Branchenumfrage des Industrieverbandes Papier- und Folienverpackung
04.09.2020
Vereine & Verbände
(Frankfurt). Die Jahresumfrage des Industrieverbandes Papier- und Folienverpackung (IPV) zum Status Quo der Branche war bereits im März vollständig ausgearbeitet, dann veränderte der angeordnete Coronavirus Lockdown alle Zeitpläne. Der Verband hat sich daher entschieden, diese einschneidende Entwicklung mit in die Branchenbefragung aufzunehmen, um ein umfassendes aktuelles Bild zu erhalten.
Für rund 60 Prozent der Verbandsunternehmen hatte sich der plötzliche Lockdown bereits negativ auf den Umsatz oder die Umsatzerwartungen ausgewirkt. Das ist eine gravierende Veränderung zur ursprünglichen Erhebung. Bei der ersten Befragung (Anfang Februar) erwarteten immerhin gut 70 Prozent der Mitgliedsunternehmen eine ähnliche Geschäftsentwicklung wie im vergangenen Jahr. Nun berichten nur noch 20 Prozent der Unternehmen von Umsatzsteigerungen, bei ebenfalls 20 Prozent bleiben die Zahlen konstant. Gut die Hälfte der Unternehmen, die dieses Jahr mit Umsatzeinbußen rechnen, glauben zudem, dass es sich dabei nicht um eine temporäre Entwicklung handelt, denn dafür seien die Kunden der Gastronomie, des Hotelgewerbes und große Teile des Einzelhandels (mit Ausnahme der Lebensmittelbranche, des Onlinehandels und großer Supermärkte) zu stark und zu direkt betroffen. Aus Sicht der Verpackungshersteller gibt es kundenseitig keine wirklichen Profiteure der COVID19-Pandemie. Mit einem Mehraufwand bzw. Mehrkosten durch Corona rechnen die Mehrzahl der Betriebe aber hingegen nicht.
Solides 2019 mit Anzeichen eines Abschwungs
Der Blick ins vergangene Jahr: Eine Rendite von mindestens zwei Prozent konnten 50 Prozent der Unternehmen erreichen. 2018 waren es noch 80 Prozent. Dies war bereits ein Hinweis darauf, dass die Wirtschaftslage der Branche schwieriger werden könnte. Die erweiterte Befragung zeigt nun deutlich, dass die wirtschaftliche Unsicherheit mit der Pandemie zusätzlich verstärkt wurde. Corona hat nach Ansicht einiger Hersteller zu einer generellen Veränderung des Konsumverhaltens beigetragen und die wirtschaftlichen Auswirkungen werden mittelfristig auch die Geldbeutel der Konsumenten erreichen.
Ein Drittel der an der IPV Branchenumfrage teilgenommenen Betriebe geben an, bereits im vergangenen Jahr einen Umsatzrückgang verzeichnet zu haben. "Die im politischen Raum diskutierten Produktverbote für Kunststofftragetaschen und die noch unklaren Restriktionen der neuen Einwegkunststoffrichtlinie sind Bremsklötze der wirtschaftlichen Entwicklung. Die Unternehmen haben ein Anrecht darauf, dass die Politik ihrem Anspruch auf Gestaltung und Lenkung auch nachkommt und fordern Planungssicherheit", mahnt IPV-Vorstandssprecher Klaus Jahn.
Kunden wünschen neue, faserbasierte Produkte
Kunststoffverpackungen und den entsprechenden Herstellerbetrieben steht eine schwierige Zukunft bevor. Weiterhin eine große Herausforderung besteht in den noch mangelnden Alternativen an Substituten. Gleichzeitig hält der Trend nach Papierverpackungen als Ersatz für Kunststoff an und nimmt zusätzlich an Fahrt auf. So wird nicht nur die Entwicklung alternativer Verbundprodukte von unterschiedlichen Akteuren weiter vorangetrieben, Fortschritte machte die Forschung u.a. auch bei der Barriereschutzfunktion von Papier. 80 Prozent der Unternehmen geben an, dass die Kundenachfrage nach faserbasierten Ersatzprodukten stark oder sogar sehr stark ist. Die Recyclingfähigkeit steht dabei im Vordergrund, aber auch das negative Image von Kunststoffen in der Öffentlichkeit und der Wunsch nach Vermeidung von Kunststoffeintrag in die Umwelt spielen eine große Rolle für die hohe Nachfrage nach Papiersubstituten. Produkte aus nachwachsenden Rohstoffen werden bevorzugt.
90 Prozent beklagen einen aktuellen Fachkräftemangel
Neben der aktuellen Pandemie und den schwer nachvollziehbaren bis stellenweise als sprunghaft wahrgenommenen politischen Entscheidungen auf der nationalen und europäischen Ebene, beschäftigt weiterhin der Fachkräftemangel die Branche nachhaltig. 75 Prozent gaben an, im vergangenen Jahr ihre Ausbildungsstellen nicht besetzt zu haben. Es mangelte schlicht an Bewerbern oder die Qualifikation der vorhandenen Bewerber war zu gering, um eine Einstellung zu rechtfertigen. 90 Prozent der Unternehmen beklagen einen aktuellen Fachkräftemangel. Im Vergleich zu dem schon hohen Wert in der letzten Befragung sind das noch einmal 20 Prozent mehr. Die fehlenden Arbeitskräfte erschweren die Fertigung und verlängern die Lieferzeiten. Die Vakanzen sind trotz immer noch guter Perspektiven immer schwerer zu besetzen. Die Mitgliedsunternehmen des IPV versuchen den Fachkräftemangel unter anderem durch interne Qualifizierung und Weiterbildung entgegenzuwirken, damit Berufs- und Quereinsteiger in der Arbeitswelt der flexiblen Verpackungen schnell Fuß fassen können.
Anerkennung als systemrelevant
Gut 60 Prozent der Hersteller sehen auch Chancen in der Corona-Krise. Die Wertschätzung für flexible Verpackungen erscheint insbesondere durch die Schutz- und Hygienefunktion deutlich gestiegen. Das war vor einigen Monaten noch anders. Die Verärgerung der Unternehmen über Entscheidungen der Politik - auf EU-Ebene und in Deutschland - war dementsprechend hoch. Von den Unternehmen wurde kritisiert, wie schnell Politiker Entscheidungen trafen, die sich massiv und direkt auf die Zukunft der Branche auswirkten. "Wir haben die Wertschätzung für Verpackungen für den Schutz und die Haltbarkeit von Lebensmitteln vermisst. Wer diese nur als Wegwerfgut betrachtet, verkennt ihre Vorteile für den Handel und den Endkunden", so Karsten Hunger, Geschäftsführer des Industrieverbandes Papier- und Folienverpackung (IPV). "Seit der Coronavirus-Pandemie ist aber tatsächlich ein Stimmungswandel spürbar. Verpackung werden nicht mehr als Abfall betrachtet, sondern ihre Funktion für den Hygieneschutz wird wieder thematisiert. Übrigens auch von Verbrauchern." Deshalb kritisiert der Verband nach wie vor die Pläne einer verschärften Umsetzung der europäischen Einwegkunststoffrichtlinie durch die Bundesregierung. Vor allem die ungeklärten Auswirkungen der erweiterten Herstellerverantwortung beim Thema Littering sowie eine weitgehende Verordnungsermächtigung zum Thema Produktverbote stehen in der Kritik. Viele Unternehmen befürchten, dass es kurzfristig zu weiteren Produktverboten in Deutschland kommen wird. Vielleicht sorgen die Erfahrungen der Corona-Krise hier für ein Einlenken, so die Hoffnung.
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