Lieferantenentwicklung auf den Punkt
13.09.2017
Unternehmen, Wirtschaft & Finanzen
(Ulm/ San Jose Chiapa, Puebla, Mexiko) - Die Audi AG hat in Mexiko ihr erstes Werk auf dem nordamerikanischen Kontinent eröffnet. Ingenics (https://www.ingenics.de/) konnte auf mehreren Ebenen zum erfolgreichen Produktionsstart beitragen. Von besonderer Bedeutung war die Aufgabe der Lieferantenentwicklung: In 18 Monaten wurden über 40 Zulieferer bei der Errichtung neuer Werke im unmittelbaren Umfeld der neuen Audi-Fabrik und rund 20 Zulieferer bei der Ertüchtigung bestehender Fabriken begleitet. Künftig werden hier jährlich 150.000 SUVs gebaut.
Im Zusammenhang mit der Entstehung des ersten eigenständigen Audi-Produktionswerks in Nordamerika war Ingenics auf mehreren Ebenen beteiligt - zum einen in der Fabrik- und Produktionsplanung und zum anderen bei der Lieferantenentwicklung.
In San Jose Chiapa im Bundesstaat Puebla produziert Audi Mexico mit dem SUV Q5 seit Anfang 2017 eines der erfolgreichsten Modelle der vergangenen Jahre für den gesamten Weltmarkt. Dank der günstigen geografischen Lage, der vergleichsweise günstigen Produktionskosten und einer qualifizierten Zuliefererkette hat der Standort Mexiko zunehmend an Attraktivität gewonnen. Die angepeilten 150.000 SUVs werden auf einem neu erschlossenen Gelände hergestellt, das mit Presswerk, Karosseriebau, Lackiererei, Montagehallen und Logistik-Park gut 460 Hektar umfasst.
Der Lieferantenentwicklung kommt insofern eine besondere Bedeutung zu, als bis zu 16.000 der rund 20.000 neuen Arbeitsplätzen auf zahlreiche Zulieferer entfallen, die zum großen Teil in der unmittelbaren Umgebung des neuen Audi-Werks angesiedelt wurden. Die Strategie des deutschen Premium-Herstellers war es von Anfang an, optimale Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass zum Start of Production (SOP) nicht nur die eigene Produktion bereitstand. Auch sämtliche Zulieferteile sollten von Anfang an im erforderlichen Umfang zur Verfügung stehen. Dafür mussten alle Lieferanten ihre Produktion mit hoher Synchronität starten können.
Einige der potenziellen Zulieferer betrieben bereits Fabriken in Mexiko
Um abzusichern, dass die Zulieferunternehmen zu dem von Audi vorgegebenen SOP im Herbst 2016 in der Lage sein würden, in der gewünschten Qualität und im erforderlichen Umfang zu liefern, wurde ein mehrteiliges Programm zur Lieferantenentwicklung aufgesetzt. Angesichts der Erfahrungen in der weltweiten Fabrikplanung wurden zwei der Bausteine Ingenics übertragen. Neben der Planung der Montage und der logistischen Versorgung mit den entsprechenden Qualifizierungsmaßnahmen (erster Baustein) handelte es sich um die Aufgabe der Lieferantenentwicklung (zweiter Baustein). Diese war zunächst und in der Theorie als reine Greenfield-Planung gedacht gewesen. Es erwies sich jedoch, dass einige der wichtigeren potenziellen Zulieferer bereits Fabriken in Mexiko betrieben, die im Kern den Anforderungen genügten, jedoch nicht über die erforderlichen Kapazitäten verfügten. "Es hat sich gezeigt, dass eine ganze Reihe der infrage kommenden Unternehmen vor der Herausforderung standen, dass sie nicht genügend Flächen und Ressourcen hatten, um das zusätzliche Volumen Audi abzubilden und deshalb ihre bestehenden Fabriken erweitern mussten", erklärt der verantwortliche Projektleiter TobiasKatai, Associate Partner und Key Account Manager bei der Ingenics AG. "So kam dann auch noch eine Brownfield-Komponente dazu."
Die bestmögliche Absicherung der Lieferkette sah vor, dass von Anfang an die Mehrzahl der Teile durch die zahlreichen Zulieferbetriebe, die rund um das Werk angesiedelt wurden, vor Ort gefertigt würden; langfristig soll der Lokalisierungsgrad noch weiter ausgebaut werden. Alle Zulieferer unterliegen einem Monitoring-Prozess auf der Basis der von Audi und Ingenics gemeinsam entwickelten Verfahren.
