenn es dem Arbeitnehmer überhaupt nicht möglich ist, seinen Arbeitsplatz zu erreichen - etwa bei einem Schneechaos in der gesamten Region. Trotzdem hat der Arbeitnehmer den Arbeitgeber zu informieren, und der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, die versäumte Arbeitszeit zu vergüten.
Rechte bei Verspätungen der Bahn
Auch der öffentliche Nah- und Fernverkehr ist nicht vor dem alljährlichen Winterchaos gefeit. Bahnfahrer haben ab einer Verspätung von 60 Minuten Anspruch auf eine Entschädigung. Dabei zählt die Ankunft am Zielbahnhof, nicht die Abfahrtszeit. Am besten lassen sich Fahrgäste jede Verspätung vom Zug- oder Servicepersonal bestätigen und eine Bescheinigung ausstellen. Um die Entschädigung zu beantragen, füllen sie das Fahrgastrechte Formular aus. Zusammen mit der Bescheinigung der Verspätung sowie der entsprechenden Fahrkarte schicken sie das Formular entweder per Post an die Deutsche Bahn oder geben alles am Serviceschalter ab. Inzwischen können sie auch über die DB-Navigator App eine Entschädigung geltend machen.
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