Errichtung eines Dienstleistungskompetenzzentrums
15.11.2023
Werbung, Marketing & Marktforschung
A. Ausgangssituation:
Unsere Städte und Gemeinden stehen vor großen Herausforderungen, die von der Digitalisierung bis zur Aufwertung der Innenstädte und zur Neugestaltung der Mobilität reichen. Zugleich gilt es, zahlreiche kommunale Einrichtungen und Angebote zu erhalten, die unsere Kommunen attraktiv und lebenswert gestalten. Angesichts begrenzter finanzieller Ressourcen ist die Sicherstellung der Grundversorgung der Bürgerinnen und Bürger für viele Kommunen bereits heute eine enorme Aufgabe. Die zusätzlichen Herausforderungen stellen die Kommunen oft vor eine kaum zu bewältigende Gratwanderung. Aus diesem Grund steigt auf kommunaler Ebene die Bereitschaft, gemeinsam nach Lösungen zu suchen.
Interkommunale Zusammenarbeit ist damit ein zentraler Schlüsselfaktor für die Erhaltung der Handlungsfähigkeit und damit für die Zukunftsfähigkeit unserer Städte und Gemeinden.
Interkommunale Zusammenarbeit als Instrument der Organisation kommunaler Aufgaben ist nicht neu, wurde in der Vergangenheit aber zumeist an einzelne Aufgabenbereiche und einzelne kommunale Akteure geknüpft. Nur vereinzelt wurden bisher Aufgabenbereiche aller Kommunen eines Landkreises und des Landkreises selbst konsolidiert, Beispiele hierfür sind die Aufgabenbereichen Abfall, Abwasser oder auch Vergabe & Beschaffung. Dabei ist das Potential Aufgabenbereiche in einem größeren kommunalen Verbund zu konsolidieren groß.
Um diese besondere Form kommunaler Aufgabenerfüllung gezielt zu fördern und neue Aktivitäten zum Ausbau der interkommunalen Kooperation im Landkreis anzustoßen, wurde unter Federführung des Landkreises und mit Unterstützung des hessischen Finanz- und Innenministeriums im Jahr 2021 erstmalig ein flächendeckender und systematischer Prozess unter Einbeziehung möglichst aller Städte und Gemeinden des Kreises sowie des Kreises selbst zur Prüfung der Möglichkeiten einer umfassenden interkommunalen Zusammenarbeit der Kommunen eines Landkreises und dem Landkreis selbst gestartet.
Aufgabe war es, eine strukturierte Untersuchung der aktuellen Aufgaben der Gemeinden, Städten und des Kreises selbst auf Potenziale zur gemeinsamen Zusammenarbeit durchzuführen. Um den Projektablauf gesteuert und strukturiert durchführen zu können, wurde bei der GE/CON GmbH, als externer Projektsteuerer, zur Zentralisierung und strukturierten Bearbeitung des Projekts aller relevanten Fragestellungen und Aufgaben eine IKZ-Geschäftsstelle eingerichtet.
Die Untersuchung hatte zunächst zum Ziel, mögliche Potenziale der interkommunalen Zusammenarbeit der Kommunen mit anderen Kommunen des Kreises und dem Landkreis selbst zu identifizieren.
Hierzu wurden alle Untersuchungskommunen aufgefordert, anhand des hessischen Produktplanes deren IKZ-Vorschläge zu benennen und aus der Wahrnehmung der Kommunen auf deren Dringlichkeit der Umsetzung als auch um die Komplexität der Umsetzung zu priorisieren. Die Antwortvielzahl war hierbei mannigfaltig. Es wurden knapp 150 IKZ- Aufgaben durch die Kommunen benannt und in Aufgabenbündeln zusammengefasst. Auf Empfehlung des eingerichteten Lenkungskreises wurden fünf zunächst Aufgabenbereiche ausgewählt, darunter Unterstützungsleistungen zur weiteren Etablierung noch offener IKZ-Potentiale, Vergabe und Beschaffung, Datenschutz, Digitalisierung von Verwaltungsleistungen. Zur Umsetzung der Kooperation wurde vorgeschlagen, im Rahmen einer gebietsübergreifenden Zusammenarbeit der beteiligten Kommunen ein kreisweites "Dienstleistungskompetenzzentrum (DKZ)" zur Wahrnehmung dieser Aufgaben, einzurichten. Dieses sollte künftig im Auftrag der beteiligten Kreiskommunen und des Kreises zentral die in den oben genannten Bereichen anfallenden Aufgaben als kommunaler Dienstleister übernehmen, selbst erbringen oder gebündelt vergeben.
