Whistleblowing - Gefahr oder Schutz für die Unternehmen?
08.03.2015
Unternehmen, Wirtschaft & Finanzen
Die meisten großen Unternehmen haben sich mittlerweile Compliance-Systeme erarbeitet, die sicherstellen sollen, dass Gesetze eingehalten werden und die Mitarbeiter nach hohen ethisch-moralischen Ansprüchen handeln. Ein wichtiger Bestandteil dieser Regeln ist das sogenannte Whistlebowing, das Mitarbeitern die Möglichkeit gibt, interne Missstände oder strafbare Handlungen von Kollegen und Führungskräften anonym dem Arbeitgeber anzuzeigen.
Speziell die großen Unternehmen haben die Notwendigkeit erkannt, im Rahmen ihres internen Kontrollsystems die eigenen Mitarbeiter als Informationsgeber zu aktivieren. Diese Möglichkeiten wurden von den Mitarbeitern in den letzten Jahren immer öfter genutzt, um firmen-interne Straftaten wie Korruption und Untreue aufzudecken. Dabei ist das Hauptmotiv ein gesundes Gerechtigkeitsgefühl der Mitarbeiter, die den eigenen Arbeitgeber vor weiterem Schaden schützen wollen. Doch es kommt auch vor, dass Arbeitnehmer interne Missstände öffentlich bekannt machen und den eigenen Arbeitgeber anzeigen.
Die gegenwärtige Rechtslage für Whistleblower in Deutschland ist unklar. In der öffentlichen Diskussion wächst allerdings der Druck, Whistleblower besser zu schützen. Momentan hat der Mut, das eigene Unternehmen anzuzeigen, für viele Informanten die Konsequenz, dass sie von ihrem Arbeitgeber gekündigt werden. In den nachfolgenden Arbeitsprozessen haben in der Vergangenheit viele Gerichte den Arbeitgebern Recht gegeben. Der Hauptgrund dafür war, dass gemäß den Richtersprüchen die Mitarbeiter ihre Treuepflicht gegenüber dem Arbeitgeber verletzt haben. Denn bevor diese an die Öffentlichkeit gehen dürfen, müssen sie zunächst den eigenen Arbeitgeber informieren, um ihm die Chance zu geben, die jeweiligen Missstände abzuschaffen.
Das deutsche Arbeitsrecht sieht vor, dass Mitarbeiter die schutzwürdigen Interessen des Arbeitgebers zu wahren haben. Deshalb verhalten sich deutsche Richter meist wertkonservativ und betonen neben der Arbeitspflicht auch die Treuepflicht der Arbeitnehmer. Dieser muss Stillschweigen über Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse wahren, darf keine Schmiergeldzahlungen annehmen und im jeweiligen Geschäftszweig nicht mit dem eigenen Arbeitgeber konkurrieren. Darüber hinaus darf er öffentlich keine kredit- und rufschädigenden Meinungen äußern und hat gegenüber seinem Arbeitgeber eine Mitteilungspflicht bei drohenden Schäden.
Der Treuepflicht des Arbeitsnehmers gegenüber steht sein Recht auf Meinungsfreiheit. Vor dem Hintergrund der weltweiten Abhörskandale der Geheimdienste in den letzten Jahren wächst der Druck in der Politik, Informanten besser zu schützen. Der Fall einer Altenpflegerin in Berlin, die ihren Arbeitgeber aufgrund mangelhafter Zustände in der Pflege anzeigte und daraufhin die Kündigung erhielt, weckte große Empörung. In ihrem Fall urteilte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR), dass die Kündigung unrecht war und zurückgenommen werden musste. Im Urteil wurde betont, dass das Recht auf freie Meinungsäußerung auch für Arbeitnehmer gilt und sie Missstände im Unternehmen öffentlich äußern dürfen.
Es ist davon auszugehen, dass sich die Rechtsprechung in den nächsten Jahren zu Lasten der Arbeitgeber entwickeln wird. Zur Zeit diskutiert man in der deutschen Politik ein Hinweisgeberschutzgesetz und auch die EU-Kommission erarbeitet Vorgaben zum besseren Schutz von Whistleblowern.
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