Neues Verfahren ermöglicht automatisierte Herstellung von Kabelbäumen
04.12.2017
Wissenschaft, Forschung & Technik
Kabelbäume sind eines der wenigen Teile, die vor allem in der Automobil- und in der Konsumgüterproduktion nach wie vor stellenweise händisch hergestellt oder verarbeitet werden müssen. Forscher der Hochschule Karlsruhe - Wirtschaft und Technik haben nun ein neues Verfahren entwickelt, das die automatisierte Fertigung bzw. Montage von Kabelbäumen möglich macht.
Bestand ein Kabelbaum früher aus wenigen Drähten, die eine Verbindung beispielsweise von der Batterie zum Anlasser herstellen mussten, handelt es sich heute um hochkomplexe Leitungsstränge mit einem Gewicht bis zu 60 kg und einer kilometerlangen Gesamtlänge. Kabelbäume werden jedoch nicht nur in Autos verbaut, sondern werden auch für Schaltschränke sowie die so genannte weiße und braune Ware benötigt, also für Haushaltsgeräte und Unterhaltungselektronik.
Gerade in Geräten der Unterhaltungselektronik, aber auch in den Autos wird immer mehr Elektronik auf kleinstem Raum untergebracht. Daher werden die Kabel sowie die Verbindungen und Stecker immer kleiner und eine manuelle Verarbeitung wird daher immer schwieriger. Die Anforderungen an den Bereich der Elektroautos oder etwa die zukünftigen Entwicklungen bei selbstfahrenden Systemen werden diese Thematik noch verstärken, dass immer mehr Elektronik auf möglichst kleinem Platz und mit möglichst wenig Gewicht untergebracht werden muss.
Kleinere Kabelquerschnitte und Kleinstgrößen der Schalter machen es jedoch zunehmend schwieriger, Kabelbäume manuell herzustellen. Bislang wurden die einzelnen Kabel auf einem Kabelbrett gelegt und in bestimmte Richtungen gebogen oder zusammengesteckt. Eine Automatisierung ist schwierig, weil bisherige Greifsysteme nicht in der Lage waren, nicht exakt platzierte biegeschlaffe Kabel zu greifen oder Stecker zu verbinden.
Der Automatisierungsdruck in der Herstellung wird aus verschiedenen Gründen immer relevanter: Zum einen könnten die Kabelbäume durch ein Robotersystem vor Ort individueller auf die jeweiligen Anforderungen angepasst werden. Zum anderen sind die Kabel-Querschnitte, die Stecker und die Verbindungen so klein geworden, dass eine manuelle Verarbeitung schwierig und zeitraubend ist. Auch die Qualitätskontrolle, die bislang optisch oder durch Ziehen am Kabel erfolgt, ist bei sehr kleinen Bauteilen kaum noch möglich.
Prof. Dr.-Ing. Bernd Langer und Prof. Dr.-Ing. Martin Kipfmüller haben an der Hochschule Karlsruhe - Technik und Wirtschaft ein Verfahren zur automatisierten Herstellung und Montage von Kabelbäumen entwickelt. Mit diesem Verfahren wird es möglich, Industrieroboter zur Herstellung von Kabelbäumen flexibel und wirtschaftlich einsetzen zu können.
Der Zusammenhang zwischen Kraft und Verformung ist im biegesteifen Zustand klar definiert und linear. Nachdem der biegesteife Zustand durch Abkühlen der Kabel erreicht ist, werden diese durch Industrieroboter geformt und auf Verlege-Anordnungen fixiert, die sich durch steuerbare bewegliche und temperierbare Stifte auszeichnen. Das Abkühlen kann in einem Kühlbereich oder durch Kühlbacken erfolgen. Es wäre auch denkbar, dass im Greifer des Industrieroboters Heiz- und Kühlelemente enthalten sind.
Die Kabel werden an der Biegestelle lokal erwärmt, damit die Isolation bei der Verformung nicht irreversibel geschädigt wird. Anschließend wird das Kabel sofort wieder abgekühlt, damit die Biegung stabilisiert. Die Roboterarme können dann mit vordefinierter Kraft den nächsten Kabelabschnitt ausrichten.
Das Verfahren ermöglicht durch das Abkühlen eine Automatisierung im Bereich der Kabelbaumherstellung mit hoher kundespezifischer Varianz und Flexibilität. Der Kabelbaum kann kurz vorher in der gewünschten Ausfertigung produziert werden und steht dann exakt zum Einbauzeitpunkt bereit. So muss nicht mehr - wie bisher - eine wochenlange Lieferzeit eingeplant werden.
