Wie kriegen wir den Senior aus der Firma?
14.08.2024
Unternehmen, Wirtschaft & Finanzen
Führung und der Wille zur Umsetzung im Unternehmen erzwingen früher oder später eine Kernfrage: Wie übergebe ich als Führungskraft den Marschallsstab an die nächste Generation, gestalte daraus einen Erfolg? Wer seine Führung mit Leidenschaft für Ziele an der Firmenspitze eingesetzt hat, braucht Vertrauen in den Erfolg, wenn es ans Loslassen geht.
Ein wesentliches Ziel jedes Unternehmens ist sein Fortbestand. Für dessen Umsetzung gibt es neben dem Bestehen im Markt für Führungskräfte eine Herkulesaufgabe, die auf Vertrauen basiert, deren hinausgezögerte Lösung wie eine Zeitbombe in den Firmen tickt: Wie bekommt die Führung den Generationswechsel an der Unternehmensspitze hin? Bereits das Stellen dieser Frage jagt bei vielen Silberrücken den Adrenalinpegel in die Höhe. Der Ausruf eines Klienten zeigt die Schärfe des Themas: "Mir brennt der Arsch, ich arbeite rund um die Uhr. Für Sie und den Wechsel an der Firmenspitze haben wir keine Zeit."
Wer Jahrzehnte als Führungskraft schaffte, entwickelt oft ein Gefühl der Unersetzbarkeit. Der Erfolg lag im Erreichen gesetzter Ziele. Er birgt die Gefahr der Selbsttäuschung:
-Ohne mich geht es nicht!
-Meine Kinder sind noch nicht so weit!
-Ich werde gebraucht!
Es geht um das Vertrauen auf das Loslassen. Dies kann zur größten Herausforderung werden nach dem 55. Lebensjahr. Das Schreckensbild des "Alten Eisens" schwebt wie ein Damoklesschwert über der graumelierten Führungskraft. Ihr Erfolg lag in dem sich Aufreiben für das Unternehmen.
Glück und die Zeit nach der Firma wollen geplant sein.
In seiner Keynote "Führen ist nichts für Weicheier" wirft Stefan Kerzel einen Blick auf dieses Patriarchen-Dilemma. Längst hatten die Kinder die Uni absolviert. Doch trotz allem Wissen der Generation Junior, wenn es um Führung ging, verschob der Senior Jahr für Jahr einen Wechsel an der Firmenspitze auf den Sankt-Nimmerleinstag. Es hakt an der Umsetzung. Der Erfolg des Seniors erwuchs aus seinem Schaffen als Führungskraft. Ein Grund für das Festklammern an der Führung ist fehlendes Vertrauen auf eine Zukunft jenseits des Unternehmens:
-Was wird dann aus mir?
Die Erfahrung zeigt: Wer die Zeit nach einem Generationswechsel nicht genauso strategisch plant wie die Jahrzehnte zuvor, wird nicht loslassen! Unter vier Augen schilderten mir zahlreiche Unternehmer welche Ängste sie umtreiben:
-Der Erfolg meines Lebens hängt an der Firma.
-Ohne Firma habe ich das Gefühl, in ein schwarzes Loch zu fallen.
-Ich spüre, wie sehr ich mich an die Macht der Umsetzung gewöhnt habe.
-Wichtig zu sein, ist mein Lebenselixier - das will ich behalten.
-Mit einem Mal wird mir meine Endlichkeit bewusst.
Je eher und besser sich damit auseinandergesetzt wird, desto glatter kann ein Generationswechsel von der Führungskraft Senior auf die Führungskraft Junior gelingen. Ab dem 55. Geburtstag ist die Zeit gekommen, die Ziele für die nächste Generation zu planen. Vertrauen ist dafür der Nährboden. Sollte dies fehlen, beginnt ein zäher Prozess aus Beharren und Starrsinn.
Das Leben nach einem Wechsel an der Firmenspitze neu auszurichten, gelingt umso besser, je mehr ich bereit bin, dies so zu gestalten, wie früher mein Schaffen als Führungskraft. Es gibt ein Leben nach der Firma und vor dem Tod! Das möge geplant noch viele Jahrzehnte dauern. Dafür braucht es Vertrauen zu Fragen, deren Antworten den Erfolg der eigenen Existenz auf den Prüfstand stellen:
-In welcher gesundheitlichen, geistigen und seelischen Verfassung bin ich?
-Wieviel Vertrauen habe ich auf meine Zukunft?
-Welche Ziele habe ich, die ich noch verwirklichen möchte?
-Was ist meine Vorstellung von Erfolg?
-Wer oder was hält mich - noch - davon ab, das zu tun, was ich längst weiß und kann?
Die Erfahrung aus jahrzehntelanger Führung ist das Elixier, mit dem die Junioren genährt werden sollten. Kenntnisse zur Umsetzung, die in keinem Lehrbuch stehen, sind der Nährboden für kommende Generationen. Dies zu vermitteln, ist die Aufgabe der Senioren. Führen ist nichts für Weicheier - ein Generationswechsel an der Firmenspitze auch nicht. Er erfordert Mut, für beide Seiten.
Lassen sie zu, dass die Junioren Fehler machen, Erfahrungen sammeln, daran wachsen. Vermitteln sie ihr Wissen weiter an Schulen und Universitäten. Dozenten aus der Praxis sind heiß begehrt. Treiben sie Politiker als Praktiker vor sich her, zeigen sie, was Umsetzung bedeutet. Erinnern sie Wirtschaftsförderer daran, wofür sie so heißen. Begeistern sie junge Menschen mit ihrem Wissen von Führung und Erfolg. Zeigen sie, dass inhabergeführte Unternehmen und der Mittelstand das Rückgrat unserer Wirtschaft sind. Damit das so bleibt, brauchen wir Senioren - außerhalb der Unternehmen. Dann ist das Patriarchen-Dilemma gelöst, der Generationswechsel gelingt.
(Bildquelle: © Adobe Photo)
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