Hierbei ist es einerseits vorrangiges Gestaltungsziel, dass die Kommunen unterschiedliche Aufgabenbereiche an das DKZ übertragen können, ohne verpflichtet zu sein an allen übertragenen Aufgabenbereichen teilnehmen zu müssen (Cafeteriaprinzip) und anderseits verursachungsgerecht nur mit den Aufwendungen belastet werden, die durch die von Ihnen übertragenen Aufgabenbereiche entstehen.
Das DKZ soll dabei in einer, für die Zielerreichung passende Organisations- und Rechtsform gekleidet werden.
B. Wahl der passenden Organisations- und Rechtsform
Die Wahl der richtigen Organisationsform berücksichtigte rechtliche, betriebswirtschaftliche und kommunalpolitische Kriterien. Dabei spielten Faktoren, wie kommunalrechtliche Voraussetzungen, Selbständigkeit des Unternehmens und der Organe, Einflussnahme auf unternehmerische Entscheidungen, Übertragung hoheitlicher Befugnisse, Haftungsbeschränkung, Kooperations- und Beteiligungsmöglichkeiten sowie wirtschaftliche, steuerliche und personalrechtliche Aspekte sowie die interne Steuerungsfähigkeit, eine wesentliche Entscheidungsrolle. Die Wahl der Rechtsform sollte eine effektive Kontrolle durch die Gebietskörperschaften ermöglichen, aber auch eine schlanke Unternehmensführung erlauben. Nach Prüfung verschiedener Organisationsformen, erwies sich die Anstalt öffentlichen Rechts (AÖR) als die geeignetste Organisationsform für das DKZ.
C. Erste Aufgabenbereiche der DKZ AöR
In einem ersten Schritt ist geplant, dass folgende Aufgabenbereiche durch die beteiligten Kommunen als Anstaltsträger auf die DKZ AöR übertragen werden, wobei die Aufgaben durch die Anstaltsträger komplett oder teilweise übertragen werden können.
1. Weiterentwicklung und Förderung der interkommunalen Zusammenarbeit
Die DKZ AöR soll für die Anstaltsträger proaktive Unterstützungsleistungen bei der weiteren Prüfung und Umsetzung von Möglichkeiten weiterer Formen interkommunalen Zusammenarbeit übernehmen.
2. Durchführung von Vergabe und Beschaffungsleistungen
Übernahme der Abwicklung und formalen Organisation von Beschaffungs- & Vergabeverfahren. Koordinierung gebündelter Beschaffungsbedarfe.
3. Leistungen des betrieblichen Datenschutzes
Die vollständige und rechtskonforme Umsetzung der Anforderungen der DSGVO stellt in vielen Kommunen aufgrund begrenzter zeitlicher und personeller Ressourcen eine große Herausforderung dar und führt nicht selten zu Fehlern und Unzulänglichkeiten. Bündelung und Abwicklung der Aufgaben im DKZ.
4. Digitalisierung von Verwaltungsleistungen
In vielen Kommunen gestaltet sich die Bewältigung der Herausforderungen des OZG einerseits und der Digitalisierung im Allgemeinen ohne spezialisiertes Personal äußerst schwierig oder sogar unmöglich. Bereitstellung von Fachpersonal für die Koordinierung der Digitalisierungsstrategien in den Kommunen und Prozessdesigner zur Umsetzung von Einzelmaßnahmen.
D. Realisierung des interkommunalen Dienstleistungskompetenzzentrums (DKZ AÖR)
Die Bildung der DKZ AöR erfolgt durch Satzung. Diese regelt die Aufgaben der DKZ AöR sowie die Rechte und Pflichten ihrer Organe. Die konkreten Aufgaben werden dabei in einer separaten Tätigkeits- & Budgetvereinbarung, die als Anlage zur Satzung beigefügt ist, detailliert beschrieben und abgegrenzt.
E. Deckung des Finanzbedarfs
Die entstehenden Kosten des DKZ sollen einerseits möglichst verursachungsgerecht und anderseits transparent nachvollziehbar auf die beteiligten Kommunen umgelegt werden. Die reine Inkludierung der Kosten in die Kreisumlage oder eine einwohnerbezogene Kostenerstattung erscheint daher nicht zielführend.
Um eine verursachungsgerechte Verteilung der entstehenden Kosten zu gewährleisten, deckt die DKZ AöR ihre Kosten für die ihr übertragenen Aufgaben durch Kostenerstattungen ihrer Anstaltsträger.
Die Kostenerstattung erfolgt dabei grundsätzlich auf der Basis von Selbstkostenpreisen nach den Bestimmungen der Verordnung über die Preise bei öffentlichen Aufträgen (PreisV) 30/53. Da die Details der einzelnen Aufgabenbereiche in den beschriebenen Tätigkeits- und Budgetvereinbarung festgelegt werden, ist eine aufgabenbezogene Ausgestaltung der Finanzierung aufgabenbezogen und flexibel möglich.
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