Damit fügt sich das Verfahren ebenso in Herstellungsprozesse ein, die im Hinblick auf Lean-Production optimiert werden sollen. Die Vorteile des Verfahrens sind eine deutliche Verkürzung der Produktionszeiten sowie die bessere Planbarkeit und Verkürzung der Lieferkette, da die Produktion aufgrund der Kostenoptimierung durch Automatisierung in Industrieländer rückverlagert werden kann. Dies wirkt sich wiederum auch positiv auf die Qualitätssicherung aus. Zudem kann die Durchlaufzeit verringert werden, weil erforderliche Kabelbäume nicht lange im Voraus bestellt werden müssen.
Wenn der Kabelbaum durch die Automatisierung innerhalb des Produktionslaufs hergestellt werden kann, wird auch der so genannte One-Piece-Flow möglich, was wiederum die Flexibilität erhöht.
Patente für die Erfindung wurden in Deutschland und verschiedenen europäischen Ländern angemeldet. Die Technologie-Lizenz-Büro (TLB) GmbH unterstützt die Hochschule Karlsruhe bei der Patentierung und Vermarktung der Innovation. TLB ist im Auftrag der Hochschule mit der weltweiten wirtschaftlichen Umsetzung dieser zukunftsweisenden Technologie beauftragt und bietet Unternehmen Möglichkeiten der Lizenzierung bzw. Kauf der Patente.
Für weitere Informationen: Innovationsmanager Dr.-Ing. Florian Schwabe (fschwabe@tlb.de)
Kabelbaum automatisierte Herstellung One-Piece-Flow TLB GmbH Prof. Dr.-Ing. Bernd Langer Prof. Dr.-Ing. Martin Kipfmüller Hochschule Karlsruhe - Technik und Wirtschaft
http://www.tlb.de
Technologie-Lizenz-Büro (TLB) GmbH
Ettlinger Str. 25 76137 Karlsruhe
Pressekontakt
http://www.tlb.de
Technologie-Lizenz-Büro (TLB) GmbH
Ettlinger Str. 25 76137 Karlsruhe
Diese Pressemitteilung wurde über PR-Gateway veröffentlicht.
Für den Inhalt der Pressemeldung/News ist allein der Verfasser verantwortlich. Newsfenster.de distanziert sich ausdrücklich von den Inhalten Dritter und macht sich diese nicht zu eigen.
Weitere Artikel von Annette Siller
28.07.2020 | Annette Siller
On-Chip Laser-Absorptionsspektrometer macht kleines Analysegerät möglich
On-Chip Laser-Absorptionsspektrometer macht kleines Analysegerät möglich
18.06.2020 | Annette Siller
Neuartiges Sortiergerät analysiert Saatgut und macht es nachvollziehbar
Neuartiges Sortiergerät analysiert Saatgut und macht es nachvollziehbar
14.05.2020 | Annette Siller
Wasserlösliche und biologisch abbaubare Stützstrukturen für 3D-Druckverfahren
Wasserlösliche und biologisch abbaubare Stützstrukturen für 3D-Druckverfahren
21.04.2020 | Annette Siller
3D-Oberflächenmessung in Hochgeschwindigkeit durch konfokale Rastermikroskopie
3D-Oberflächenmessung in Hochgeschwindigkeit durch konfokale Rastermikroskopie
29.10.2019 | Annette Siller
Hochdichte Faserplatte "Bioflexi" aus nachwachsenden Rohstoffen ist völlig flexibel formbar
Hochdichte Faserplatte "Bioflexi" aus nachwachsenden Rohstoffen ist völlig flexibel formbar
Weitere Artikel in dieser Kategorie
25.11.2024 | BMF Precision Inc.
IMSEAM an der Universität Heidelberg: Mit 3D-Druck die Mikrofluidik vorantreiben
IMSEAM an der Universität Heidelberg: Mit 3D-Druck die Mikrofluidik vorantreiben
23.11.2024 | Stcwelt
High-Tech, Hohe Renditen: KI-gestützte Handelslösungen für deutsche Investoren von STCWelt
High-Tech, Hohe Renditen: KI-gestützte Handelslösungen für deutsche Investoren von STCWelt
21.11.2024 | MERKLE CAE SOLUTIONS GmbH
Merkle CAE Solutions "On AIR"
Merkle CAE Solutions "On AIR"
18.11.2024 | Bundesverband IT-Mittelstand e.V.
DiNa - Digitale Nachhaltigkeit im IKT-Mittelstand: Start der zweiten Projektphase
DiNa - Digitale Nachhaltigkeit im IKT-Mittelstand: Start der zweiten Projektphase
15.11.2024 | Simovative GmbH
Simovative schafft einen neuen Standard für Hochschulprozesse an der HWR Berlin
Simovative schafft einen neuen Standard für Hochschulprozesse an der HWR Berlin