Projektphasen und Checklisten
Audi hatte Ingenics als bewährtem Partner im Bereich der internationalen Fabrikplanung ein Grundkonzept vorgegeben, auf welches das Tracking der Fabrikentstehung bei den künftigen Lieferanten aufbauen sollte. Dementsprechend lotste Ingenics die potenziellen Zulieferer über Meilensteine wie "Genehmigungsverfahren durchgeführt" oder "Halle ist wetterfest". Insgesamt waren nach den Vorgaben 17 Projektphasen zu bewältigen und mindestens mittels Checklisten als Prüfpunkte nachweislich erfolgreich abzuschließen.
Ab Frühjahr 2015 hat Ingenics mehr als 60 Zulieferer, von denen jeder einzelne vor Millionen teuren Investitionen stand, auf dem Weg nach Mexiko begleitet. In jedem Fall wurde zunächst im Rahmen einer Kick-off-Veranstaltung die Systematik erklärt und die potenziellen Lieferanten auf die 17 Meilensteine verpflichtet. Jeder erreichte Schritt musste fristgerecht - z. B. durch Fotos - belegt und durch Planungsunterlagen bestätigt oder durch einen Vor-Ort-Besuch von Ingenics verifiziert werden.
"Wir haben gemeinsam mit den Zulieferern alle Informationen zusammengetragen und ein wöchentliches Reporting eingerichtet, das zu Anfang unter meiner Leitung in Ingolstadt stattfand und später vor Ort in Mexiko von meinem Kollegen zu Ende gebracht wurde", so Tobias Katai. Die regelmäßig erstellten und aktualisierten Präsentationen habe man anlässlich der Statusreports bei Audi vorgestellt. Wichtig sei stets gewesen, den kritischen Punkt im Blick zu behalten, an dem beim Zulieferer die Verantwortung vom Akquisitionsverantwortlichen an die Fabrikplanung übergeben wurde. "Von diesem Punkt an hat man es dann entweder mit der Standortplanung oder mit der Zentralplanung zu tun, die nicht immer ohne Weiteres ansprechbar ist. Die sitzt bei den koreanischen Zulieferern in Korea, bei den mexikanischen in Mexiko und bei den deutschen in Deutschland."
Dann übernehmen die Kaufteilemanager
Vor Ort überwachte das Ingenics Team in Mexiko den Aufbau der Fabrikstrukturen, nahm eine ganze Reihe von Meilensteinen persönlich ab und dokumentierte sie. Mit den von Ingenics entwickelten Methoden konnte eine umfassende und ganzheitliche Analyse mit Visualisierungs-Tools durchgeführt werden. Auf der Basis von objektiven Daten und detaillierten Analysen konnte der Fortschritt im Fabrikaufbau bei den Zulieferern durchweg transparent dargestellt werden. Um sicherzustellen, dass neben der Infrastruktur die richtige Anzahl an Mitarbeitern in den entsprechenden Qualifikationsprofilen rechtzeitig verfügbar waren, erweiterte Ingenics, initiiert von Audi Production Readiness, den Baustein "Greenfield" um den Aspekt "Personal- und Qualifikations-Tracking".
"Sowohl für die Greenfield Lieferanten als auch für die Brownfield Lieferanten konnten wir auf eine von Audi initiierte Methodik aufsetzen", so Tobias Katai. "Die Herausforderung bestand letztlich darin, eine Systematik zu entwickeln, mit der man, ähnlich wie im Bereich Werkzeuge, den Fabrikentstehungsprozess beim Lieferanten visualisieren und somit ,tracken" sowie potenzielle Risiken identifizieren und bearbeiten konnte."
So ist sichergestellt worden, dass die Zulieferer ihre Lieferzusagen zum Produktionsstart gemäß Zeitplan einhalten konnten, wobei Audi nach dem SOP die Beziehungen zu den einzelnen Zulieferern komplett übernahm. "Für Audi war es besonders wichtig, dass wir jederzeit über den Status bei jedem einzelnen Zulieferer Auskunft geben konnten", so Tobias Katai weiter. "Ein solches Projekt ist abgeschlossen, wenn der Reifegrad der Fabrik und der Infrastruktur soweit gediehen ist, dass die Anlagen aufgestellt werden können." Dann übernehmen die Verantwortlichen für die Kaufteile, die den konkreten Anlagenaufbau und -inbetriebnahme organisieren.
Da man sich bei Audi im Klaren darüber war, dass der erfolgreiche Produktionsstart nicht unwesentlich vom Funktionieren der Zuliefererfabrik abhängen würde, setzte der Premium-Hersteller auch in Mexiko auf das Know-how der Ingenics AG mit ihrer großen Erfahrung in den Bereichen Internationalisierung, Standortentwicklung, Fabrikplanung und Lieferantenentwicklung.
Bildquelle: Audi AG.
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