Warum beim Kundendienst wirklich ALLE in einem Boot sitzen müssen
29.06.2015
Wissenschaft, Forschung & Technik
Es gibt sie und sie sind in vielen Unternehmen in der Überzahl: Mitarbeiter in den unterschiedlichsten Aufgabengebieten, die im Hintergrund arbeiten und so gut wie nie Kontakt zu Kunden haben - zum Großteil auch, weil sie dies ganz bewusst nie wollten. Aus diesem Grund sind sie Controller, Entwickler oder Steuerbeamte geworden - und keine Verkäufer. "Doch so ganz lässt sich der zwischenmenschliche Kontakt nicht vermeiden", warnt Trainer und Speaker Stefan Häseli (http://www.stefanhaeseli.ch). "Lokführer beispielsweise betrachten den Kontakt mit Fahrgästen nicht als ihre Hauptaufgabe. Zug fahren ist das eine - zugegeben - aber ohne Passagiere braucht es bald auch keine Lokführer mehr." Für umso wichtiger erachtet es Stefan Häseli deshalb, dass der Dienst am Kunden wirklich von allen im Unternehmen gelebt werde.
KUNDENORIENTIERUNG wird groß geschrieben - überall?
Regelmäßiges Training soll dazu beitragen, dass Mitarbeiter im Kundenkontakt möglichst professionell und serviceorientiert auftreten, regelmäßig Zusatzverkäufe machen und tagtäglich etwas für das positive Image des Unternehmens tun. So weit so gut. Doch gehe es in Unternehmen immer mehr darum, so Stefan Häseli, "auch diejenigen Mitarbeiter ins Boot der Kundenorientierung zu holen, die gemeinhin entweder kaum Kundenkontakt oder es vermeintlich nicht mit einer eigentlichen Marktsituation zu tun haben." Ebenjene Mitarbeiter müssen oftmals erst davon überzeugt werden, dass sie wichtiger Teil der Gesamtstrategie Kundenbegeisterung sind. Trainings können helfen, eine Kultur der Kundenorientierung in die hintersten Winkel eines Betriebes/einer Verwaltung zu bringen. Letztendlich geht es darum, dass jeder diese Denkhaltung verinnerlicht hat und in der täglichen Praxis im Rahmen seiner Möglichkeiten lebt. Wichtig ist für Stefan Häseli, dass ein solches Einbinden aller in den Kundenservice "nichts mit Kundenbelustigung zu tun hat". Die differenzierte Aufgabe z. B. eines Lokführers sei und bleibe es, so der Trainer, dass er sein "Kerngeschäft", nämlich technisch einwandfrei, unfallfrei und pünktlich zu fahren, erfülle. "Darüber hinaus macht oftmals bereits die Wortwahl den entscheidenden Unterschied, ob der Lokführer "einen Zug von A nach B fährt" oder ob er "Fahrgäste ans Ziel ihrer Reise bringt" ".
Im Dienst am Kunden ständig in Bewegung bleiben
Um beim Beispiel der Lokführer zu bleiben: Eine Lok erfüllt dann ihre Funktion, wenn sie in Bewegung ist. Auch die beförderten Menschen sind in Bewegung. Ein Unternehmen ist ebenfalls in Bewegung, weil dem ständigen Wandel ausgesetzt. "Sollten da nicht auch die Mitarbeiter in Bewegung sein, statt in alten Strukturen verhaftet zu bleiben?", stellt Stefan Häseli zu Recht in Frage. Der erste Schritt dafür sei, so der Trainer, dass sich die Lokführer der Wichtigkeit eines modernen Kundendienstes bewusst seien. Zugegeben, der Alltag eines Lokführers in Nacht-, Pendler- und Ausflugszügen ist oft nicht leicht. Umso wichtiger ist es, dass die Lokführer wissen, wie sie sich im Alltag und in anspruchsvollen Situationen kundenorientiert verhalten sollen: Ihr Beitrag bei der Begrüßung der Mitfahrer, die Ansprache des Kunden, die Annahme von Reaktionen von Fahrgästen, die Erklärung von dienstlichen Notwendigkeiten, die Lösungssuche bei Verspätungen usw. Klar ist, dass solche Kulturveränderungen Zeit brauchen. Dann allerdings lässt sich in drei Schritten viel bewirken:
1. Bewusstsein schaffen, dass Kunden zu Recht Erwartungen haben und der Dienst am Kunden JEDEN im Unternehmen angeht. Erste Übungen zum allgemeinen Auftritt sowie dem neuen Wording unterstützen die betroffenen Mitarbeiter bei der Herausforderung, neben ihrer Hauptaufgabe, dem sicheren Führen des Zuges, auch für den Fahrgast da zu sein.
2. Gerade der persönliche Umgang mit Fahrgästen in anspruchsvollen Situationen wie Verspätungen, Reklamationen usw. erfordert die grundlegende Bereitschaft, kundendienstlich zu denken und zu handeln. Reale Fälle helfen dabei, die Wichtigkeit des Lokführers darzustellen und seine neue Rolle zu definieren.
3. Auch wenn die Lokführer theoretisch wissen, was zu tun ist, ist die konkrete Situation im Zug doch noch einmal eine ganz andere. Im und außerhalb des Führerstandes richtig zu handeln, erfordert jedes Mal aufs Neue ein hohes Maß an Sozialkompetenz. Mit einem Lächeln auf den Lippen (das kann man hören!) freundliche und verständliche Durchsagen zu machen, gehört ebenso dazu wie direkte Konfrontationen mit unzufriedenen Fahrgästen.
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